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uni'wissen 02(4)-2011

griechischen Komödien ausmachen. Deshalb sei es höchst wahrscheinlich, so der Freiburger ­Forscher, dass ein falsches Gesamtbild entstan- den sei. Sein Anreiz sei, ein neues, vielleicht vollkommen anderes Bild von der Gattung zu zeichnen. Antike Autoren werden einfach vergessen Die Komödien, die nur noch in Fragmenten existieren, wurden in der Zeit von 400 vor Chris- tus bis zur Zeitenwende gedichtet. Die Forscher- gruppe soll nicht nur die Inhalte dieser Werke rekonstruieren und übersetzen, sondern auch herausfinden, wann und warum sie verloren ­gegangen sind. Anders als allgemein vermutet wird, erklärt Zimmermann, seien nicht Biblio- theksbrände der Grund für die großen Verluste gewesen, sondern kulturpolitische Entwick­ lungen. Indem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeitgenössische Dokumente un- tersuchen, können sie nachvollziehen, wann ein Autor in Schulen, Reden und im Alltagsleben noch zitiert wurde und von welchem Zeitpunkt an nicht mehr. Damit erhalten die Forscher nicht nur einen Überblick über die Komödien selbst, ­sondern auch Einblicke in die Kultur- und Schul- politik jener Zeit. Die Arbeit gleicht einem schwierigen Puzzle- spiel: Die Altphilologinnen und Altphilologen müssen die Textfragmente analysieren und ­zuordnen, bevor sie sie interpretieren und über- setzen können. Dabei stoßen die Wissenschaftler auf drei verschiedene Arten von Fragmenten: Kleine überlieferte Texthinweise, manchmal nur einzelne Worte oder Verse, stammen von ­antiken Autoren, die aus den Komödien zitieren und ­somit Inhalte aus zweiter Hand wiedergeben. Daneben existieren Papyri aus der Zeit, in der die Komödien geschrieben wurden. Eine weitere Fundquelle sind die so genannten Palimpseste: Pergamenthandschriften, bei denen – aus Kosten- gründen, da Pergament sehr teuer und in der Herstellung aufwendig war – der ursprüng­liche Text ausgekratzt und mit einem neuen Text, oft mit christlichen Inhalten, überschrieben ­wurde. Moderne Lasertechnik macht das Überschriebene wieder sichtbar. Internationale ­Forschungsteams durchforsten zurzeit die ­Bibliotheken weltweit, um solche in Palimpsesten verborgene Texte ausfindig zu machen. Sie haben bereits den Schluss einer Komödie und den Anfang einer ­anderen entdeckt. Beide ­Fragmente werden nun in Freiburg inhaltlich analysiert. Papyrusrollen von der Müllhalde Die meisten schriftlichen Grundlagen für sein Forschungsprojekt erhält Zimmermann jedoch aus dem British Museum in London/England. Dort lagert die größte Sammlung an Komödienfrag- menten: antike Papyrusrollen, die britische ­Forscher 1877 in Ägypten beim Abtragen einer ­alten Müllhalde fanden. Die Schriftstücke waren im trockenen Sand konserviert worden und ­dadurch noch gut lesbar. Unter den Fragmenten befand sich auch die zuvor unbekannte Komödie „Dyskolos“ („Der Schwierige“) von Menander – voll- ständig auf einer ganzen Rolle erhalten. Ein Menander, hier auf einem Wandgemälde aus Pompeji, und Aristo- phanes sind die einzigen Dichter aus dem antiken Griechenland, von denen vollständige Komödien erhalten sind. Foto: Irelli et al. (Hrsg.) (1990): Pompejanische Wandmalerei. Stuttgart (Taf. 33) ‚‚Bisher waren nur Aristophanes und Menander bekannt, aber inzwischen kennen wir die Namen von 258 griechischen Komödienautoren“ 18