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uni'alumni 2013

Ich habe den schönsten Job der Welt“, sagt Daniel Cartis und schrubbt mit dem Besen so kräftig durchs Bächle, dass das Wasser nach links und rechts spritzt. Er sei zu jeder Jahreszeit an der ­frischen Luft, treffe täglich viele nette Menschen und habe einen Job, den es so sonst nirgendwo gebe. Cartis ist seit zwölf Jahren Bächleputzer, sein Arbeit­ geber ist die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg. Gemeinsam mit zwei Kollegen reinigt der 52-Jährige in knallorangefarbener Montur die kleinen Wasserkanäle, für die Freiburg berühmt ist. Fünf Tage die Woche kämpft er mit einem Besen mit Stahl­ borsten gegen Dreck und Algen. Riesenstau durch Bächleboote Dienstbeginn ist morgens um sechs Uhr. Mehr als acht Kilometer Bächle in der Innenstadt muss Cartis säubern – vom Dreck des vergangenen Ta­ ges und vor allem von den Überbleibseln der Nacht. Zigarettenstummel, leere Flaschen aus Glas oder Plastik, Preisschilder, Plastikfolien, Geldbeutel, Handys, Schlüssel, Kaffeebecher: Es gibt quasi nichts, was Daniel Cartis noch nicht im Bächle gesehen hat. „Im Sommer finden wir immer wieder volle Flaschen – Whisky, Martini oder ein Sixpack“, erzählt er. Den Alkohol hat niemand ab­ sichtlich entsorgt: Viele stellen Flaschen ins Was­ ser, um sie zu kühlen. Dabei unterschätzen sie oft die Stärke der Strömung oder die Tiefe an den ­Ablassstellen, an denen die Bächle im Boden ­verschwinden. Dort bleiben die Flaschen vorm ­Gitter hängen und werden am nächsten Morgen von den Bächleputzern aufgesammelt. Solche Staus vor den Gittern mögen die Bächle­ putzer nicht. Sie behindern den natürlichen Fluss der insgesamt mehr als 15,5 Kilometer Bächle in Freiburgs Innenstadt. Fast die Hälfte der Strecke verläuft unterirdisch. Oft fragen Touristinnen und Touristen Daniel Cartis nach den Bächle und ihrer Geschichte. Dann schickt der Putzer sie in die ­Herrenstraße, nach Oberlinden. Oder an den Rat­ hausplatz und in die Turmstraße. Dort sind noch Bächle zu sehen, die fast 800 Jahre alt sind. Wie alle anderen werden sie seit jeher mit Wasser aus der Dreisam gespeist. Das Gefälle auf dem Weg von Oberlinden nach Unterlinden beträgt acht ­Meter – das Wasser soll ja fließen. Das tut es auch, so lange nichts dazwischenkommt. Bächleboote zum Beispiel. Die fischen Cartis und seine Kolle­ gen in den warmen Monaten in großer Zahl aus den kleinen Kanälen, weil immer irgendwer sein Schiffchen aus den Augen verliert, das dann dank der Strömung mit Karacho gegen das nächste ­Ablassgitter kracht. „Neulich gab’s den Riesenstau, wir haben uns gewundert, wie so was sein kann, bis wir zehn aneinandergebundene Bächleboote vorm Gitter gefunden haben“, erinnert sich Cartis. Einmal im Jahr macht das Putzen besonders viel Mühe: zur Zeit des Bachabschlags. Der dauert zwei bis drei Wochen und findet meist im Oktober statt. Dann führen die Bächle kein Wasser, weil sie gewartet und repariert werden. „Wir machen den Sommer über eine Liste, wo etwas kaputt ist“, ­erklärt Cartis. Priorität haben die Steine, denen Wasser und Salz im Lauf eines Jahres ordentlich zusetzen. Sie werden neu verfugt und befestigt. Wenn kein Wasser in den Bächle fließt, heißt das für die Putzer: fester fegen! Denn das, was das Wasser normalerweise hinwegspült, liegt dann trostlos am Boden der Bächle – und wartet auf Cartis’ Besen. Claudia Füßler ausblick Arbeitsplatz Innenstadt: Seit zwölf Jahren reinigt ­ Daniel Cartis die Freiburger Bächle. Foto: Kunz Mit Stahlborsten gegen Dreck und Algen Daniel Cartis ist einer von drei Bächleputzern in Freiburg Porträt 32

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