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uni'leben 01-2015

01 201501 2015 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 7campus Freiburger Psychologiestudenten haben untersucht, wie innere Werte das Kaufverhalten beeinflussen von Yvonne Troll Eine psychologische Studie? Das sind doch die, bei denen man am Ende gesagt bekommt, worum es wirklich ging.“ Dieser Reaktion eines Studenten konnte Niklas Gils- dorf nicht widersprechen, als er im vergangenen Sommer zwei Wochen lang in einer Einkaufszone Passan- tinnen und Passanten ansprach. Ge- meinsam mit seinem Kommilitonen Michael Waschto untersuchte der Freiburger Psychologiestudent, wie Konsumentinnen und Konsumenten mit hohem Umweltbewusstsein öko- logische Produkte bewerten und wie sie Informationen zu diesen Produkten verarbeiten. Lassen sie sich vom De- sign beeinflussen? Welche Rolle spielt die persönliche Einstellung zur Umwelt bei der Bewertung? Und führen ökolo- gische Werte dazu, dass jemand bereit ist, mehr Geld für ein „grünes“ Produkt auszugeben? Gilsdorf und Waschto befragten insgesamt 300 Testpersonen – 150 in Straubing und 150 in Mainz. Bis zu neun Stunden täglich sprachen sie potenzielle Probandinnen und Pro- banden an. Zunächst füllten diese ei- nen Persönlichkeitsfragebogen aus. „Wir wollten wissen, wie ausgeprägt die ökologischen Werte sind und wie sie das Urteilsvermögen prägen, wie leicht sich ein Konsument etwa täuschen lässt“, erklärt Gilsdorf. An- schließend sollten die Probanden eine Sonnencremeflasche bewerten. Ent- weder enthielt die vorgelegte Flasche laut Etikett ein ökologisches Produkt oder ein konventionelles. Danach be- kamen die Probanden eine negative Information dazu und sollten das Pro- dukt nochmals beurteilen. Das ökologische Gewissen blendet aus Damit war die offizielle Befragung abgeschlossen – den weiteren Ablauf sollten die Testpersonen nicht als Teil der Studie wahrnehmen: Als Danke- schön bekamen sie die Chance, bei einer Auslosung 30 Euro zu gewinnen, und sollten angeben, ob sie bereit sei- en, das gesamte Geld oder einen Teil davon zu spenden. „Die Persönlich- keit des Konsumenten ist entschei- dend“, sagt Waschto. „Menschen mit hoher ökologischer Motivation neigen dazu, negative Informationen über ein Produkt mit grünem Label zu vernach- lässigen. Ihre zweite Bewertung fiel nicht schlechter aus.“ Diesen Effekt könne man mit einer „kognitiven Pas- sung“ erklären: Das Produkt stimmt mit dem Selbstkonzept der Person überein. Dagegen verarbeiteten Kon- sumenten mit schwächer ausgepräg- tem Umweltbewusstsein die negativen Informationen und ließen sie in die zweite Bewertung einfließen. Moralische Balance bewahren Und was hat es mit den 30 Euro auf sich? „Kauft ein umweltbewusster Verbraucher ein Produkt mit grünem Image, erhöht das sein Selbstkonzept. Er tendiert danach zu weniger ethi- schen Entscheidungen, was zu einer geringeren Spendenbereitschaft führt“, berichtet Waschto. Heißt das, dass Menschen unbewusst eine Art morali- schen Ablasshandel betreiben? Micha- el Waschto lacht. „So ungefähr. Wenn derselbe Käufer ein konventionelles Produkt erwirbt, nimmt er das als Er- schütterung seines Selbstkonzepts wahr. Seine Spendenbereitschaft ist dann höher, weil er versucht, eine in seinen Augen unethische Kaufent- scheidung auszugleichen.“ Nicht zuletzt das grüne Flair Frei- burgs mit seinen ökologiebewussten Einwohnerinnen und Einwohnern brachte die Studenten auf die Idee zu dieser umweltpsychologischen Studie. Unterstützung fanden sie bei ihrem Betreuer Dr. Ulf Hahnel, der die Inter- aktion zwischen Umweltbewusstsein und Kaufverhalten erforscht. Gilsdorf testete zusätzlich, ob Konsumenten mit starken ökologischen Werten be- reit sind, mehr für ein nachhaltiges Produkt zu bezahlen. „Eindeutig ja“, sagt er. „Subjektive Werte steuern das Kaufverhalten. Solche Informationen sind sehr wertvoll für das Marketing. Schon ein grünes Label reicht aus, um diese Werte anzusprechen. Als Konsument sollte man sich dessen bewusst sein.“ Der US-amerikanische Werbetexter Leo Burnett traf demnach ins Schwarze mit seiner Aussage, ein Konsument wolle nicht wissen, wie gut das Produkt gemacht sei, sondern wie gut das Produkt ihn selbst mache. Balsam für die grüne Seele Sonnencremeflaschen mit konventionellem oder ökologischem Design: Die Gestaltung spricht innere Werte an – und beeinflusst damit die Konsumenten bei der Produktwahl. ILLUSTRATION: SVENJA KIRSCH Verband der Freunde Das Projekt wurde vom Verband der Freunde der Universität Freiburg ge- fördert. Der Verein wurde 1925 ge- gründet. Mit seinen etwa 800 Mitglie- dern und den von ihm verwalteten Stiftungen unterstützt er vor allem Studierende, zum Beispiel durch finanzielle Hilfen bei Exkursionen und Forschungsvorhaben oder durch Examensstipendien und Preise für hervorragende Leistungen. Die Populärkultur der Gegenwart kann mitunter recht verwirrend sein. Weltweit konsumieren Millionen von Menschen ihre Produkte zum Teil mit großer Hingabe und verstehen sie als festen Bestandteil der eigenen Le- benswelt. Musiker, Schauspieler und Sportler werden verehrt und dienen als Blaupause für Lebensentwürfe. Und doch scheint all dies nur eine Fol- ge ökonomischer Strategien zu sein. Schließlich sollen die Produkte erfolg- reich an die Frau beziehungsweise den Mann gebracht werden. Das vorliegende Beispiel macht dies- bezüglich keine Ausnahme – im Gegen- teil: Es verdeutlicht, wie Musik verwer- tet und vermarktet wird. Das Musical „Tommy“ basiert auf dem gleichnamigen Doppelalbum der britischen Rockle- gende „The Who“ aus dem Jahr 1969. Es erzählt die Geschichte eines taub- stummen und blinden Jungen, genannt Tommy, der trotz seiner körperlichen Einschränkungen das Spiel mit dem Flipperautomaten in all seinen Varianten erlernt. Aufgrund seines meisterhaften Könnens feiert ihn eine Schar euphori- sierter Fans als messianische Figur. Das Album entwickelte sich zu ei- nem großen kommerziellen Erfolg. Nur sechs Jahre später kam eine Filmver- sion in die Kinos. Die Musicalfassung feierte im Frühjahr 1993 Premiere am New Yorker Broadway und wurde von Kritik und Publikum positiv aufgenom- men. Weil es zu den Grundprinzipien des Musicalbetriebs gehört, mit einem populären Stück weitere Märkte zu erschließen, öffnete sich 1995 auch auf deutschem Boden der Vorhang für Tommy. Wie die Abbildung zeigt, flan- kierten eine Reihe von Erzeugnissen, die der Vermarktung dienen sollten, die Musicalproduktion: Programmhefte, Flyer, Plakate und Aufkleber. Bei sol- chen Begleitprodukten geht es darum, mithilfe eines ansprechenden Designs eine „Marke“ zu etablieren, die wiede- rum weitere Anreize für den Erwerb von Merchandiseartikeln schafft. Die Geschichte populärkultureller Produkte wäre aber nicht zu Ende er- zählt, wenn man es bei ökonomischen Überlegungen beließe. Die einzelnen Werke leben in den Vorstellungswelten der Konsumentinnen und Konsumen- ten weiter und werden oft im Kollektiv angeeignet. Dies lässt sich an Musical- fanklubs ebenso nachvollziehen wie an den vielen Coverversionen von Musi- calhits, die Laien produzieren und auf Youtube hochladen ‒ und die millio- nenfach angeklickt werden. Werk und Wertschöpfung uni’kat Das Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) der Universität Freiburg beherbergt unzählige Schätze – von Schellackplatten und Pop-Singles über Liederbücher und Schlagerhefte bis hin zu Musicalpostern. In einer Serie stellt Dr. Christofer Jost vom ZPKM besondere Exemplare aus den Sammlungen vor. Programmhefte, Flyer, Plakate, Aufkleber: Die Begleitprodukte zum Musical „Tommy“ sind ein Beispiel dafür, wie populäre Musik vermarktet wird. FOTO: THOMAS KUNZ www.zpkm.uni-freiburg.de Die Universität Freiburg vergibt in diesem Jahr zum achten Mal den Uni- versitätslehrpreis für besondere Leis- tungen in der Lehre. Mit dem Preis würdigt sie herausragende Lehrveran- staltungen, langjährig anerkannte Lehre auf hohem inhaltlichem und didakti- schem Niveau und innovative Lehrkon- zepte. Studierende und Lehrende kön- nen Vorschläge und Bewerbungen über die Studienkommissionen der Fakultäten bis zum 15. April 2015 ein- reichen. Das Preisgeld ist mit insge- samt 10.000 Euro dotiert und kann auf mehrere Preisträgerinnen und Preis- träger aufgeteilt werden. Diese können das Geld für Zwecke der Lehre an der Universität Freiburg nach freier Entschei- dung einsetzen. Vorschläge für den Lehrpreis gelten auch für den Landes- lehrpreis und den Sonderpreis für stu- dentisches Engagement des Ministeri- ums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Ausschreibung für herausragende Lehre www.uni-freiburg.de/go/lehrpreise Forum für starke Stimmen www.frias.uni-freiburg.de Gesellschaftliche Herausforderun- gen aufgreifen, den Beitrag der For- schung herausarbeiten, Wissenschaft im öffentlichen Diskurs eine Stimme geben: Das Freiburg Institute for Ad- vanced Studies (FRIAS) hat im Febru- ar 2015 das Veranstaltungsformat „Freiburger Horizonte“ gestartet. In Vorträgen und Diskussionen sollen Expertinnen und Experten die vielfäl- tigen Verbindungen und Wechselwir- kungen zwischen Forschung, Kultur, Wirtschaft und Politik aufzeigen. Die Veranstaltungen stehen allen Mitglie- dern der Universität sowie der interes- sierten Öffentlichkeit offen und sollen mehrmals im Jahr stattfinden. Die Themen der Vorträge knüpfen an ak- tuelle Forschungsschwerpunkte des FRIAS an. Die Reihe begann mit einer Rede des ehemaligen Bundesminis- ters Prof. Dr. Klaus Töpfer zum The- ma Energiewende. 012015012015

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