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uni'leben 01-2016

01 2016 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 14 versum Abgelichtet FOTO: SANDRA MEYNDT Präzises Pausieren Abgehört von Rimma Gerenstein Böse Zungen könnten Sie also als „Nullnummer“ bezeichnen. Nicht alles, was Zahlen und Num- mern hat, ist automatisch ein Heilsbringer. Denken Sie doch nur mal an die allseits gefürchtete 13. Immerhin bin ich – verglichen mit Fransenschals, verdreckten Jutetaschen oder halb gegesse- nen Apfelsinen – der elegantere Platzwart. Nach 60 Minuten dürfen Nutzer die Utensilien der Vorgängerin oder des Vorgängers zur Seite schieben und den Platz be- setzen. Klappt das? Ja, das läuft recht gesittet ab. Freilich sind manche Feinhei- ten noch zu klären: Sind die Limoflasche und der Schoko- riegel bei der Platzübernahme inklusive? Und gehört das Smart- phone nun dem Vorgänger oder dem Nachfolger? In dem ganzen Gewusel In der Universitätsbibliothek (UB) Freiburg ist der Takt eingekehrt: Seit Februar 2016 dürfen Studie- rende die kostbaren Arbeitsplätze nicht mehr den lieben langen Tag belegen. Wer sich vom Schreibtisch entfernt, muss auf einer Pausenuhr die Zeit seiner Rückkehr angeben. Rimma Gerenstein hat einen der roten Chronometer bei der Arbeit besucht. uni’leben: Guten Tag, Pausenuhr. Pausenuhr: Können Sie etwa keine Uhr lesen? Es ist mitten in der Nacht. Da gehen Sie aber falsch. Es ist ja noch hell draußen. Diese Rotzlöffel! Es passiert immer wieder, dass mich die Studierenden verstellen. Mir ist schon ganz schwum- merig. Ich bin ja nur für eine Abstinenz von maximal einer Stunde gut, da wer- den die Leute schnell mit der Dreh- scheibe kreativ. können Objekte leicht mal die Besitzerin oder den Besitzer wechseln. Bodenhaltung: Seit die neue Stadtbahnlinie 4 die Technische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität im Freiburger Westen anfährt, kommt auch Roboter Nao mit der Straßenbahn zur Arbeit. Dort erwartet ihn die Arbeitsgruppe Autonome Intelligente Systeme, die zum Beispiel erforscht, wie er sich selbstständig in unterschiedlichen Umgebungen bewegen kann. von Rimma Gerenstein nen Apfelsinen – der elegantere von Rimma Gerenstein Böse Zungen könnten Sie also Heilsbringer. Denken Sie doch FOTO: PATRICK SEEGER Wo haben Sie in Freiburg am liebsten gelernt, getanzt und gegessen? Gelernt habe ich fast ausschließlich in der Bibliothek des Deutschen Seminars, getanzt habe ich auf den Fachschaftsfeten, und gegessen habe ich meistens in meinem jewei- ligen Zuhause – wenn ich genug Geld hatte, im „Grünhof“. Welche Erkenntnis aus Ihrer Studienzeit hat Sie nachhaltig geprägt? Es sind zwei: erstens, verschiedenste Formen des Zusammenlebens nicht nur theoretisch gut zu finden, sondern praktisch erproben zu können – sei es im Wohnheim, sei es in Wohngemeinschaften (WGs), sei es in der selbst organisierten, unabhängigen Siedlungsinitiative (SUSI) im Vauban, wo ich fünf Jahre gewohnt habe. Bis heute lebe ich mit Kind und Kegel in einer WG. Zweitens: diese wunderbare und nie enden wollende Horizonterweite- rung in den Seminaren, Vorlesungen und Arbeitsgruppen. Welchen Rat würden Sie Studierenden geben? Wenn möglich, auch in anderen Fächern Vorlesungen und Seminare zu besuchen und die Profs so lange zu nerven, bis sie das für das eigene Studienfach anerkennen. Ohne den Besuch von theologischen und juris- tischen Seminaren hätte ich nicht gewusst, dass Philosophie tatsäch- lich das Richtige für mich ist, ohne einige tolle Veranstaltungen in Musikwissenschaft wäre mein Germa- nistikstudium lange nicht so schön gewesen, und ohne die vielen Soziologievorlesungen hätte ich mein Politikstudium weder ertragen geschweige denn beendet. Was ist schade daran, kein Student mehr zu sein? Nichts. Ich habe wahnsinnig gerne studiert und war trotzdem froh, als das Studium fertig war. „Typisch Student“ war zu meiner Zeit … Es gab noch Ausläufer des „lang- haarigen Bombenlegers“ und natür- lich den gern geäußerten Vorwurf des Dem-Staat-auf-der-Tasche-Liegens. „Typisch“ an den damaligen Studie- renden fand ich die an tatsächlich jede und jeden gestellte Frage: „Was studierst du denn so?“ Jess Jochimsen, 1970 in München geboren, studierte von 1991 bis 1997 Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie in Freiburg. Bereits während des Studiums trat er regelmäßig auf Kleinkunstbühnen auf und schrieb Zeitungskolumnen. Er lebt als freischaffender Autor, Kabarettist, Fotograf und Musiker in Freiburg. Abgefragt FOTO: FELIx GROTELOH Alumni antworten: Jess Jochimsen Die UB setzt die Pau- senuhren derzeit im Testbetrieb ein, Sie sind also möglicher- weise nur eine tem- poräre Lösung. Meine Zeit läuft ab – die Ironie ist mir nicht ent- gangen. Dafür nutze ich meine Stunden produk- tiv und überlege mir, wo ich als Nächstes zum Einsatz kommen könnte. Als Parkuhr vielleicht? Das würde meinen Job erheblich erleichtern – immerhin gibt es auf der Straße Politessen und Politeure. Vor vier Jahren ist an dieser Stelle ein Beitrag erschienen, der sich dem Thema „Abkürzungen“ an der Univer- sität Freiburg gewidmet hat. Seitdem ist viel passiert. Der Trend ist nun, umständliche Namen so zu verkürzen, dass ein neuer und – zumindest in der Gedankenwelt der Schöpferinnen und Schöpfer – aussagekräftiger Begriff entsteht. Eine Institution ist FIT, die nächste FAST, eine weitere hat ein FACE. Wahres Pathos zeigen Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihren Forschungs- und Lehrprojek- ten: MASTER verspricht Kompetenz, SMILE gute Laune, SONATE Harmo- nie, TREASURE-WATER Nachhaltig- keit, TIAMO die große Liebe und A-PARADDISE gar das Seelenheil. Manchmal ist die Absicht erkennbar, die Umsetzung jedoch scheitert: FRAUW. Und in seltenen Fällen spricht die Abkürzung Bände. Man nehme nur die VS, leicht zu verwech- seln mit vs. – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch Gerüchten zufolge wollen die universitären Gremien demnächst reagieren. Sie erarbeiten eine künftig für alle Institutionen und Projekte gültige „Handlungsrichtlinie gegen Abkürzungen, ergänzt um einen Leit- faden zur Titelfindung“ – kurz: HALT. Abgelästert von Nicolas Scherger Verkürzt FIT Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien FAST Freiburg Academy of Science and Technology FACE Freiburg Advanced Center of Education MASTER Management ständiger Erreichbarkeit SMILE Smartphones in der Lehre SONATE Soziale Nachbarschaft und Technik TREASURE-WATER Trans-regional environmental awareness for sustainable usage of water resources TIAMO Trapping Ions in Atoms and Molecules Optically A-PARADDISE Anti-Parasitic Drug Discovery in Epigenetics FRAUW Freiburger Akademie für Universitäre Weiterbildung VS Verfasste Studierendenschaft vs. versus – laut Duden: gegen, gegenüber; im Gegensatz zu 012016

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