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uni'leben 06-2011

06 2011 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 10 von Ulla Bettge Wer nicht weiß, was ein „Rookie“ ist, muss sich nicht schämen. Aber er zeigt, dass er sich mit Leis- tungssport und den unterschiedlichen Wettbewerben wie zum Beispiel ei- nem Triathlon nicht wirklich auskennt. Beim 18. Internationalen Triathlon am 17. August 2008 in Malterdingen wurde Julia Wagner, damals Doktorandin am Institut für Pharmazeutische Wissen- schaften der Universität Freiburg, als „Rookie“ bei ihrem ersten Start über die Triathlon-Mitteldistanz Erste. Der englische Begriff steht für „Neuling, Anfänger, Frischling“ in verschiedenen Sportarten. Julia Wagner hatte sich an die Mitteldistanz gewagt, das sind 1.900 Meter Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und 21 Kilometer Laufen. Eine der besten Triathletinnen Deutschlands Dabei hatte die damalige Teilneh- merin bei einigen Volksläufen einfach nur mal reinschnuppern wollen in die Triathlon-Atmosphäre. „Ich hatte mich wahnsinnig darauf gefreut und wollte mal gucken, wie das so ist.“ Dass sie die Frauenwertung gewinnen würde, hätte sie nicht gedacht. „Es war eine Riesenüberraschung und eine starke Motivation, weiterzumachen“, sagt Wagner. „Ich dachte, wenn es richtig gut läuft, schaffe ich es vielleicht un- ter die ersten fünf.“ Inzwischen zählt die Apothekerin und Spitzensportlerin auf der Langdistanz, der größten He- rausforderungsdisziplin, zu den bes- ten Triathletinnen Deutschlands: 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilome- Von Rookies und Rekorden menschen In kleinen Schritten zum Klimaschutz Der Freiburger Umweltwissenschaftler Till Pistorius reist mit der deutschen Delegation zum UN-Klimagipfel ins südafrikanische Durban Julia Wagner trainiert für den Ironman 2013 auf Hawaii von Holger Lühmann Wer sein Büro betritt, spürt seine Liebe zur Natur. Das Arbeits- zimmer ist voller Pflanzen, und bei so viel Grün könnte man glauben, dass Dr. Till Pistorius niemals die Hoffnung verliert. Und doch sieht der 37-jährige Umweltwissenschaftler in Hinblick auf ein verbindliches UN-Klimaabkommen rot. Wegen der Blockadehaltung der großen Energienutzer, allen voran Chinas und der USA, sei es wahr- scheinlich, dass im südafrikanischen Durban ein Folgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll ver- hindert werde. „Der große Wurf wird auch in Dur- ban nicht gelingen“, sagt Till Pistorius, der schon viele Klimakonferenzen be- sucht hat. Bei 195 Verhandlungspar- teien, die sich auf einen Konsens eini- gen müssen, dürfe man bei der Frage nach möglichen Resultaten nicht allzu viel erwarten: „Alle beteiligten Länder haben ihre Partikularinteressen, und die wollen sie natürlich am Verhand- lungstisch durchsetzen.“ Für den Um- weltwissenschaftler ist darum fraglich, ob es beim Klimagipfel im Dezember eine verbindliche Vereinbarung über Emissionsobergrenzen und Natur- schutzmaßnahmen geben wird. Trotzdem glaubt Pistorius, mit sei- ner Konferenzteilnahme etwas bewe- gen zu können. Als eines von rund 70 deutschen Delegationsmitgliedern reist er als Experte für den Schutz der Wälder in Entwicklungsländern mit. Er warnt vor dem Rückgang der globa- len Waldfläche und den damit verbun- denen Konsequenzen für das Klima. Wenn die Verhandlungen gut laufen, könnte am Ende ein Mechanismus verabschiedet werden, der vor allem tropischen Entwicklungsländern eine Alternative zur Rodung ihrer Wälder bietet. Ob das gelingt, hängt aber von vielen Faktoren ab – zum Beispiel von der innenpolitischen Situation in den USA und in anderen Ländern. Neben der Schuldenkrise, die viele Verhand- lungspartner lähmt, ist aber auch die Organisation des Klimagipfels selbst entscheidend. Während die Klimakon- ferenz 2009 in Dänemark von Platz- mangel geprägt war, werden diesmal weniger Gäste teilnehmen. Das soll für ein ruhigeres Gesprächsklima und konkrete Ergebnisse sorgen. Auch abseits der offiziellen Ver- handlungen wird Pistorius für den Schutz der Wälder werben. So bietet jede Klimakonferenz Platz für Neben- veranstaltungen und Informationsstän- de. Die Foyers der Konferenzgebäude würden zur Kontaktbörse wichtiger Akteure, sagt Pistorius: „Dort tummeln sich Nichtregierungsorganisationen, Umweltschützer und Investoren aller Art – denn es geht nicht nur ums Kli- ma, sondern auch um sehr viel Geld.“ Die Teilnehmer reisen stets mit unter- schiedlichen Erwartungen an, die zum Teil wenig mit der Rettung des Klimas zu tun haben. Dies sei aber nicht nur negativ. Pistorius freut sich über das wachsende Interesse der Wirtschaft am Klimaschutz. Es verdeutliche die zunehmende Wichtigkeit des Themas in der gesamten Gesellschaft. Bottom-up statt Top-down Zudem biete es Chancen für eine Veränderung von unten. Denn oft hat Pistorius den Eindruck, als sei- en mehr Ergebnisse vom vermeintli- chen Nebenschauplatz zu erwarten als von den Konferenzteilnehmern selbst, die hinter geschlossenen Tü- ren tagen: „Eine Bottom-up- statt einer Top-down-Lösung wird immer wahrscheinlicher. Wenn zum Beispiel mutige Unternehmen mit passenden Ideen auf Vertreter vom Worldwide Fund for Nature (WWF) treffen, kön- nen Initiativen entstehen. Sie können zwar nur im Kleinen – aber doch viel schneller realisiert werden als die Ent- scheidungen der offiziellen Verhand- lungsparteien.“ In jedem Fall jedoch müssen die Rahmenbedingungen der UN-Klimakonferenzen verändert werden, wenn die hochgesteckten Ziele erreicht werden sollen, glaubt Pistorius: „Je länger ein Konsens auf sich warten lässt, desto mehr verliert der Prozess an Legitimation.“ Auch inhaltliche Schwerpunkte werden sich schrittweise verlagern: „Statt über Reduktionsziele werden wir verstärkt über Möglichkeiten der Anpassung des Menschen an den Klimawandel reden müssen. Es könnte nämlich bald zu spät sein, die Erderwärmung einzudämmen.“ Umweltwissenschaftler Till Pistorius hofft auf eine Wende in der Klimapolitik der Vereinten Nationen. Foto: Lühmann Schwimmen, Radfahren, Laufen: Julia Wagner – erfolgreich unterwegs fotos: Privat ter Radfahren und 42,195 Kilometer Marathonlauf. Bei ihrem Debüt beim Challenge Roth im Juli 2011 in Roth bei Nürnberg schaffte sie es in der Langdistanz gleich auf den zweiten Platz. Für die 29-jährige Julia Wagner war es ihre bisher größte Herausfor- derung und der bisher größte Erfolg. Als Schülerin wurde die gebürtige Hannoveranerin mit 16 Jahren badi- sche Meisterin im Schwimmen, leis- tete aber im Schulsport sonst nichts Besonderes. Weil es 2002 wegen des strammen Stundenplans ihres Phar- maziestudiums in Freiburg zeitlich zum Schwimmen nicht mehr reich- te, begann die damals 20-Jährige zu laufen. „So zweimal pro Woche, mehr war das nicht“, sagt Wagner. Bis im achten Semester und danach im praktischen Jahr „mit schon mal frei- en Wochenenden“ das Fahrrad dazu- kam. Das Wochentrainingspensum hieß dann schon Laufen an zwei bis drei Tagen und zwei bis drei Stunden Radfahren am Wochenende. „Frei- burg und Umgebung sind ideal dafür.“ Training neben dem Apotheken-Alltag Bei einem weiteren Triathlon 2008 am Schluchsee gewann sie wieder über die olympische Distanz. Zu Spit- zenzeiten standen in diesem und im vergangenen Jahr pro Woche circa 25 Stunden Training auf dem Pro- gramm, in den Jahren davor rund 12 bis 20 Stunden. Sie bewältigte dieses Trainingspensum neben ei- nem ganz normalen Alltag von 8 Uhr morgens bis 17.30 am späten Nach- mittag. Bei aller Begeisterung macht die Extremsportlerin kein Hehl dar- aus, dass ein solcher Alltag manch- mal nicht ganz einfach ist. „Ich kann nicht auf jede Party gehen. Aber ich würde nicht sagen, dass ich auf alles verzichtet habe.“ Einen einzigen Tiefpunkt im sportlichen Höhenflug der Julia Wagner gab es im Juni 2010 auf der Mitteldistanz im Kraichgau. Bei über 30 Grad und hohem Flüssig- keitsverlust hatte sie zu wenig getrun- ken. Bei Kilometer zehn war die Luft raus, und sie musste ein Stück weit marschieren. Damit war eine gute Platzierung hinfällig. „Aber da lernt man auch draus.“ Die nächste Kraftprobe ist schon in Sicht: der Ironman 2013 auf Hawaii/ USA, der unter Insidern als härtester Triathlon der Welt gilt, schon wegen Hitze, Wind und glühendem Asphalt. Daran teilnehmen kann nur, wer über ein Jahr Punkte bei Ironman-Wett- kämpfen weltweit gesammelt hat. Die Punkte werden in einer Weltrangliste gespeichert. Die 30 Frauen mit den meisten Punkten reisen nach Hawaii. Im Trainingsvorlauf 2012 möchte Wagner an die Leistungen von 2011 anknüpfen. „Hawaii wird die ganz, ganz große Herausforderung.“