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uni'wissen 01-2016

teilten sich verschiedene Autoritäten die Macht.“ An die Stelle des Gewaltmonopols trete oft ein Gewaltoligopol: „Es umschließt eine schwankende Zahl von teilweise konkurrierenden, teilweise kooperierenden Gewaltakteuren unterschiedlicher Qualität.“ Von der Bevölkerung anerkannt sei, wer für Sicherheit sorgen und Probleme lösen könne. Die demokratische Legitimation sei eher zweitrangig. Wer für Frieden sorgen will, ist laut Mehler gut beraten, herauszufinden, wer das Vertrauen der Bevölkerung erworben hat. Diese Gruppierungen gelte es als Gesprächs- und ge- gebenenfalls als Kooperationspartner zu gewin- nen, auch wenn sie nicht als demokratische Musterschüler daherkämen. Das klingt nach viel kleinräumlicher Feinarbeit und einem differenzier- ten Blick auf unvertraute Zustände. Die gewohn- ten groben Schablonen der westlichen Welt, die Konflikte pauschal als ethnisch oder religiös klassi- fizieren, führen in vielen notorisch krisengeschüttel- ten Gegenden, wie Mehler mit seinen Forschungen belegt, nicht zu brauchbaren Lösungen. Vergleichende Forschung Dem Wissenschaftler geht es nicht darum, „singuläre Tatbestände zu allgemeingültigen Aus- sagen hochzuzoomen“. Er hat sich auf die ver- gleichende Forschung verlegt: „Wir suchen uns Orte aus, von denen wir annehmen, dass die ge- schilderten Probleme existieren. Aber wir können nicht überall hingehen, weil manche Regionen zu gefährlich sind.“ Um „Alternativen zu staatli- cher Sicherheitsproduktion in Räumen extrem begrenzter Staatlichkeit“ zu untersuchen, hat er sich für sein gleichnamiges DFG-Forschungs- projekt die Zentralafrikanische Republik und den Südsudan ausgesucht. Beide zählen in Rankings, bezogen auf die Problemlösefähigkeit ihrer Insti- tutionen, zu den schwächsten Staaten. Hat es na- tionale Friedensabkommen gegeben? Wie wurden sie lokal interpretiert? Hat es Anreize gegeben, abseits der Zentren etwas zu gestalten, zum Bei- spiel durch die Aufwertung von Gemeinderäten? Dann wird verglichen: Hat sich etwas verbessert, oder schwelt der Konflikt weiter? Im Februar 2016 reiste Mehler für zehn Tage in die Zentralafrikanische Republik. Seine Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter waren bis zu zwei Monate vor Ort, um Interviews zu führen. Auch lokale Assistentinnen und Assistenten wurden in die Forschungen einbezogen, etwa bei Meinungs- umfragen in der Bevölkerung. Zudem gaben moderierte Gesprächsrunden mit ausgewählten Gruppen – als gut informiert geltende Marktfrauen, Lehrerinnen und Lehrer, Jugendgruppen, die für den Kampf mobilisiert werden sollen – Aufschluss über die jeweiligen Autoritätskonstellationen. In Zeiten der Flüchtlingskrise ist Mehler bei Bundes- und Landesparlamentariern ein beson- ders begehrter Gesprächspartner. Weiß er doch über Fluchtursachen bestens Bescheid. www.pr.uni-freiburg.de/go/entwicklungspolitik Zum Weiterlesen Zanker, F. / Simons, C. / Mehler, A. (2015): Spatiality, power, and peace in Africa: revisiting territorial power-sharing. In: African Affairs 114/454, S. 72–91. doi: 10.1093/afraf/adu064 Simons, C. / Zanker, F. / Mehler, A. et al. (2013): Power-sharing in Africa’s war zones: how important is the local level? In: Journal of Modern African Studies 51/4, S. 681–706. doi: 10.1017/S0022278X13000645 Mehler, A. (2012): From „Protecting civilians“ to „For the sake of democracy“ (and back again). Justifying intervention in Côte d'Ivoire. In: African Security 5/3-4, S. 199–216. doi: 10.1080/19392206.2012.732892 Prof. Dr. Andreas Mehler hat Politikwissenschaft und Geschichte an der Univer- sität Mannheim studiert. Er wurde 1993 an der Universität Hamburg promoviert und dort 2011 habilitiert. Von 2002 an war er Direktor des GIGA-Instituts für Afrika- studien, seit Oktober 2015 ist er Direktor des Arnold- Bergstraesser-Instituts und Professor für Entwicklungs- theorien und -politik an der Universität Freiburg. Mehler ist im Vorstand der Ver- einigung für Afrikawissen- schaften in Deutschland und Mitherausgeber der Fach- zeitschrift „Africa Spectrum“. Er forscht – mit regionalem Schwerpunkt auf Zentral- und Westafrika – zu Macht- teilungen nach Friedens- abkommen, gewaltsamen Konflikten, Krisenprävention, Staat und Staatlichkeit sowie zu deutscher und französischer Afrikapolitik. Foto: Arnold-Bergstraesser-Institut Dorf im Südsudan: In Regionen abseits der Hauptstädte und Zentren entwickeln sich oft eigene Machtverhältnisse. Foto: Wollwerth Imagery/Fotolia 19

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