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uni'leben 03-2014

03 2014 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 8 campus Produkte finden Sie im Online-Shop: www.shop.uni-freiburg.de und in den Buchhandlungen Rombach und Walthari von Stephanie Streif Fin paar Klicks reichen, um Hel- dinnen und Helden en masse aus dem World Wide Web zu ziehen: die „Fashion Heroes“ von Pro Sieben zum Beispiel oder die Pop-Band „Wir sind Helden“. Auch die jugendlichen Feu- erwehrleute Brandenburgs werden im Netz als Helden gefeiert, wenn auch nur als „kleine“. Dann wären da noch die vielen „Fußballhelden“ zu erwäh- nen und – ganz wichtig – die Hornbrille tragenden Nerds, die als die „eigentli- chen Helden unserer Zeit“ gelten. Ein Held ist heute fast jeder, so scheint es. Oder wie sehen das Menschen um die 17 Jahre? Was macht einen Hel- den zum Helden? Damit hat sich ein Seminarkurs des Freiburger Berthold- Gymnasiums in Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich (SFB) 948 „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ der Albert-Ludwigs-Universität ein Schuljahr lang beschäftigt. Fünfzehn Schülerinnen und Schüler sitzen beisammen, kauen nachdenk- lich auf ihren Bleistiften herum und dis- kutieren. Ob es in einem Cyberkrieg überhaupt Gewalt und Helden geben könne, will Schul- und Kursleiterin Sy- bille Buske von ihnen wissen. Schwie- rig zu beurteilen, finden die Schüler. Anders als bei konventionellen Kriegen gebe es schließlich keine direkte Atta- cke. Das systematische Einschleusen von Trojanern, Würmern und Viren sei keine aktive Gewalt, findet Friede- rike Gauß. Die Folgen könnten aber den Menschen massiv schaden, hält Emma Bleile dagegen. Dass im Cyber- krieg verdeckt gekämpft werde, mache es außerdem schwierig, einen Helden zu identifizieren. „Seine Anonymität verhindert das Heldentum“, ergänzt Kristina Marquardt. Die Doktorandin vom Integrierten Graduiertenkolleg des SFB begleitet den Kurs zum The- ma Krieg und Frieden als Tutorin. „Hel- den brauchen immer ein Publikum“, betont sie. Handwerkszeug in Häppchen Dass die Universität Freiburg neuer- dings auch an Schulen lehrt, begründet Ralf von den Hoff, Professor für Klas- sische Archäologie und Sprecher des SFB, damit, dass sie ein Fenster zur Gesellschaft sein könne: „Helden soll- ten nicht unkommentiert und unhinter- fragt wahrgenommen werden, sondern als Problemfeld des Interkulturellen.“ Der Kurs soll aber nicht nur für das Helden- und Antiheldentum sensibilisie- ren, sondern die Schüler auch auf ein mögliches Studium vorbereiten – oder, wie Buske, die den Kurs inhaltlich ge- staltet hat, sagt: „Unsere Schüler haben schon jetzt die Gelegenheit, ein Stück Uni-Welt kennenzulernen.“ Sie besuch- ten während des Wintersemesters die Ringvorlesung „Krieg und Heldentum“ und erstellten eigene Mitschriften. Noch mehr „Uni-Luft“ schnupperten sie im Militärarchiv und in der Universitäts- bibliothek, wo sie erfuhren, wie man recherchiert, ohne sich in den Massen an Material zu verlieren. Im Kurs sollen die Schüler lernen, sich ein selbst gewähltes Thema wis- senschaftlich zu erarbeiten; sowohl mit einer Seminararbeit als auch mit einem Poster, anhand dessen sie zu Schuljahresende ihr Thema in einem Kolloquium erläutern sollen – anstelle einer mündlichen Abiturprüfung. Al- les, was sie dazu an Handwerkszeug brauchen, brachte ihnen Marquardt in Unterrichtseinheiten bei. Wer das eine oder andere Detail zwischenzeitlich wieder vergessen hat, bekommt auch in der Zehn-Minuten-Pause noch ein- mal erläutert, in welcher Reihenfolge Autor, Titel und Zeitschriftenausgabe im Literaturverzeichnis genannt gehö- ren und dass das „ff“ für „fortfolgende Seiten“ steht. Wirklich spannend sei der Methodenteil nicht gewesen, geben die meisten Schüler zu. „Aber praktisch.“ Immerhin beginne man nicht bei null, wenn es ans Studieren gehe. Arbeit in den Ferien schreiben Bei allen Schülern hat es Monate gedauert, bis sie das Thema gefun- den, die Fragestellung formuliert, die Literatur gesichtet und endlich die Arbeit geschrieben hatten. Viele hat das überrascht. Charlotte Thurner zum Beispiel, die für ihre 22 Seiten starke Arbeit über Sinti und Roma zur Zeit des Nationalsozialismus auch die Os- terferien gebraucht hat. Valerie Hart- mann erzählt, dass sie durch Zufall zu ihrem Thema gekommen sei: Sie habe das Buch „Tod aus der Luft“ gelesen, das unter anderem das Bunkerleben in der englischen Hauptstadt London beschreibt. Vor allem der vom Krieg geprägte Alltag der Kinder habe sie interessiert. Also habe sie beschlos- sen, der Frage nachzugehen, ob nicht auch die Kriegskinder als Helden zu bezeichnen sind – Helden eines total zerrütteten Alltags. Mit der Banalisie- rung von Heldentum, wie sie die Privat- sender in Formaten wie „Fashion Hero“ inszenieren, hat die historische Wirk- lichkeit von Kriegskindern jedenfalls nichts mehr zu tun. Cyberkrieg und Nerds mit Hornbrille Bei einem Projekt zum Thema „Helden“ lernen Schüler vor dem Abitur ein Stück Universität kennen Die Deutsche Forschungsgemein- schaft (DFG) richtet das Internationale Graduiertenkolleg „Kulturtransfer und ‚kulturelle Identität’ – Deutsch-russische Kontakte im europäischen Kontext“ und das Graduiertenkolleg „Funktionelle Di- versität von Cofaktoren in Enzymen“ an der Albert-Ludwigs-Universität ein. Das Internationale Graduiertenkolleg ist bun- desweit die erste gemeinsame Ausbil- dung von Doktorandinnen und Dokto- randen auf dem Gebiet der Geistes- wissenschaften, bei der Deutschland und Russland kooperieren. Das Gradu- iertenkolleg „Funktionelle Diversität von Cofaktoren in Enzymen“ will Enzyme untersuchen, die von bestimmten Mole- külen abhängig sind und sich durch strukturelle und funktionelle Vielfalt aus- zeichnen. Die DFG fördert die beiden Einrichtungen mit insgesamt knapp 7,8 Millionen Euro für jeweils viereinhalb Jahre. Mehr als 50 Doktoranden aus dem In- und Ausland werden dort forschen. Neue Perspektiven für Doktoranden www.regiochimica.uni-freiburg.de Regio Chimica, der deutsch-franzö- sische Studiengang der Universität Freiburg und der Université de Haute- Alsace in Mulhouse, erhält als beson- ders erfolgreiches Beispiel der grenz- überschreitenden Zusammenarbeit von Hochschulen am Oberrhein den Prix Bartholdi. Die Studierenden befassen sich außer mit Chemie und Nebenfä- chern wie Mathematik und Physik auch mit grenzüberschreitender Kommuni- kation, Team- und Projektmanagement sowie Präsentationstechniken. Interkul- turelle Module vermitteln Kenntnisse der politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Strukturen Frank- reichs, Deutschlands und der Schweiz. Der Prix Bartholdi ist der einzige Preis in der Hochschulregion am Oberrhein, der grenzüberschreitend verliehen wird, um die Kooperation im Dreiländereck sowie die Internationalisierung von Stu- dium und Berufsausbildung zu fördern. Der Förderverein „Promotion du Prix Bartholdi“ vergibt die Auszeichnung. Auszeichnung für binationalen Studiengang Wann ist ein Held ein Held? In Gruppen sammeln die Schüler Argumente. FOTO: THOMAS KUNZ Helden in der Schule Der Sonderforschungsbereich (SFB) 948 „Helden – Heroisierungen – He- roismen“ kooperiert mit drei Freiburger Schulen. In der ersten Projektphase unterstützt der SFB im laufenden Schul- jahr einen Seminarkurs des Berthold- Gymnasiums. Parallel dazu hat die Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule einen Projekttag zum Thema „Helden“ vorbereitet, der im Juli 2014 stattfinden www.sfb948.uni-freiburg.de soll. Ein weiterer Seminarkurs mit dem Ti- tel „My private hero“ ist für das kommende Schuljahr am Berthold-Gymnasium vorge- sehen. Auch das Deutsch-Französische Gymnasium plant, nach den Sommerferien gemeinsam mit dem SFB einen Kurs an- zubieten.

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