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uni'leben 05-2013

05 2013 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 8 Clara Zipplies, Psychologie, 7. Semester: „Der IndiTrack war das beste Jahr meines bisherigen Studiums. Ich konnte in alle möglichen Fächer hi- neinschnuppern, habe viel gelernt und mit den anderen tolle Diskussionen geführt. Falls ihr darüber nachdenkt, auch am IndiTrack teilzunehmen: Macht es! Das Jahr ist keineswegs ver- schwendet, sondern bereichert euch und euer Studium.“ campus ‚‚Fördernd und fordernd‘‘ Umfrage von Isabell Wiedle, Fotos von Maria Deinert Martin Jank, Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft und Geschichte, 6. Semester: „Das IndiTrack-Jahr war ein Sam- melsurium verschiedener Eindrücke, die meisten toll, ein paar wenige ent- täuschend – aber nichts, woraus man nicht lernen könnte. Wir haben Fächer, Veranstaltungen und Dozentinnen und Dozenten jedweder Couleur ken- nengelernt und dann in der Gruppe gemeinsam über unsere Erfahrungen gesprochen. Im IndiTrack konnte ich mein fachfremdes Wissen erweitern und dabei eigene Schwerpunkte set- zen. Alles in allem ein lohnendes, an- spruchsvolles und bisweilen anstren- gendes Jahr gemeinsamen Lernens und Wachsens. Ich hoffe, ich kann die neuen Erfahrungen jetzt auch in mein Hauptstudium einbringen.“ Maria Deinert, Biologie, 5. Semester: „Kurz gefasst: Es war super! Ich habe die letzten zwei Semester viel gelernt, was mir nicht nur bei meinem Biologiestudium, sondern auch später hilfreich sein wird. Vor allem Medizin- geschichte und Anthropologie haben viel Spaß gemacht. Was ich nach dem Jahr vermissen werde, sind die Diskus- sionen mit den anderen IndiTrackern – da gab es immer viel Zunder und viel zu lachen.“ Rebecca Knecht, Islam- wissenschaft und Psychologie, 7. Semester: „Fördernd und fordernd zugleich. Wenn man sich in alle Richtungen ausprobieren kann, sind Momente der Überforderung programmiert. Glück- licherweise verflüchtigt sich dieses Gefühl schnell wieder und hinterlässt dafür eine neue Erkenntnis. Da der In- diTrack auch für eventuelles Scheitern einen geschützten Rahmen bietet, war er für mich ideal, um einen passen- den Schwerpunkt für mein Studium zu finden.“ Verena Kern, Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte, 6. Semester: „Ob Psychologie, Archäologie oder pharmazeutische Wissenschaften: Mein IndiTrack-Jahr war definitiv sehr vielseitig. Sehr gut hat mir ein ethisch- philosophisches Seminar gefallen, in dem über Sterbehilfe und Organ- transplantation diskutiert wurde. Als Germanistin neigt man doch schnell mal dazu, im Elfenbeinturm zu ver- schwinden. Durch den IndiTrack hatte ich die Chance, über Wissenschaft im Allgemeinen und mein eigenes Fach nachzudenken und zu reflektieren. Ich bin für dieses zusätzliche Jahr dankbar und habe das Gefühl, dass in mir Ge- danken und Kompetenzen herangereift sind, die für mein weiteres Studium sehr hilfreich sein werden.“ Der Interdisciplinary Track, kurz IndiTrack, des University College Freiburg ermöglicht Bachelor- studierenden, ein Jahr lang in andere Studiengänge hineinzuschnuppern – ein Fazit nach der Pilotphase von Verena Adt Wer denkt, Multitasking sei nichts für Männer, sollte Pablo Rodrigo Grassi kennenlernen. Der 24-jährige Argentinier, der seit 2009 in Frei- burg studiert, hat seinen Bachelor of Science in Biologie gemacht und ist nun im dritten Semester seiner Mas- terausbildung. Parallel zum Biologie- studium hat er alle Pro- und Hauptse- minarscheine in Philosophie erworben. Neben diesem Pensum hat Grassi in den vergangenen vier Jahren fünf fä- cherübergreifende Seminare und fünf Blockseminare selbstständig organi- siert, dazu eine öffentliche Vortragsrei- he, die demnächst vielleicht in Buch- form erscheint. Bis zu 20 zusätzliche Arbeitsstunden je Woche hat ihn das gekostet. Einen Job als wissenschaft- liche Hilfskraft hatte er zeitweise auch. Bei all dem hat der junge Mann, so versichert er, ein normales, ausgefüll- tes Privatleben – mit Freundinnen und Freunden, einem Hund, Wander- und Radausflügen und dem Besuch von Jazzkonzerten. Wie ein Stachanowist – ein übereifri- ger Vorzeigearbeiter in der ehemaligen Sowjetunion – sieht Grassi nicht aus. Entspannt sitzt er in einem Freiburger Café. Schlaksig, freundliche braune Augen hinter einer randlosen Brille, ge- pflegter Dreitagebart und eine stroh- gelbe Schildmütze. Sein Deutsch spru- delt fehlerfrei und nuanciert. Kaum ein Hauch von Akzent, allenfalls die raumgreifende Gestik verrät die Zuge- hörigkeit zu einer südlicheren Kultur. Grassi wirkt lebhaft und offen, aber nicht getrieben. Eigene Wege gehen Warum so viel Aufwand? Die Ant- wort liegt in Grassis Unvermögen, sich thematisch einzuschränken. Der Wahl- Freiburger aus Buenos Aires ist ein Grenzgänger – geografisch wie intel- lektuell. „Ich habe mich schon immer für Biologie und für Philosophie inter- essiert“, sagt er. Die Betonung liegt auf „und“. Die Entscheidung für Biologie als Studienfach konnte für ihn nicht be- deuten, erkenntnistheoretische Fragen aufzugeben. Er sieht keinen Sinn in der strengen Trennung von Natur- und Geisteswissenschaften. Die Biologie allein kann die Fragen nicht beantwor- ten, die ihn beschäftigen: Was ist das Leben? Welche Bedeutung hat der Mensch in der Natur? „Ich wollte meinen eigenen Weg ge- hen, und es war mir wichtig, das mit anderen Studierenden zu tun. Ange- fangen habe ich im Wintersemester 2009 mit einer kleinen Diskussionsrun- de von einem halben Dutzend Freun- den“, erinnert er sich. Sie trafen sich bei ihm zu Hause – Studierende der Physik und Biologie, der Philosophie und Germanistik. Sie diskutierten Fra- gen wie: Was ist eigentlich Leben, und worin besteht der Unterschied zum Unbelebten? Lässt sich die Komplexi- tät des Lebendigen auf physikalische Gesetze reduzieren? Besitzt das Or- ganische einen inhärenten Wert? Kann man Lebewesen wie Maschinen kon- struieren? Ein halbes Jahr später wurde ein Seminar daraus, zu 100 Prozent von Studierenden verschiedener Fach- richtungen getragen, lehrkräftefrei. Es stand nicht im Vorlesungsverzeichnis, es gab keine Leistungspunkte. Den- noch hatte es an die 20 Teilnehmerin- nen und Teilnehmer. Von da ging es mit Grassis Projekt, das er „Das Phänomen des Lebens“ nannte, richtig los. Im Win- tersemester 2011 erkannten manche Fakultäten die Teilnahme bereits als Leistung an, und der Innovationsfonds für Studium und Lehre der Universität bewilligte finanzielle Unterstützung für drei Semester. Auch Lehrende kamen oft zu den Seminaren, weil sie den hie- rarchiefreien Austausch verschiedener Disziplinen bereichernd fanden. Dass er nun den Sonderpreis für herausragendes studentisches Engagement 2013 der Universität Frei- burg bekommt, ist für den ehemaligen Waldorfschüler eine schöne Aner- kennung. Aber wichtiger ist ihm, dass sein Beispiel andere Studierende dazu ermutigt, selbstständig Themen zu entwickeln, die sie interessieren, und Seminare zu organisieren, ob sie nun offiziell anerkannt würden oder nicht. Es sei wichtig für Studierende zu wis- sen, „dass man seinen eigenen Weg einschlagen kann“. Grenzgänger mit Talent für Multitasking Fragen nach dem Leben kann die Biologie allein nicht beantworten, fand der Student Pablo Grassi – und organisierte disziplinübergreifende Seminare Pablo Grassi hat in den vergangenen vier Jahren in seiner Freizeit elf Lehr- veranstaltungen organisiert. Zeit, um mit seinem Hund spazieren zu gehen, hat er trotzdem. Foto: Patrick Seeger

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