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uni'leben 06-2011

06 2011 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 4 Tiefergelegtes Falschgeld „Münzfälschungen gibt es, seit es Münzen gibt“, sagt Haymann. Mo- derne Fälscher bedienen sich unter- schiedlicher Methoden, zum Beispiel des Tieferlegens: „Das Geldstück wird abgeschabt, um eine neue Legende- einzuritzen oder das Porträt eines Kai- sers zu verändern.“ Eine Fälschung erkennt man in solch einem Fall zum Beispiel daran, dass die Münze weni- ger wiegt. Bei diesem Geldstück, das den seleukidischen König Antiochos zeigt, handelt es sich um eine antike Fälschung. Eine dünne Silberfolie wur- de über einen Kupferkern gelegt, um einen höheren Wert vorzutäuschen. „Verblüffenderweise wurde für diese Fälschung der originale Stempel be- nutzt.“ Es bleibt also offen, ob der Kö- nig gefälschte Münzen in Auftrag gab oder ob jemand den Stempel aus der Werkstatt geklaut hat. Eines ist auf je- den Fall sicher: Auf Fälschungen stand in der Antike die Todesstrafe. von Rimma Gerenstein Woher? Wie schwer? Wie alt? Aus welchem Metall? Wenn Florian Hay- mann eine Münze in die Hand nimmt, muss er einen ganzen Fragenkatalog abarbeiten. Der Freiburger Historiker beschäftigt sich mit Numismatik – der Münzkunde. „Münzen werden oft als Zeitung der Antike bezeichnet“, sagt Haymann. Die Geldstücke sind ein Medium, mit dem sich Botschaften gut verbreiten ließen, weil es einen weiten Umlauf garantierte und relativ aktuell war. Kam ein Herrscher an die Macht, ließ er neue Münzen prägen, auf denen er in Bildern sein politisches Programm verlauten ließ. War zum Beispiel im Osten ein Sieg zu vermelden, machte die Zentrale in Rom die gute Nach- richt mit Münzen bekannt. „Wenn His- torikern schriftliche Quellen fehlen, nehmen sie zum Beispiel auch Mün- zen zu Hilfe, um sich Informationen über ein Ereignis zu erschließen.“ Haymann betreut die Lehrsamm- lung der Alten Geschichte, die mehr als 14.000 Münzen umfasst. Der Großteil des Bestands stammt aus der römischen Kaiserzeit und der Spätan- tike. Dazu kommen etwa 1.300 Mün- zen aus griechischen Städten und cir- ca 1.000 byzantinische Stücke. Jede Münze erzählt eine Geschichte, die weit über ihren Geldwert hinausgeht. von Jürgen Schickinger Bei manchen Krebsformen sind Gene, die sonst das Tumor- wachstum bremsen, durch epigene- tische Veränderungen abgeschaltet. Diese „Stoppschilder“ an der DNA oder ihrer Verpackung stellen spezi- elle Enzyme auf. Ihre Aktivität können andere, kleine Moleküle beeinflus- sen. Sie könnten also Krankheiten lindern oder womöglich heilen. Nur wie lassen sich diese kleinen Mole- küle schnell finden, ihre Struktur und Wirkung aufklären? Das untersucht die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Strukturbasierte epigenetische Wirk- stoffforschung“ am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS). „Wir haben nicht die Erwartung, Arzneistoffe zu entwickeln“, betont Strukturbiochemiker Prof. Dr. Oli- ver Einsle vom Institut für Organi- sche Chemie und Biochemie der Universität Freiburg. Doch er will gemeinsam mit seinem Freiburger Kollegen, dem Medizinischen Che- miker Prof. Dr. Manfred Jung vom Institut für Pharmazeutische Wis- senschaften, und Chemoinforma- tiker Prof. Dr. Wolfgang Sippl vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg die Grundlagen schaf- fen. Zehn Monate lang fördert das FRIAS ihre Arbeitsgruppe. In dieser Zeit sollen einheitliche Abläufe ent- stehen, um den Weg zu verkürzen, der zu Wirkstoffen gegen epigene- tisch bedingte Krankheiten führt. Irgendwann will das Professorentrio also schon zu Arzneien kommen. Epigenetik – Vererbung jenseits des Codes Epigenetische Veränderungen liegen außerhalb des genetischen Codes. Dessen Sequenz schreibt üblicherweise das „Kochbuch des Lebens“, wie Jung es nennt. Doch in der Epigenetik machen kleine chemische Anhängsel an der DNA oder ihrer Eiweißhülle manche Gene unlesbar. „So wird nur ein Teil des Kochbuchs abgerufen“, erklärt Jung. Die ablesbaren Seiten bestimmen etwa, dass eine Zelle zur Leber- zelle heranreift statt zur Hautzelle. Blockieren epigenetische Verände- rungen jedoch Krebsbremsen, so genannte Tumorsuppressorgene, können Zellen entarten. Das ist bei gewissen Formen von Blut- und Pro- statakrebs der Fall. Wenn bekannt ist, welches Enzym den Fehler verursacht, klärt Einsles Arbeitsgruppe dessen Struktur auf. Diese Daten speist Chemoinforma- tiker Sippl in eine Strukturdatenbank mit mehreren Millionen chemischen Verbindungen ein. Computerpro- gramme prüfen, ob sich darun- ter solche befinden, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip spezifisch an den Verursacher binden könnten. Zusammen wählen die Professoren die aussichtsreichsten Kandidaten aus und stellen sie her. Jung und sei- ne Mitarbeiter testen im Reagenzglas, ob die Bindung funktioniert. Wie stark ist sie? Hat Kandidat X wirklich einen Einfluss auf die Aktivität des Verursa- cherenzyms? Unbefriedigende Eigen- schaften lassen sich oft durch chemi- sche Modifikationen verbessern. Wie Zahnräder greifen die Kom- petenzen ineinander. „Wir decken unterschiedliche Bereiche der vor- klinischen Wirkstoffentwicklung ab“, sagt Jung. Sobald der Prozess- kreislauf steht, können auch andere Forschungsgruppen ihn nutzen. Sie steigen, je nach Fragestellung, ein- fach an verschiedenen Stellen ein. „Schließlich wollen wir eine strategi- sche Plattform entwickeln“, sagt Sippl. Und Einsle betont: „Dabei ist das FRI- AS eine wertvolle Unterstützung.“ So konnte er für das Projekt eine wissen- schaftliche Stelle besetzen. Für Jung übernimmt das FRIAS die Kosten ei- ner Lehrvertretung und für Sippl die Kosten von drei einmonatigen Aufent- halten in Freiburg. Außerdem hilft das FRIAS noch beim Workshop „Epige- netics and Drug Discovery“. Dort wird das Forschertrio im März 2012 seine Plattform national und international präsentieren. Gejagte Barbaren Münzen wurden nicht nur mit stol- zen Kaiserporträts geprägt – sie trugen auch richtig brutale Darstel- lungen. So zeigt diese Münze Kaiser Constantius, der in voller Militärrüs- tung auf einem Pferd sitzt und mit ei- nem Speer einen Mann niedersticht. Doch welchem Zweck diente solch eine militante Darstellung? „Im 4. Jahrhundert bedrohten so genannte Barbaren das Römische Reich. Die fremden Völker stießen nach Klein- asien vor, plünderten und zerstörten ganze Gemeinden“, erklärt der His- toriker. Mit solch einer Münze konnte sich das Imperium zur Wehr setzen, eine Art PR-Kampagne starten, mit der der Kaiser seinen Triumph über die Feinde Roms zeigte. Stolze Provinzler Zwei Menschen, die sich die Hände reichen: eine Sensation. Denn das ist eine der ersten Münzen, die den römischen Provinzen ein eigenes Bild widmete. Sie zeigt Kaiser Hadrian und eine Dame mit einem Elefantenrüssel auf dem Kopf – die Personifizierung Afrikas. „Hadrian ist als Reisekaiser bekannt, der das gesamte Römische Reich durchquert hat. Er ging als ein friedlicher Kaiser in die Geschichte ein“, sagt Haymann. So wird er auch als Zivilist in einer Toga dargestellt, der der kleinen Provinz Afrika die Hand reicht – eine Freundschaftsges- te für stärkeren Zusammenhalt. Diese Münzen kursierten übrigens in allen Teilen des Reichs: Sie sollten zeigen, wie groß das Imperium war. Falsche Stoppschilder an der DNA-Verpackung Drei Professoren wollen die Suche nach epigenetischen Wirkstoffen verkürzen forschen Die Zeitung der Antike Mehr als 14.000 Münzen lagern in der Sammlung der Universität Freiburg – jede von ihnen erzählt eine Geschichte Der Hemmstoff (grün) liegt im aktiven Zentrum des Proteins (Kette) und verhindert eine Bindung. Gelochtes Schmuckstück „Diese Münze, die Kaiser Nero zeigt, wirkt recht ansprechend, obwohl sie ein Loch hat“, sagt der Historiker. Das Loch hat sie aber gerade deswegen, weil sie jemand schon in der Antike schön fand und sich deswegen um den Hals hängte. „Sie muss wohl ei- nem richtigen Kaiserfan gehört ha- ben.“ Dabei war diese Kupfermünze keine Besonderheit, sondern das gän- gigste Zahlungsmittel: „Dafür konnte man einen Laib Brot kaufen.“ Auf ihrer Rückseite lehnt sich eine Frauenfigur zurück und streicht sich träge über das Haar. „Das ist Securitas, die Per- sonifizierung der Sorglosigkeit.“ Sie symbolisiert die Antrittsprogrammatik des neuen Kaisers Nero: Sicherheit für das Römische Reich. Foto: Kunz Foto: Kunz