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uni'alumni 2013

Als ich zum ersten Mal da war, habe ich gedacht: Das gibt’s nicht, dass ich an der Uni bin.“ Für Christian Streich, seit Ende 2011 Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg, war das Studium eine neue Welt. Hauptschule, Ausbildung zum Industrie­ kaufmann, Profifußball, Abitur – und mit ­Anfang 30 dann Geschichte, Germanistik und Sport als Lehramtsstudiengang an der Uni­ versität ­Freiburg: „Wer direkt vom Gymnasi­ um kommt, kann sich nicht vorstellen, wie das für jemanden mit meinem Bildungsweg ist. Für mich war die Universität ein ­Geschenk.“ Er lernte spannende Leute ken­ nen, Lehrende ebenso wie Studierende. Und er war frei, sich seinen ­Lieblingsthemen zu widmen – Werken des russischen Schrift­ stellers Fjodor Dostojewski etwa oder der Analyse totalitärer Systeme. Immer suchte er nach Antworten auf die Frage, wie der Mensch funktioniert: „Ich interessiere mich für nichts so sehr wie für andere Menschen.“ Idee des Spiels, Philosophie des ­Vereins Interesse am Gegenüber, Liebe zum Fuß­ ball: Diese Kombination erklärt zum großen Teil, was Christian Streich, Jahrgang 1965, aufgewachsen in Eimeldingen im Dreiländer­ eck und Vater zweier Kinder, als Trainer­ persönlichkeit auszeichnet. Während des Studiums war er Jugendtrainer beim SC Frei­ burg, von 2001 an leitete er dort die Fußball­ schule, die als bestes Nachwuchszentrum der Bundesliga gilt. Ob bei den Jugendteams oder bei den Profis: „Es darf nie nur darum gehen, dass die Jungs gut kicken“, sagt Streich. „Wir wollen sie in ihrer Entwicklung begleiten.“ Die Spieler kommen aus Deutsch­ land, Kroatien, Spanien, Weißrussland, Mali. Er spricht mit ihnen über ihre Interessen, bringt sie miteinander in Kontakt und bietet ihnen an, für sie da zu sein: „Wenn ein ­Spieler Distanz will, respektiere ich das, aber mir ist es lieber, wenn ich so viel wie möglich weiß. Vielleicht ist bei einem die Großmutter die entscheidende Bezugsperson, und wenn es der schlecht geht, spielt er ein halbes Jahr lang nicht gut. Mir ist wichtig, dass ich dem Spieler gerecht werden kann.“ Und er vermit­ telt ihnen, was neben dem Platz zählt: Respekt, Anstand, Vertrauen, Verantwortung überneh­ men in einem Club, für den knapp 300 Men­ schen arbeiten. Den Grundsatz, dass die Gemeinschaft über dem Einzelnen steht. Streich nennt das die Philosophie des Vereins: „Wir haben eine Idee des Spiels, nach der wir uns richten, nicht nach taktischen Systemen. 4-4-2 oder 4-2-3-1, das ist uns zu klein.“ Diese Prinzipien, dieses Arbeitsethos lebt Streich vor, auch wenn es manchmal wehtut – zum Beispiel, wenn eine Trennung ansteht, weil ein Spieler den Weg nicht mehr mit­ gehen will oder der Verein nicht mehr mit ihm plant. Oder wenn alle 28 Fußballer im Kader gut trainieren, aber nur elf auf dem Platz stehen dürfen. Das ist gut für das Team, lässt den Trainer aber vor dem Spiel schlecht schlafen. „Mir macht das wirklich was aus, weil ich die Jungs kenne“, sagt Streich. Doch auch in die­ sen Situationen gilt: offen und ehrlich reden, erklären, Mitgefühl zeigen. Die Erfolge, die er damit erzielt, überwiegen die Schattenseiten bei Weitem. „Wenn ein Spieler, den ich jahre­ lang in der Fußballschule begleitet habe, es in die Bundesliga schafft, ist das eine wahn­ sinnige Befriedigung.“ Bei der Wahl zum ­Bundesliga-Trainer des Jahres 2012 belegte Streich den dritten Platz. Lehrer am Gymna­ sium ist er trotz seines Studiums nie geworden. Ein großer Pädagoge schon. Nicolas Scherger „Für mich war die Universität ein Geschenk“ Christian Streich hat Geschichte, Germanistik und Sport ­studiert – jetzt trainiert er das ­Fußball-Bundesligateam des SC Freiburg Respekt, Anstand, Vertrauen, Verantwortung: Christian Streich lebt als Trainer vor, was er ­seinen Spielern ­vermitteln will. Porträt 9uni'alumni 2013 Alumni-Netzwerk

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