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uni'leben 05-2012

05 2012 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 10 von Claudia Füßler Von ihrem Studium der Islamwissen- schaft war Johanna Pink zunächst nur mäßig begeistert. „Ich war ziemlich enttäuscht, wie wenig gegenwartsbe- zogen gelehrt wurde. Auch die Sprach- vermittlung war sehr von der Altphilo- logie geprägt“, sagt die Professorin für Islamwissenschaft und Geschichte des Islam am Orientalischen Seminar der Universität Freiburg. Sie lernte Ara- bisch, Türkisch und Persisch an den Universitäten Erlangen und Bonn, doch so recht überspringen wollte der Funke nicht. Dafür musste sie erst nach Jor- danien reisen, drei Jahre nach Studien- beginn. Während ihres Auslandsjahrs am Sprachenzentrum der Universität Amman packte sie die Begeisterung. Als sie – wieder in Deutschland – ihre Magisterarbeit zur Stellung des Baha’i- Glaubens, einer aus dem Islam entstan- denen Religion, in Ländern der arabi- schen Welt schrieb, wusste sie: „Das ist es, was ich machen will.“ Korankommentare analytisch einordnen Ihre Promotion verfasste die heu- te 38-jährige Mutter von drei Kindern über neue Religionsgemeinschaften aus dem christlichen und islamischen Spektrum in Ägypten. „Darüber findet man in der islam- und religionswissen- schaftlichen Forschung kaum etwas. Ich habe damit komplettes Neuland betreten.“ Anschließend forschte sie zu islamischer Bildung im Graduier- tenkolleg „Globale Herausforderungen – transnationale und transkulturelle Lö- sungswege“ an der Universität Tübin- gen, bevor sie ans Institut für Islamwis- senschaft der Freien Universität Berlin wechselte. Dort genoss sie viel Frei- raum, was ihr die Möglichkeit gab, sich wissenschaftlich zu entfalten. „Irgend- wann bin ich auf das Thema ‚moder- ne Koranexegese‘ gestoßen und war sofort angetan, auch diesmal wieder, weil es dazu kaum etwas gab – nichts, was geholfen hätte, Korankommentare analytisch einzuordnen.“ Johanna Pink entschied sich für die- sen Forschungsschwerpunkt, auch, weil sich die Arbeit gut mit der Fami- lie vereinbaren ließ und weil sie es reizvoll fand, gleich mehrere erlern- te Sprachen nutzen zu können. Ihre Aufmerksamkeit galt von da an einem Korpus von elf sunnitischen Korankom- mentaren aus der Türkei, Indonesien und der arabischen Welt, die seit den 1960er Jahren erschienen waren. Sie interessierte sich besonders für Äuße- rungen, die sich auf die Eigenschaften der Gläubigkeit bezogen. Die Analyse entsprechender Kommentare streift ein breites Themenspektrum: Was sind die Bedingungen für die Heilserwar- tung, wie werden Muslime von Nicht- muslimen abgegrenzt, wie geht man mit Quellen um, welche Rollen wer- den den Geschlechtern zugeordnet? „Ich habe zudem versucht, das Ganze in den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext einzuordnen, in dem der Autor gearbeitet hat.“ Unterschiede in den Sprachräumen Pionierarbeit hat sie auch mit der Entwicklung analytischer Kategori- en geleistet: Neben dem klassischen Gelehrtenkommentar, in dem sich ein einzelner Gelehrter an ein akademi- sches Publikum wendet, hat sie den Autorität beanspruchenden Kommentar staatlicher Institutionen klassifiziert, der von einer Gruppe von Autoren für ein breites Publikum verfasst wird. Eine dritte, populäre Form der Koranexe- gese findet in Presse, Radio und Fern- sehen statt: Woche für Woche lesen und kommentieren Gelehrte Koranver- se für ein breites, nichtakademisches Publikum. Auch Unterschiede in den Sprachräumen konnte Pink in dieser Forschungsarbeit, aus der schließlich ihre Habilitation wurde, ausmachen: „Modernistische Tendenzen sind in der Türkei am meisten verbreitet, weniger in der arabischen Welt. Dort wiederum sind polemische Positionen gegenüber Nichtmuslimen am auffälligsten.“ Pink sieht eine der Ursachen dafür in der jeweiligen Struktur der akademischen Theologie. Während in den türkischen Lehrplänen auch Fächer aus den Sozial- und Geisteswissenschaften ihren Platz hätten, suche man derlei in den Cur- ricula der arabischen Welt vergeblich. Mit ihrer Forschung hat Johanna Pink Aufsehen in der Fachwelt erregt. Seit 2011 ist sie Heisenberg-Stipen- diatin der Deutschen Forschungsge- meinschaft. Ihre Professur am Ori- entalischen Seminar der Universität Freiburg hat sie zum Wintersemester 2012/13 angetreten. Die Freiburger Studierenden werden sie als Dozen- tin nicht nur in der Einführungsvor- lesung erleben. „Ich unterrichte ein breites Spektrum, wobei im laufenden Semester der Schwerpunkt auf Is- lam und Bioethik, der modernen Ko- ranexegese und den Nichtmuslimen unter muslimischer Herrschaft liegt.“ Zudem wird sie weiter intensiv wis- senschaftlich arbeiten: „Momentan interessieren mich die Übersetzun- gen des Korans aus dem Arabischen in andere Sprachen der islamischen Welt. Da gibt es viele hochspannende Fragen, die ich hoffe, ein wenig klä- ren zu können.“ In Freiburg angekommen: Johanna Pink erforscht derzeit Übersetzungen des Korans aus dem Arabischen in andere Sprachen der islamischen Welt. Foto: Kunz menschen von Ulla Bettge Buchstaben sind das A und O für Franz Ehret, von bleischwer bis federleicht sozusagen. Das ist für den 64-jährigen Schriftsetzer und ehemali- gen Technischen Leiter der Universität selbstverständlich. Schon vom Vater und Großvater her kennt er den pro- fessionellen Umgang mit Bleilettern, Winkelhaken, Ahlen, Tusche und Fe- derhaltern. Der Großvater war Leiter der Setzerei, Druckerei und Buchbinderei im Hause Herder, der Vater Betriebs- leiter einer Druckerei in Emmendingen. Dort lernte auch der Sohn im Handsatz Visitenkarten, Briefbögen, Rechnungs- formulare, Prospekte und Bücher zu fertigen. Während seiner Lehre übte er sich außerdem in der Kunst des Schrift- schreibens, der Kalligrafie. Bis sie zu seinem Hobby und auch für die Ge- staltung von Urkunden der Freiburger Universität interessant wurde, sollten jedoch noch ein paar Jahre vergehen. Ein zweites Leben fängt an Zwar lernte Ehret in den 1960er Jah- ren bei Alfred Riedel, einem renom- mierten Schriftschreiber – von ihm stammen unter anderem die Inschrift auf dem Bertoldsbrunnen und weite- re Inschriften am Friedhof –, aber zu- nächst hatte er noch andere Prioritäten. „In diesen Jahren fing mein zweites Leben an“, sagt Ehret. Von 1967 bis 1971 bereitete er neben der Arbeit in Abendkursen sein Abitur an der Volks- hochschule Freiburg vor und plante, Grafik und Drucktechnik zu studieren. Es kam aber ganz anders. „Ich dachte, die hätten mich längst vergessen, aber mit 23 musste ich zur Bundeswehr. Da blieb ich zwölf Jahre hängen.“ Der ge- lernte Setzer studierte Maschinenbau mit Fachrichtung Luft- und Raumfahrt- technik an der Bundeswehrhochschule in München. Nach seinem Abschluss als Diplomingenieur arbeitete er wei- tere fünf Jahre als luftfahrzeugtech- nischer Offizier beim Transporthub- schrauberregiment 25 „Oberschwaben“ in Laupheim. Sein Ressort war die In- standsetzung schwerer Transporthub- schrauber für Truppentransporte und Katastropheneinsätze. Während dieser Zeit erwarb er den Pilotenschein für Privatflugzeuge, den er in den folgenden 30 Jahren mit großer Begeisterung nutzte. Mit zwei- bis viersitzigen Motorflugzeu- gen und Motorseglern machte er regel- mäßig Rundflüge über Schwarzwald und Bodensee, aber auch Flugreisen nach Südfrankreich, Spanien und zu anderen Zielen am Mittelmeer. „Das Schöne daran war, dass ich das Flie- gen mit meinem zweiten Hobby, dem Fotografieren, verbinden konnte.“ Für die Universität machte er ab und zu Luftaufnahmen von Anlagen und In- stituten, zum Beispiel von der alten Uni-Bibliothek. Nach seiner Bundes- wehrzeit bewarb sich der bodenstän- dige Südbadener unter anderem aus familiären Gründen in Freiburg und be- kam 1983 den Posten des Leiters des Technischen Gebäudemanagements an der Universität Freiburg. Damit war er zuständig für die Wartung und Instandsetzung sämtlicher gebäude- technischer Anlagen der Starkstrom-, Schwachstrom- und Haustechnik. Aber nicht nur – die Kalligrafie holte ihn wieder ein. Es begann 1984 mit dem „Goldenen Buch“ der Universität: Bei Anlässen wie Rektorenwechseln, dem Dies Universitatis oder bei Vorträ- gen von Prominenten gestaltete er re- gelmäßig Einträge in einer selbst ent- wickelten Schreibschrift. Dazu kamen Urkunden zu besonderen Gelegenhei- ten, wie etwa Auszeichnungen, die von der Universität vergeben wurden. Rennradfahren aus Leidenschaft In 28 Jahren im Technikmanage- ment ist das Kreieren von Urkunden zu einem Hobby geworden, das Franz Ehret, der sich inzwischen in der Frei- stellungsphase der Altersteilzeit befin- det, begeistert und für das er sich viel Zeit nimmt. „Das ist sehr arbeitsintensiv – alles in allem kann es vom Vorent- wurf bis zum Fertigprodukt bis zu zehn Stunden dauern, eine Urkunde zu er- stellen.“ Er arbeitet mit Bleistift, hölzer- nem Federhalter, Kunstschrifttusche, Malfarben und natürlich mit Goldfarbe, mit der mittels Feinstpinselchen Na- men und Titel ausgeschmückt werden. Das ist aber nicht die einzige Art von künstlerischer Freizeitgestaltung: Der Altersteilzeitler singt außerdem im Uni- und Kirchenchor, tanzt „bei voller Kon- zentration“ im Keller des Hauses im Freiburger Westen mit seiner Partnerin Cha-Cha-Cha und teilt mit ihr die „gro- ße Leidenschaft“ des Rennradfahrens – im Schwarzwald und im Kaiserstuhl, in den Alpen, auf Mallorca und anderswo, „immer mit Bergen dabei“. Das ist noch nicht alles: Für Part- nerschaftsprojekte seiner Kirchenge- meinde „Heilige Familie“ im peruani- schen Lima ist er immer wieder mal vor Ort und dokumentiert danach, wie es dort war. Nicht mithilfe von Urkunden, aber auf Postern in Bild und Schrift – Schreibschrift, wohlgemerkt. Der Kalligraf Franz Ehret fertigt eine Urkunde für den Alumni-Verein an. Foto: Bettge Lebenslinien – bleischwer bis federleicht Franz Ehret, ehemaliger Leiter des Technischen Gebäudemanagements, gestaltet als Kalligraf Urkunden für die Universität Blick auf die Gegenwart Johanna Pink ist neue Professorin für Islamwissenschaft und Geschichte des Islam am Orientalischen Seminar der Universität Freiburg

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