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uni'leben 01-2016

01 2016 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 4 von Sarah Nieber Im Dezember 2014 beschließen die Universitäten Basel und Freiburg, die Université de Haute-Alsace, die Université de Strasbourg sowie das Karlsruher Institut für Technologie, dem European Campus eine Rechtspersön- lichkeit in Form eines europäischen Verbundes für territoriale Zusammen- arbeit (EVTZ) zu geben. Ein Jahr später, am 9. Dezember 2015, unterschreiben sie die Gründungsdokumente. Am 27. Januar 2016 folgt die offizielle Geneh- migung durch das Regierungspräsidium Freiburg. Ein historischer Schritt, ist es doch der erste allein von Universitäten getragene EVTZ und der zweite mit Sitz in Deutschland – namentlich in Freiburg. Auf diesem Grundstein wird in den kommenden Jahren Eucor – The European Campus als trinationaler Universitätsverbund mit gemeinsamen Strukturen und gemeinsamer Strategie in Forschung und Lehre errichtet. „Es ist ein Modellprojekt, das im europäischen Forschungsraum einzig- artig ist“, sagt Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Universität Frei- burg und Präsident von Eucor – The European Campus. „Wir sind damit auf dem Weg zur ersten europäischen Uni- versität.“ Als EVTZ hat der Universitäts- verbund hochschulähnliche Rechte: Er kann gemeinsame Forschungsanträge stellen, gemeinsame Professuren ein- richten, gemeinsame Studiengänge an- bieten. Über Ländergrenzen hinweg forschen und studieren – das wird mit dem European Campus möglich. Damit können die Universitäten auf internatio- nalem Parkett noch stärker auftreten: „Wir bieten internationalen Spitzenfor- scherinnen und -forschern, Nachwuchs- wissenschaftlerinnen und -wissenschaft- lern und internationalen Studierenden nicht nur unsere eigene Universität. Wir bieten ihnen die Wissenschafts- und Forschungsregion Oberrhein.“ Etwa zeitgleich zur Gründung des EVTZ wurde über einen weiteren wich- tigen Baustein für den European Cam- pus entschieden: Am 16. Dezember 2015 wurden drei Interreg-Projekte bewilligt, die den European Campus in den kommenden drei Jahren prägen werden. Interreg ist eine Initiative des Europäischen Fonds für regionale Ent- wicklung und fördert die grenzüber- schreitende Zusammenarbeit in Europa. Auf diese Weise unterstützt die Euro- päische Union den European Campus mit insgesamt 5,5 Millionen Euro. Drei Anträge Der zentrale Interreg-Antrag „Eucor – The European Campus: grenzüber- schreitende Strukturen“ sieht vor, bürokratische Hürden abzubauen und die Zukunft gemeinsam zu planen. Ziel ist, die Potenziale an den Universitäten zu entfalten – in Forschung, Lehre, Weiterbildung und Verwaltung. Ein weiterer bewilligter Interreg-Antrag soll die Schaffung eines oberrheinischen Clusters für Nachhaltigkeitsforschung ermöglichen. „Zum einen geht es da- rum, gemeinsame exzellente, grenz- überschreitende und interdisziplinäre Forschungsaktivitäten zu entwickeln. Zum anderen soll der Cluster zu einem Leuchtturm des Wissenstransfers in die Gesellschaft werden“, sagt Prof. Dr. Paul Burger von der Universität Basel, unter dessen Leitung der Cluster ent- steht. Kern des dritten Interreg-Antrags, den die Universität Koblenz-Landau gemeinsam mit den Universitäten des European Campus gestellt hat, ist der Aufbau einer trinationalen Graduierten- akademie zum Thema „Risikomanage- ment und Risikoabschätzung“. Der European Campus entsteht vor dem Hintergrund einer langjährigen Kooperation zwischen den Universitäten am Oberrhein. 1989 haben sie sich zu einem grenzüberschreitenden Netzwerk unter dem Namen „Eucor“ zusammen- geschlossen. Mit dem European Cam- pus wollen die fünf Universitäten die grenzüberschreitende Forschung und Lehre auf eine neue Plattform stellen, um ihre Position im Wettbewerb um die besten Köpfe und Ideen entschei- dend zu stärken. von Rimma Gerenstein Der Slogan „Wer hat’s erfunden?“ machte Ende der 1990er Jahre nicht nur die Kräuterbonbons berühmt, sondern posaunte auch den Namen ihres Schweizer Herstellers in die Welt – damit sich niemand mehr fragen muss, wer die „Chrüterchraft“ unters Volk bringt. Auch außerhalb von Werbespots gilt: Der Schutz geistigen Eigentums ist unerlässlich, denn er regelt den rechtli- chen Umgang mit Computerprogram- men und Internet-Domains, Drehbü- chern und Sinfonien, Gardinenmustern, Dioden oder Pflanzenzüchtungen. An Hochschulen spielt das Patentrecht, das technische Erfindungen schützt, eine besondere Rolle. Doch wie kann eine Entdeckung aus einem Universi- tätslabor in die Welt gelangen? Und können die Forscherinnen und Forscher noch beeinflussen, was mit ihrer Erfin- dung geschieht, wenn ein Unternehmen diese weiterentwickelt, vertreibt und vermarktet? 1.350 Einzelpatente Mit solchen Fragen beschäftigen sich die Leitlinien zum Umgang mit und zur Verwertung von geistigem Eigentum, die die Albert-Ludwigs-Universität jüngst veröffentlicht hat. „Es ist unsere Aufgabe als Volluniversität, Wissenstransfer zu fördern und damit zum gesellschaftli- chen Fortschritt beizutragen“, sagt Prof. Dr. Margit Zacharias, Prorektorin für Innovation und Technologietransfer. Die Richtlinien sollen die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter aller Fakultäten dazu ermutigen, den Schritt in die Wirt- schaft zu wagen – genügend Potenzial sei allemal vorhanden, betont Zacharias: In den vergangenen 20 Jahren sind etwa 160 Firmen auf diese Weise ent- standen; knapp 75 Prozent von ihnen sind immer noch am Markt erfolgreich. Doch wie funktioniert das Prozedere? „Nach dem Arbeitnehmererfindungsge- setz sind alle Beschäftigten der Universi- tät Freiburg einschließlich der Professo- rinnen und Professoren dazu verpflichtet, Diensterfindungen zu melden“, erklärt Prof. Dr. Maximilian Haedicke, der die Professur für Geistiges Eigentum inne- hat. Die Patentverwertungsagentur Campus Technologies Freiburg GmbH prüft die Erfindungen im Auftrag der Universität, empfiehlt die Patentierung vielversprechender Kandidaten und be- rät die Mitarbeiter beim weiteren Vorge- hen. Für die vergangenen zehn Jahre kann die Universität Freiburg knapp 1.350 Einzelpatente verzeichnen. Sozial verträglich verhandeln „Wir wollen das Wissen nicht unge- nutzt in der Schublade liegen lassen, aber gleichzeitig können wir es auch nicht verschenken“, sagt Zacharias. Die Universität sei darauf angewiesen, Geld einzuwerben. „Eine Erfindung ist nicht ein Geistesblitz, der einen Professor eines Morgens in der Dusche trifft. Dahinter steckt ein Riesenaufwand, der bezahlt werden muss“, unterstreicht Haedicke. Unternehmen geht es genau- so: In Produkte aus der Mikrosystem- technik, der Chemie oder der Pharmazie müssen Kooperationspartner bisweilen mehrere Millionen Euro stecken. Bevor etwa aus einem universitären Patent für einen Wirkstoff ein Antibiotikum entwi- ckelt und auf den Markt gebracht werden kann, fallen also hohe Kosten an. Verfügt das Unternehmen über das Patent, be- steht die Möglichkeit, diese Ausgaben wieder hereinzuholen – wobei bei Wei- tem nicht jedes Patent Erfolg verspricht. Doch gerade bei Forschungsergeb- nissen, auf deren Grundlage später ein- mal Arzneimittel oder Impfstoffe entste- hen könnten, sehen die Richtlinien der Universität eine besondere Verwertung vor: Die Kooperationen mit den Unter- nehmen sollen möglichst sozial verträg- lich ausfallen. Das bedeutet, dass die Medikamente in armen Ländern zu ei- nem niedrigen Preis angeboten werden sollen. „Das ist zum Beispiel möglich, indem ein Vertrag auch den Einsatz von Generika, also Nachahmerpräparaten, erlaubt“, sagt Emily Meyer. Die ange- hende Medizinerin hat sich mit der Frei- burger Lokalgruppe der internationalen studentischen Initiative „Universities Al- lied for Essential Medicines“ (UAEM) dafür eingesetzt, dass die Albert-Lud- wigs-Universität eine Sozialklausel in die Richtlinien aufnimmt – bisher eine Seltenheit in der deutschen Hochschul- landschaft. „UAEM hat einen Leitfaden für sozial verträgliche Forschungsansät- ze erarbeitet, den die Weltgesundheits- organisation empfiehlt“, berichtet Meyer. „Für mich ist es selbstverständlich, dass wir nach dem Vorbild der Sozial- klausel handeln wollen“, betont Prof. Dr. Kerstin Krieglstein, Dekanin der Medizi- nischen Fakultät. Auch in der Lehre sehen sie und die Gruppe Chancen, Studierende für den in vielen Ländern schlechten Zugang zu Arzneimitteln zu sensibilisieren. „Es ist eine gute Idee, mehr Unterricht zum Thema Global Health anzubieten“, findet Krieglstein. Die Studierenden dürften allerdings nicht vergessen, dass die Forscher auf dem Weg von einem gefundenen Wirk- stoff bis zum fertigen Medikament nur ein kleines Glied in einer langen Kette seien. Meyer selbst arbeitete für ihre Abschlussarbeit an einem Projekt zur Entwicklung einer Gentherapie für HIV mit – „ziemliche Grundlagenforschung“. Doch sollte sich daraus eines Tages eine Anwendung ergeben, wäre sie be- reit, hart zu verhandeln. aktuell Die fünf Universitäten am Oberrhein haben einen Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit gegründet Die Universität Freiburg hat neue Richtlinien zum Umgang mit geistigem Eigentum veröffentlicht Die Universitäten Freiburg, Basel, Mulhouse, Strasbourg und Karlsruhe bieten mehr als 115.00 Studierenden und 26.000 Wissenschaftlern einen Campus ohne Grenzen. Fotos: Karl-Heinz Zurbonsen, UniversitÄt Basel, Gisèle Jactat GC Emotions, Université de Strasbourg, KIT Gemeinsamer Campus in Zahlen Eucor – The European Campus: Das sind fünf Universitäten mit ins- gesamt knapp 115.000 Studierenden, 15.000 Forschenden und 11.000 Doktorandinnen und Doktoranden. Das Gesamtbudget der Universitä- ten beläuft sich auf 2,3 Milliarden Euro. Der European Campus ist in der Trinationalen Metropolregion Oberrhein verankert, die weitere 50 Forschungseinrichtungen sowie 63 Hochschulen und höhere Bildungs- einrichtungen umfasst. European Campus nimmt Gestalt an Wer hat’s erfunden? www.zuv.uni-freiburg.de/service/ipr-policy  www.eucor-uni.org  Foto: fotogestoeber/fotolia 012016

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