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uni'leben 03-2016

03 2016 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 5 Es ist eine besondere technische Herausforderung: eine Vorlesung, die zeitgleich an 13 verschiedenen Universitäten stattfindet und per Liveschaltung eine Diskussion er- möglicht. Koordiniert wird die digi- tale Veranstaltung von Ingo Henne- berg. Claudia Füßler hat mit dem Freiburger Politikwissenschaftler über das neue Format gesprochen. uni’leben: Herr Henneberg, wie ist die Idee entstanden, eine digitale Vorlesung an 13 Universitäten zu veranstalten? Ingo Henneberg: Der Anlass war ein Treffen der Arbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung im November 2015. Wir haben festgestellt, dass das Thema „Islamischer Staat“ (IS) viele von uns beschäftigt und auch die Studierenden sich dazu mehr Infor- mationen wünschen. Allerdings ist der IS ein recht junges Phänomen, die we- nigsten Unistandorte haben Leute mit entsprechender Expertise. So entstand die Idee einer gemeinsamen Veranstal- tung, die schnell zu einer digitalen Vor- lesung wurde. Ich hatte zuvor einige Weiterbildungen an unserer Freiburger Servicestelle E-Learning absolviert und dadurch einen guten Überblick über das, was technisch machbar ist. Ohne die Hilfe der Rechenzentren an den ver- schiedenen Universitäten wäre das For- mat überhaupt nicht möglich gewesen. Wie läuft die Vorlesung ab? Jeden Montagabend spricht eine Re- ferentin oder ein Referent an einem anderen Standort. Das wird per Video live an die restlichen Universitäten übertragen. Nach dem Vortrag können die Studierenden Fragen stellen und diskutieren. Das wird ebenfalls gefilmt und an die jeweils anderen Universitä- ten übertragen. In Freiburg findet die Veranstaltung als Proseminar statt – mit begrenzter Teilnehmerzahl. Aller- dings war das Interesse so groß, dass wir den Studierenden zusätzlich einen digitalen Zugang ermöglicht haben, um niemanden auszuschließen. Für alle gibt es einen digitalen Klassen- raum, in dem nicht nur die einzelnen Vorträge zur Verfügung stehen, son- dern auch die Pflichtlektüre und das Material der Referenten verfügbar sind. Wie kommt das Format bei den Studierenden an? Sie haben etwas gebraucht, um sich daran zu gewöhnen, dass sie selbst gefilmt werden. Zudem verlangt es ein bisschen mehr Konzentration, Rednerinnen und Rednern zu folgen, die auf einem Bildschirm statt vorne am Pult zu sehen sind. Wir haben vor der ersten Veranstaltung einen tech- nischen Probelauf gemacht, bei dem wie bei jeder guten Generalprobe ei- niges schiefging. Da waren die Erwar- tungen natürlich erst einmal gedämpft. Inzwischen laufen die meisten Sitzun- gen in Bild und Ton perfekt, und die Studierenden schätzen es, dass sie so viele Referenten mit verschiede- nen Perspektiven auf ein Thema zu hören bekommen. Interessant ist zu- dem, dass unsere Studierenden mit Kommilitoninnen und Kommilitonen von anderen Universitäten in Kontakt treten, die einen unterschiedlichen fachlichen Hintergrund haben. Das wollen wir weiter stärken. lernen von Claudia Füßler Welche Gegenstände und Bilder sollen gezeigt werden? Wie ord- net man sie am besten um eine Säule an? Und wie lang darf ein Text auf einer Schautafel sein? Die Fragen, mit denen sich einige Studierende der Judaistik und Altorientalischen Philologie be- schäftigt haben, sind für ihr Studium eher ungewöhnlich: Es galt, eine Aus- stellung zu gestalten. Die Idee dazu hatten Prof. Dr. Gabrielle Oberhänsli- Widmer und Prof. Dr. Regine Pruzsinszky von der Universität Freiburg. Die ehe- malige Synagoge in Sulzburg im Mark- gräflerland bot sich als Ausstellungsort an, es gab einen wissenschaftlichen Mitarbeiter, der die Planung unterstützen konnte, und ein für beide Fächer relevantes Thema war ebenfalls schnell gefunden: Das Team wollte den Besucherinnen und Besuchern die Erfahrungen jüdi- scher Exilantinnen und Exilanten von Babylonien bis Baden näherbringen. Gesagt, getan: Die Ausstellung war im Juni 2016 in Sulzburg zu sehen. „Das Projekt war eine ziemliche Herausforderung“, sagt Oberhänsli- Widmer, Professorin für Judaistik. „Normalerweise gehen die Studieren- den in ein Museum und kommen dann mit einem Bericht zu uns – diesmal aber wollten wir alles selber machen.“ Alles, das heißt: ein Konzept erstellen, die Gestaltung der Räume organisie- ren, sich um finanzielle Unterstützung bei Stiftungen kümmern, Ausstellungs- objekte beschaffen und versichern sowie Texte entwerfen. Geschichte in 3-D Dafür standen den Studierenden ein Kolloquium und zwei Übungen zur Ver- fügung. Raban Kluger, akademischer Mitarbeiter in der Judaistik, fuhr mit den Studierenden unter anderem ins Jüdische Museum und ins Antiken- museum nach Basel/Schweiz, in das Badische Landesmuseum in Karls- ruhe und zum Vitra- Design-Museum nach Weil am Rhein. „Sie soll- ten eine Vorstel- lung davon be- kommen, welches Konzept jeweils hin- ter einer Ausstellung steckt, um ein eige- nes entwerfen zu kön- nen“, sagt Kluger. Die Auswahl der Objekte und deren Präsentation war für die Studierenden spannend. „Sie kamen in engen Kon- takt mit verschiedenen Dokumentati- onstechniken und erlebten, wie auf- wendig zum Beispiel der 3-D-Druck ist“, berichtet Pruzsinszky, Professorin für Altorientalische Philologie. Ein High- light der Ausstellung sind Keilschrift- texte, die in kleine Tontafeln gedrückt sind. Dabei handelt es sich um Repli- ken von Alltagsdokumenten aus den Jahren 521 und 518 vor Christus, die zunächst in 3-D gescannt und anschlie- ßend ausgedruckt wurden – es kostete einige Druckversuche, um ein optima- les und vor allem lesbares Ergebnis zu erzielen. Angebote aus Breisach und Basel In der Kunst der Kürze mussten sich die Studierenden üben, als es ans Tex- ten der Ausstellungstafeln ging. Einen Bogen über 2.500 Jahre zu spannen, einen Text zu schreiben, der gleichzei- tig informativ und prägnant ist und e i n e n gewissen Anspruch auf Vollständigkeit hat, fällt auch erfahrenen Auto- rinnen und Autoren nicht leicht. „Das war ein lan- ger Prozess: Was nehmen wir mit, was muss raus, wie fasse ich mehrere Artikel zusammen, sodass das Wichtigste ver- ständlich vermittelt wird?“, sagt Pruzsinszky. Am Ende ist es den Ausstellungs- machern gelungen, in die Tiefe zu gehen und dennoch den Überblick zu behalten. Tamara Marwitz, die im vierten Semester Judaistik studiert, ist mit dem Ergebnis zufrieden: „Wir haben zwischenzeitlich ziemlich mit- einander gerungen, aber dann doch einen gemeinsamen Nenner gefun- den, sodass sich jetzt für den Besu- cher ein schlüssiges Gesamtbild er- gibt.“ Die thematische Klammer der Ausstellung ist das Landjudentum. In unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Dimensionen wird die Frage beantwortet, was Exil eigent- lich bedeutet. Die monatelangen Anstrengungen wurden belohnt: Die Resonanz auf die Ausstellung war durchweg positiv; das Blaue Haus in Breisach und das Jüdische Museum in Basel wollen die Arbeit der Freiburgerinnen und Frei- burger ebenfalls zeigen. Und die tüfteln bereits an der nächsten Aus- stellung? „Irgendwann sicher wieder“, sagt Oberhänsli-Widmer und lacht, „aber fürs Erste machen wir als Kura- torinnen Pause.“ Schau an In Bild und Ton Die Universität Freiburg koordiniert eine digitale Vorlesung über den Islamischen Staat Gut vernetzt: Ingo Henneberg koordiniert eine digitale Lehrveranstaltung, an der 13 Universitäten beteiligt sind. Besonders fruchtbar findet er den Austausch zwischen Studierenden, die einen unterschiedlichen fachlichen Hintergrund haben. FOTO: PATRICK SEEGER Die ehemalige Synagoge in Sulzburg verwandelte sich in ein Museum – gezeigt wurden unter anderem das Buch „Die kleine Raupe Nimmersatt“ auf Hebräisch, die Replik einer Tafel aus dem 5. Jahrhundert nach Christus und ein dreidi- mensional angefertigter Abdruck einer Keilschrift. FOTOS: PATRICK SEEGER Studierende haben eine Ausstellung über die Erfahrungen jüdischer Exilanten von Babylonien bis Baden entworfen ger Prozess: Was nehmen wir mit, was muss raus, wie fasse ich mehrere Artikel zusammen, sodass das Wichtigste ver- ständlich vermittelt wird?“, sagt FOTOS: PATRICK SEEGER einen Text zu schreiben, der gleichzei- tig informativ und prägnant ist und e i n e n gräflerland bot sich als Ausstellungsort an, es gab Badische Landesmuseum in Karls- ruhe und zum Vitra- lung davon be- kommen, welches Konzept jeweils hin- ter einer Ausstellung steckt, um ein eige- nes entwerfen zu kön- nen“, sagt Kluger. 032016

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