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uni'wissen 01(3)-2011

politische Bildung Baden-Württemberg gewonnen. Sie haben die Forscher vor allem dabei unter- stützt, die Umfrageergebnisse der Öffentlichkeit zu präsentieren – mit einer Podiumsdiskussion, mehreren Zeitungsartikeln und einer eigenen ­Internetseite. Die erste Herausforderung für die Studieren- den bestand darin, den Fragebogen zu erarbeiten. Dabei galt es, die inhaltlich relevanten Fragen zu finden und sie möglichst präzise und wertneutral zu formulieren. „Mit der Qualität des Frage­bogens steht und fällt das Ganze. Deshalb haben wir jede Frage mehrfach durchdiskutiert“, sagt Wag- schal. Die Studierenden haben Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen seit den 1960er Jah- ren untersucht, den eigenen Katalog mithilfe von Testpersonen in mehr als 25 Runden überprüft und verbessert und ihn von professionellen Wahlforschern analysieren lassen. Mehr als 100 Variablen hat die Umfrage erhoben: Was ist Ihrer Meinung nach gegenwärtig das wichtigste Prob- lem in Baden-Württemberg? Wen wünschen Sie sich als Ministerpräsidenten? Und, für Medien und Öffentlichkeit besonders wichtig, die Sonntags- frage: Welche Partei würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre? Zufall als wissenschaftliches Prinzip Die Auswahl der Teilnehmenden an der Um- frage erfolgte nach dem Zufallsprinzip, um einen möglichst repräsentativen Querschnitt der Be- völkerung zu erreichen. Grundlage war eine so genannte Mutterstichprobe von 7.000 Telefon­ anschlüssen. Ein elektronischer Zufallsgenerator variierte die letzte Ziffer der Nummern, um auch Anschlüsse zu erfassen, die nicht im Telefon- buch stehen. Zielpersonen waren diejenigen, die in dem betreffenden Haushalt zuletzt Geburtstag hatten. „Wenn wir die Personen genommen hätten, die die Anrufe entgegengenommen haben, hätten wir überproportional oft die Tochter des Hauses bekommen“, erklärt Wagschal. Von 31.000 gewähl- ten Nummern erreichten die Studierenden 11.000 Bürgerinnen und Bürger; 1.361 Angerufene nah- men letztlich an der Erhebung teil. Für die 25 jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die von Ende Januar an über einen Zeitraum von drei Wochen telefonierten, bedeutete das bis zu 120 Versuche täglich. Davon waren im Schnitt nur sechs bis sieben erfolgreich. Oft legten die Angerufenen gleich wieder auf, viele ließen ihrem Politikverdruss freien Lauf, andere wiederum antworteten bereitwillig. Darauf mussten die ­Forscher reagieren, mal mit rationalen, mal mit emotionalen Formen der Ansprache. In diesem Kommunikationsprozess hätten sie die wichtig­ sten Erfahrungen gesammelt, sagt Wagschal: „Die Studierenden haben gesehen, wie hetero- gen das Land ist. Das Biotop Freiburg ist nicht die Welt.“ Betriebsgeheimnis der Meinungsforscher Die erhobenen Daten wurden anonymisiert und für die Auswertung gewichtet. Das bedeutet, dass die Antworten der Befragten nicht gleich- wertig in die Analyse eingehen. Neben dem Frage­ bogen sei dieser Punkt für die Wissenschaftlich- keit einer Analyse zentral, sagt Wagschal – und gleichzeitig biete er Anlass zur Kritik: Vielen ­Meinungsforschungsinstituten eile der Ruf voraus, einer Partei nahezustehen oder Ergebnisse im Sinne der Auftraggeber zu produzieren. „Bei der Gewichtung lässt sich niemand in die Karten schauen, das ist das große Betriebsgeheimnis.“ Auch die Freiburger Studierenden haben mit ­unterschiedlichen Werten experimentiert und Datenerhebung bedeutet viel Arbeit: Die wichtigsten Erfahrungen haben die Studierenden bei den Interviews am Telefon gesammelt. Fotos: Kunz „  Die Studierenden haben gesehen, wie heterogen das Land ist. Das Biotop Freiburg ist nicht die Welt “ 10 uni'wissen 03