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uni'wissen 01(3)-2011

Trümmer und Rekonstruktion: Das Gymnasion in der antiken Stadt ­Pergamon war nicht nur eine Sportstätte, sondern ein zentraler Raum der Kultur und Kommunikation. Foto: Stappmanns, Zeichnung: Schazmann (1923) Was können ein paar Trümmerteile aus Mar- mor, der nackte Fuß einer antiken Statue oder ein Stück steinerner Mantel darüber erzäh- len, wie Menschen vor mehr als 2.000 Jahren gelebt haben? Wie sie sich selbst und ihre ­Gesellschaft sahen? Eine ganze Menge, sagt Ralf von den Hoff, Professor für Klassische Archäo­ logie an der Universität Freiburg: Wenn die ­Fundstücke nicht nur als vereinzelte Fragmente ­wahrgenommen, sondern in ihren historischen Zusammenhang gestellt werden – dann beginnen sie zu sprechen. In einem groß angelegten, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unter- stützten Projekt erforscht von den Hoff das ­Gymnasion der antiken Stadt Pergamon. Von 2004 bis 2009 hat er Ausgrabungen vor Ort, also in der heutigen türkischen Stadt Bergama, geleitet. Ein Gymnasion war nicht nur eine Sportstätte für Athleten, sondern auch ein wichtiger öffentli- cher Raum für die gesamte griechische Stadt, ein zentraler Ort der Kultur und Kommunikation, voller Skulpturen von Göttern, Königen und Bür- gern. Und damit auch eine umfassende Bildungs- einrichtung – vor allem für junge Leute, sagt der Wissenschaftler: „Im Gymnasion lernte man alles, was man als Bürger wissen musste.“ Das Gymnasion in Pergamon entstand im frü- hen 2. Jahrhundert vor Christus. Es ist die größte bekannte Einrichtung dieser Art. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts gruben dort deutsche For- scher und fanden viele Fragmente von Skulpturen: Hände, Füße, Gewandteile, aber auch Funda- mente und Podeste. Fundstücke aus Pergamon lagern nicht nur vor Ort, sondern auch in Museen, zum Beispiel in Berlin oder in Izmir/Türkei. Trotz- dem ist bisher relativ wenig darüber bekannt, welche Funktion die Architektur des Gymnasions und die vielen Skulpturen in seinem Inneren für die Gesellschaft der antiken Stadt hatten – und wie sich Räume und Bilder durch politische Ein- schnitte veränderten. Solche sozialen und kultu- rellen Bezüge seiner Fundstücke interessieren von den Hoff besonders. Bilder schaffen Identität In der Epoche des Hellenismus war Pergamon Residenzstadt der Könige. Im Jahr 133 vor Christi Geburt aber vererbte Attalos III. das Königreich per Testament den Römern – es wurde als ­Provinz in die Verwaltungsstrukturen des Imperi- ums integriert. Über Baumaßnahmen aus der ­römischen Zeit war bereits einiges aus älteren Grabungen bekannt, zum Beispiel der Einbau ­einer Thermenanlage in das Gymnasion. Die neuen Ausgrabungen von den Hoffs und seiner Kolleginnen und Kollegen richteten sich daher auf die tiefer liegenden, hellenistischen Schich- ten – und den Übergang zwischen den poli­ tischen Epochen. Zum einen versuchten die Forscherinnen und Forscher dabei, mehr über Architektur und Nut- zung des Gymnasions zu erfahren: als Aus­ bildungs- und Sportstätte, als Ort der Körper- pflege, als Raum für Kulthandlungen. Zum anderen interessierten sie sich für die visuelle Gestaltung, also die Ausstattung der Räume mit Skulpturen. Die unterschiedlichen Schichten der einzelnen Bauabschnitte wurden mit Hilfe von 33