Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

uni'wissen 01-2016

Darstellung der eigenen Aufschiebetendenz Stu- dierende zum effizienteren Lernen bewegt. Das im Lerntagebuch wöchentlich dokumentierte Aufschiebeverhalten spiegelte Nückles einigen Teilnehmenden in Form einer Kurve im Koordina- tensystem – die anderen lernten ohne visuelles Feedback auf die anstehende Prüfung. „Wir haben herausgefunden, dass Studierende, deren selbst berichtetes Lernverhalten wir grafisch aufbereiteten und ihnen dann vor Augen hielten, mit der Zeit immer weniger prokrastinierten als ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen“, berichtet Nückles. Studierende, die direkt mit ihrem Auf- schiebeverhalten konfrontiert werden, reflektieren ihre Arbeit und können leichter in einen „virtuous circle“ einsteigen, weil sie ihre Ziele entspre- chend anpassen können. So zeigten die Studien, dass die Studierenden ihren Lernprozess stärker überwachten und sich vor allem konkretere Lern- ziele setzten: anstatt „Physiologie lernen nächste Woche“ etwa „wichtige Begriffe der Sinnesphysio- logie in eigenen Worten erklären können“. In seinen eigenen Vorlesungen versucht Nück- les die richtige Balance zwischen Kontrolle und Zum Weiterlesen Wäschle, K. / Allgaier, A. / Lachner, A. et al. (2014): Procrastination and self-efficacy: tracing vicious and virtuous circles in self-regulated learning. In: Learning and Instruction 29, S. 103–114. doi:10.1016/j.learninstruc.2013.09.005 Wäschle, K. / Lachner, A. / Stucke, B. et al. (2014): Effects of visual feedback on medical students’ procrastination within web-based planning and reflection protocols. In: Computers in Human Behavior 41, S. 120–136. doi:10.1016/j.chb.2014.09.022 Prof. Dr. Matthias Nückles hat Psychologie, Soziologie, Philosophie und Kognitions- wissenschaft in Freiburg und Kent/Großbritannien studiert und ist seit 2009 Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Freiburg. Nach seiner Habilitation im Fach Psychologie war er von 2006 bis 2009 Professor für Pädagogische Psychologie an der Universität Göttingen. Nückles befasst sich mit Fragen der Gestaltung von Lehr-Lernprozessen in schulischen und universitären sowie in informellen Lern- situationen außerhalb von Schule und Hochschule. Seine aktuellen Forschungs- schwerpunkte sind das selbstregulierte Lernen durch Schreiben, die Analyse und Förderung lernwirksamer Erklärungen in der Mathe- matik sowie die Förderung angehender Lehrkräfte im Diagnostizieren von Lern- prozessen bei Schülerinnen und Schülern. Foto: privat Freiräumen zu finden. „Man kann den Studieren- den nicht den ganzen Tag hinterherrennen“, räumt der Dozent ein. „Es ist wichtig, ihnen die Relevanz und den potenziellen Nutzen der Lerninhalte zu verdeutlichen, damit sie motiviert sind. Gleich- zeitig sollten sie von den Lehrenden gut angeleitet werden.“ Anwesenheitslisten in großen Vorlesun- gen sind Nückles zufolge nicht sonderlich geeignet, Studierende zum Besuch der Veranstaltungen zu bewegen. Stattdessen geben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seiner Vorlesungen regelmäßig Lernaufgaben ab. „Mechanismen zur Lernkon- trolle wie Lernaufgaben oder kleine Tests sind wichtig, weil die Studierenden auf diese Weise Feedback erhalten und erfahren, was sie bereits können und wo sie noch Defizite haben.“ Die Kontrolle sollte aber vor allem von den Studierenden selbst ausgehen. Der Bildungsfor- scher entwickelt derzeit ein webbasiertes Lerntage- buch, das in das bereits bestehende Online-Portal ILIAS der Universität integrierbar ist. Bisher wird die Web-Plattform vor allem zur Bereitstellung von Kursinhalten genutzt. „Manche Studiengänge setzen aber bereits E-Portfolios ein, in denen Stu- dierende den Lernstoff nacharbeiten und reflek- tieren“, erklärt Nückles. Ebenso wie E-Portfolios helfen Lerntagebücher Studierenden, ihren Lern- prozess besser zu steuern, und wirken so der Tendenz zum Prokrastinieren entgegen. Ein sol- ches Werkzeug zur Selbstbeobachtung würde es Lernenden erlauben, ihre eigenen Strategien zu überdenken und zu optimieren und sich den Studi- enalltag leichter zu machen – durch nichts weiter als Selbstkontrolle. http://blog.lehrentwicklung.uni-freiburg.de/ author/nueckles Putzen, im Internet surfen, einkaufen: Viele Studierende lenken sich lieber ab, anstatt zu lernen. Fotos: Konstantin Yuganov, Africa Studio, Minerva Studio (alle Fotolia) 47

Seitenübersicht