Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

uni'wissen 02-2015

Zum Weiterlesen Shahapure, R. / Driessen, R. P. / Haurat, M. F. / Albers, S.-V. / Dame, R. T. (2014): The archaellum: a rotating type IV pilus. In: Molecular Micro- biology 91/4, S. 716–723. Reindl, S. / Ghosh, A. / Williams, G.J. / Lassak, K. / Neiner, T. / Henche, A.L. /Albers, S.-V. / Tainer, J. A. (2013): Insights into FlaI functions in archaeal motor assembly and motility from structures, conformations, and genetics. In: Molecular Cell 49/6, S. 1069–1082. Jarrell, K. F. / Albers, S.-V. (2012): The archaellum: an old structure with a new name. In: Trends in Microbiology 20/7, S. 307–312. deckte. Ihre neuesten Ergebnisse haben den Archaeen überraschenderweise ein weiteres Al- leinstellungsmerkmal beschert – in Bezug auf die Art und Weise, wie sie sich fortbewegen. „Es war schon lange bekannt, dass sich Archaeen ähnlich wie Bakterien mithilfe von filamentartigen Struktu- ren bewegen können.“ Es handelt sich dabei um eine Geißel aus Proteinfäden, die ähnlich wie ein Propeller funktioniert: Ein „Motor“ an ihrem in der Zellwand verankerten Ende lässt sie rotieren und ermöglicht eine Schwimmbewegung. Dass der Bewegungsapparat der Archaeen jedoch ganz anders strukturiert ist, zeigten erstmals molekula- re Studien aus den 1980er Jahren. Diese gingen aber davon aus, dass es sich bei den Strukturen um ein so genanntes Flagellum handelte, wie es auch Bakterien besitzen. Aus dem Flagellum wird ein Archaellum Erst die Genomik erbrachte erste Hinweise auf die besondere Gestalt des Fortbewegungs- apparats. Während das Flagellum eines Bakteri- ums bis zu 50 Proteine braucht, um den Motor anzuwerfen, der es ihm ermöglicht, sich auf sein Ziel zuzubewegen, stützt sich Sulfolobus auf nur sieben Proteine. Albers erhob zusammen mit ihrem Kollegen Ken Jarrell von der Queen’s University in Ontario/Kanada viele Daten, die zeigen, dass ein archaeales Flagellum von der komplexen bakteriellen Struktur grundlegend abweicht. Die beiden entschlossen sich, einer möglichen Na- mensverwirrung ein Ende zu bereiten und publi- zierten 2012 einen entsprechenden Artikel. Sie gaben dem archaealen Flagellum den Namen „Archaellum“, der zwei Jahre später in das aktuelle Standardlehrbuch der Mikrobiologie aufgenom- men wurde. „Wir haben damit den Studierenden deutlich gemacht, dass es sich um zwei klar un- terscheidbare Strukturen handelt“, erklärt Albers, „Flagellum für Bakterien und Archaellum für Archaeen.“ Bei den Eukaryoten seien es Zilien, die fürs Weiterkommen sorgten. „Alle drei sind domänenspezifisch und in der Evolution unab- hängig voneinander entstanden.“ Herauszufinden, welches Protein im einzelli- gen Archaellum welche Funktion übernimmt, ist eine weitere Aufgabe der Grundlagenforschung, die Albers betreibt. Fest steht, dass einige Prote- ine im Zellinneren verbleiben, während das Mo- torprotein in der Zellwand mit ihnen zusammen über die dünnen, seilartigen Filamentproteine außerhalb der Zelle den Kontakt zur Außenwelt koordiniert. „Diese kleine Motorstruktur ist mit ih- rer Mindestausrüstung genauso effizient und schnell wie die komplizierte der Flagellen“, sagt die Mikrobiologin. Was sie als „Nanomaschine“ bezeichnet, könnte sie sich auch als Ideengeber in der Nanobiotechnologie vorstellen. Für das Motorprotein gibt es bereits einen Kandidaten, der trotz seiner propellerartigen Drehbewegung die Membran der Zellwand nicht zerstört und das Archaellum verankert. „Wir brauchen dazu noch die genaue Struktur der anderen Untereinheiten, und wir wissen noch nicht, wie die Bewegung im Detail aussieht.“ Hilfreich ist dabei die geneti- sche Veränderung einzelner Bausteine, deren künstlich herbeigeführter Ausfall einen Hinweis auf ihre Funktion gibt. Was Sulfolobus im Gegensatz zu den Salz lie- benden Archaeen aufgrund seiner geringen Grö- ße nicht hat, ist die Fähigkeit, auf einen Reiz von außen zu reagieren, eine so genannte Signaltrans- duktionskaskade einzuleiten und die Richtung zu ändern. „Bakterien können Stoffe, die sie interes- sieren, wahrnehmen und gezielt anpeilen – ver- gleichbar einem Computer, der dafür sorgt, dass der Reiz beim Motor ankommt“, erklärt die Forsche- rin. Trotz der völlig anderen Motoren benutzen Salz liebende Archaeen und Bakterien den gleichen Mechanismus, um ihre Bewegungsstruktur an einen Reiz von außen zu koppeln. „Die Archaeen haben das System von Bakterien übernommen und an ihren eigenen Motor angepasst.“ Am Ende, wenn das Zusammenspiel aller Teile geklärt ist, soll ein dreidimensionales Bild des ganzen Archaellums entstehen. www.ag-albers.uni-freiburg.de Prof. Dr. Sonja-Verena Albers ist 2014 als Professorin für Mikrobiologie an das Institut für Biologie II der Universität Freiburg berufen worden. Nach dem Biologiestudium in Würzburg schrieb sie ihre Diplomarbeit am Max-Planck- Institut für Biochemie in Martinsried. Sie wurde an der Rijksuniversiteit Groningen/ Niederlande promoviert und erhielt eine Auszeichnung der niederländischen Wissen- schaftsorganisation NWO, um eine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. 2008 wurde sie „Max Planck Research Group Leader“ am Max- Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, 2011 wurde sie an der Universität Marburg habilitiert. 2012 erhielt Albers einen Starting Grant des Europäischen For- schungsrats, um ihre Arbei- ten zum Archaellum weiterzuführen. Foto: privat 31

Seitenübersicht