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uni'wissen 02(4)-2011

­Zell­oberfläche weist eine schwache Bindung auf. Dann rekrutiert der Erreger weitere Rezep- toren, sodass am Ende ein ganzer Cluster von Rezeptoren eine extrem starke Bindung auf- weist.“ Es bilden sich röhrenförmige Einstülpungen, die weit in die Zelle hineinreichen. „Entgegen der bisherigen Lehrmeinung konnten wir damit ­zeigen, dass einige Pathogene und Pathogen- produkte wie zum Beispiel bestimmte Giftstoffe von außen eine aktive Rolle einnehmen können“, erklärt der Signalforscher. Bisher habe man Pro- zesse wie den der Einstülpung allein zelleigenen Proteinen zugeschrieben. „Die von diesen Prote- inen unabhängige Aufnahme von Giftstoffen in die Zelle ist bisher kaum erforscht worden.“ Membranlipide spielen bei diesem Vorgang eine entscheidende Rolle. Sie sorgen allgemein für Stabilität, Flexibilität und die teilweise Durchläs- sigkeit der Zellmembran. Die Bindung des Bakte- riums an diese Membran löst Signalprozesse aus. Dadurch werden wiederum Strukturproteine auf den Plan gerufen, die dafür sorgen, dass die wachsenden Röhren mit den Erregern im Zell­ inneren in kleine Bläschen zerteilt werden. Das Pathogen ist endgültig in der Zelle angekommen. Statt mit Bakterien führte der ehemalige Post- doc am Pariser Institut Curie seine ersten Versu- che mit Giftstoffen, so genannten Toxinen, durch. „Der Übergang vom Giftstoff über Viren bis zu Bakterien bedeutet jeweils eine gewaltige Stei- gerung der Forschung in Komplexität und ­Größenordnung“, sagt der Forscher. „Es ist wichtig, von einfachen zu immer komplexeren Systemen überzugehen.“ Über die als Pathogene einge- setzten Viren habe er mit seinen Kolleginnen und Kollegen zeigen können, dass der beschrie- bene Weg der hauptsächliche Infektionsweg sei und dieser von speziellen Lipiden abhänge. Das Ziel all seiner Experimente ist die Erforschung der Endozytose, der Aufnahme von Molekülen in die Zelle, und der riesigen zellulären Maschinerie, die dabei in Bewegung gesetzt wird. Dass nicht nur Pathogene von außen den zellulären Appa- rat für sich nutzen können, davon ist der Wissen- schaftler überzeugt. Wenn er die einzelnen Schritte der Endozytose mit den unterschied­ lichen mikrobiellen und zellulären Faktoren kennt, hofft er, in einigen Jahren auch körper­ eigene Moleküle identifizieren zu können, die diesen Aufnahmeweg nutzen. „Im Moment ver- wenden wir die Pathogene als Mittel zum Zweck, als Highjacker, die die Maschinerie des Wirts übernehmen und manipulieren, um aus einer ­gesunden eine infizierte Zelle zu machen“, sagt Römer. Seinen Forschungen kommt zugute, dass die meisten Pathogene sich mit ihren Lektinen auf Zucker spezialisiert haben, die sie nutzen, um sich an die Zellmembran zu binden. Experi- mente mit modifizierten Bakterien ohne Lektine haben gezeigt, dass eine Bindung zwischen ­Erreger und Wirtszelle nicht zustande kommt. „Die Anzeichen verdichten sich, dass bakterielle Lektine für eine gelungene Invasion der Zelle ­unentbehrlich sind.“ Die menschliche Zelle als gutes Versteck Für die ersten Schritte der Zellinvasion sind die Experimente zum Nachweis der Endozytose bereits angelaufen. So auch für das Verhalten der Erreger nach dem Einnisten in die Zelle. Er passt sich in seinen Bläschen der Mikroum­ gebung an und „meidet die Verschmelzung mit den Kompartimenten der Zelle wie die Pest“. Vor allem Lysosomen, die als Abfallbeseitiger der Zelle alles zerstören, was nicht hineingehört, Zum Weiterlesen Römer, W./Pontani, L./Sorre, B./Rentero, C./ Berland, L./Chambon, V./Lamaze, C./Basse- reau, P./Sykes, C./Gaus, K./Johannes, L. (2010): Actin dynamics drive membrane reor- ganization and scission in clathrin-indepen- dent endocytosis. In: Cell 140/4, S. 540 – 553. Römer, W./Berland, L./Chambon, V./Gaus, K./ Windschiegl, B./Tenza, D./Aly, M. R./Fraisier, V./ Florent, J.-C./Perrais, D./Lamaze, C./Raposo, G./Steinem, C./Sens, P./Bassereau, P./Johan- nes, L. (2007): Shiga toxin induces tubular membrane invaginations for its uptake into cells. In: Nature 450, S. 670 – 675. ‚‚Der Übergang vom Giftstoff über Viren bis zu Bakterien bedeutet jeweils eine gewaltige Steigerung der Forschung in Komplexität und Größenordnung“ 14 uni'wissen 04