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uni'wissen 02(4)-2011

Nutzung natürlicher Ressourcen“. Mit dem Preis- geld von einer Million Euro und weiteren Zu- schüssen der Universität Freiburg kann Samyn jetzt über fünf Jahre eine Arbeitsgruppe aufbauen. In seiner Forschung fließen unter anderem ­Chemie, Physik, Ingenieur- und Materialwissen- schaften zusammen. Noch herrscht Ruhe in ­Samyns Labor. Die blitzblanken Spektrometer und die wenigen anderen Geräte riechen wie frisch ausgepackt; forschungsübliche Werkzeuge oder Glasgefäße sind bisher unangerührt. Er sucht noch Mitarbeiter für seine Gruppe – etwa eine Doktorandin oder einen Doktoranden aus einer der beteiligten Disziplinen. „Die Juniorprofessur ist eine Traumchance, ­eigene Forschung zu betreiben und langfristig zu planen“, freut sich Samyn, bremst aber gleich zu hohe Erwartungen. Er müsse quasi von Null ­beginnen: „Materialforschung ist bei uns ein ganz neues Arbeitsfeld.“ Das FOBAWI hat sich traditionell mit der Holzqualität und der Logistik, also dem Weg vom Forst zum Holz, beschäftigt. An neuen Materialien arbeite das Institut erst seit zwei Jahren, erzählt er: „Für uns ist das eine Chance, die ganze Prozesskette vom Baum bis zum Endprodukt zu beherrschen.“ Allerdings rechnet Samyn damit, dass es drei bis vier Jahre dauern wird, bis er zuverlässig Papier, Pappe oder bestimmte Textilien mit Biopolymeren, in die holzbasierte Nanopartikel integriert sind, ­beschichten kann – zumindest im Labormaßstab. Denn im Labor kann er die flüssigen Beschich- tungen fast gemächlich per Hand auftragen, in der Industrie laufen aber 1.500 Meter Papier in der Minute vom Band. „Das erfordert ganz andere Verarbeitungseigenschaften“, erklärt Samyn. „Um die Lücke zwischen Labor und Fabrik zu schließen, sind grundlegende, detaillierte Erkennt- nisse zum Beispiel über das Fließver­halten neuer Biomaterialien nötig.“ Weniger Material, bessere Eigenschaften Samyns Materie ist komplex – entsprechend kompliziert sind seine Materialien. Für Watte, Windeln, Wickel und Papier benötigt die Industrie Zellstoff. Bei der Herstellung fallen je Tonne Zell- stoff eine Tonne Schwarzlauge und etwa zehn Kilogramm Zellulose mit kürzeren Fasern an. „Diese Fasern lassen sich kontrolliert chemisch zerbrechen und weiter stofflich verwerten“, sagt Samyn. Dabei kooperiert er mit der benachbarten Arbeitsgruppe seiner Kollegin Prof. Dr. Marie- Pierre Laborie. Bei der chemischen Aufbereitung entstehen kürzere Zellulose-Nanopartikel. Diese so genannten Whiskers, benannt nach dem eng- lischen Wort für „Schnurrhaare“, haben eine Länge von 100 bis 200 Nanometern. Die Zellulose­ ketten der Whiskers sind chemisch sehr regel- mäßig angeordnet, fast wie in einem Kristall­ gitter. Die reaktiven Gruppen der Ketten stehen so, dass sie leicht mit anderen Stoffen in Wechsel- wirkung treten. Deshalb ist es möglich, diese ­Nanoteilchen mit anderen Materialien zu einem Verbundwerkstoff zu vermischen. „Aber leider verklumpen die Zelluloseteilchen auch unter­ einander und sind daher oft nicht gut angeord- net“, sagt Samyn, der daran arbeitet, dass sich die Materialien gleichmäßiger verteilen. Samyn versucht das Problem zu lösen, indem er die Oberflächeneigenschaften der Whiskers steuert. Dafür koppelt er die Zelluloseteilchen an einen zweiten Typ von Nanopartikeln, der auf Pflanzenöl basiert. „Mit denen habe ich viel ­Erfahrung“, sagt er. Außerdem erzeugen sie sehr gute Eigenschaften bei Papierbeschichtungen. Die Teilchen sind bereits hergestellt, aber die Kombination mit den biobasierten Materialien aus Agrarprodukten ist neu. Die Nanopartikel werden in eine Verbundmatrix dieser Biopolymere eingebaut. So etwas gibt es bereits in einfachen Anwendungen: Mit Milchsäurepolymeren, so ­genannten Polylactiden, lassen sich Becher, ­Tüten und Folien herstellen, die bedingt biolo- Oberflächen im ­Vergleich: Die Mikroskop­aufnahme zeigt Verpackungs­papier mit unbeschichteten ­(untere Hälfte) und ­beschichteten ­Zellulosefasern. ‚‚Für uns ist das eine Chance, die ganze Prozesskette vom Baum bis zum Endprodukt zu beherrschen“ 26