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uni'wissen 01-2016

Die Desillusion gleich vorab: Wissenschaftle- rinnen und Wissenschaftler werden niemals exakt vorhersagen können, welcher frisch abge- setzte Tweet auf Twitter oder welcher neue Post auf Facebook sich wie schnell wohin verbreiten wird. Dessen ist sich Juniorprofessor Dr. Peter Fischer sicher. Aber der Freiburger Informatiker und seine Kolleginnen und Kollegen können eine andere Prognose treffen: Wenn sich eine Nach- richt schon einen gewissen Zeitraum über die sozialen Medien verbreitet hat, ist vorhersagbar, wie lange sie das – im Hinblick auf Geschwindigkeit und Zahl der erreichten Menschen – noch in glei- cher Weise tun wird. „Da erreichen wir inzwischen eine Genauigkeit von 85 Prozent“, sagt Fischer. Gerüchte erkennen Vom Frühstück in Japan zum Abendessen in Kanada, von der Bergwanderung in Norwegen zum Surfen in Südafrika – Nachrichten verbreiten sich heutzutage mit der Geschwindigkeit eines Wimpernschlags über die sozialen Kanäle in alle Winkel der Erde. Nachvollziehen oder sogar kon- trollieren kann das keiner. Das ängstigt die einen und fasziniert die anderen. Peter Fischer gehört zur zweiten Sorte. Der Juniorprofessor am Institut für Informatik der Universität Freiburg begeistert sich für die Logik des World Wide Web, insbe- sondere für die Frage, in welcher Form und auf welchem Weg sich Informationen verbreiten. Gleichzeitig will er herausfinden, welche Rolle dabei die Nutzerinnen und Nutzer spielen, ob es vielleicht sogar welche gibt, die für das Weitergeben von Nachrichten eine größere Bedeutung haben als andere. Und wenn ja – wie findet man sie? „Wenn wir die Ausbreitungsprozesse in den so- zialen Medien besser verstehen, wird es uns mög- lich sein, die Quelle einer Nachricht in wenigen „Den Inhalt lassen wir bei unseren Analysen außen vor“ Sekunden zu identifizieren“, sagt Fischer. Von sol- chen Techniken würden nicht nur Journalistinnen und Journalisten profitieren, die zum Beispiel dem Wahrheitsgehalt von online verbreiteten Gerüchten schneller auf die Schliche kämen. Auch alle anderen Nutzer könnten nachverfol- gen, woher eine Information kommt. Spannend findet Fischer auch die subjektive Wahrneh- mung, wie häufig bestimmte Nachrichten in den sozialen Medien auftauchen. Journalisten berufen sich zum Beispiel auf Hashtags wie den berühmten #aufschrei oder #einearmlaenge – beide zum Thema Sexismus und sexuelle Übergriffe auf Frauen – und stricken dann eine Geschichte da- raus, deren Tenor lautet: Dieses Thema treibt die Leute in den sozialen Netzwerken gerade um, also ist es gesellschaftlich relevant. „Erstaunlich daran ist, dass wir diese Hashtags dann meist gar nicht so häufig finden, wie man denkt, dass sie zu finden sein müssten“, berichtet Fischer. Unmengen von Daten Wo kommt eine Information her? Wer trägt sie weiter? Wen erreicht sie? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, befassen sich Fischer und sein Team mit dem täglichen Brot von Informatikerin- nen und Informatikern: Big Data, also Unmengen von Daten. Mehr als 300 Millionen Nutzer hat Twitter, die zusammen täglich über 500 Millionen Tweets absetzen. Facebook hat weltweit mehr als eine Milliarde Nutzer. Da kommt einiges zu- sammen. Unter normalen Umständen fließen je Sekunde ein paar Tausend Nachrichten durch die Adern der sozialen Netzwerke. Gibt es etwas Wichtiges mitzuteilen, beispiels- weise wenn eine prominente Person stirbt oder irgendwo ein terroristischer Anschlag stattfindet, erhöht sich der Herzschlag der Netzwerke massiv: 13 uni wissen 01 2016 13 uni wissen 01201613

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