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uni'leben 04-2014

04 201404 2014 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 7 FOTO: SANDRA MEYNDT Mängelexemplar mit Kultstatus uni’katDas Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Universität Freiburg beherbergt unzählige Schätze – von Schellackplatten und Pop-Singles über Liederbücher und Schlagerhefte bis hin zu Musicalpostern. In einer Serie stellt Dr. Christofer Jost besondere Exemplare aus den Sammlungen vor. Adrett gekleidet und mit bübischem Lächeln treten die vier Musiker auf dem Plattencover in Erscheinung. In grellgelber Farbe wird der Name der britischen Band präsentiert: Die Beatles. Es handelt sich um die im Frühjahr 1964 erschienene Vinyl-Single „Komm, gib mir deine Hand“ der Liverpooler Poplegen- den. Sie enthält in deutscher Sprache gesungene Versionen ihrer Hits „I Want to Hold Your Hand“ und „She Loves You“ ‒ ein Tatbestand, mit dem auf dem Cover selbst geworben wird („Erste deutsche Original-Aufnahme“). Die für den deutschen Musikmarkt zuständige Plattenfirma ging seinerzeit davon aus, dass der Band ein Erfolg in heimischen Gefilden nur mithilfe deutschsprachiger Texte beschieden sein könnte. Man irrte jedoch: Die Originalversionen erwiesen sich letztlich als ertragreicher. Das Medium der Vinyl-Single spielte über Jahrzehnte hinweg eine entschei- dende Rolle in der Verbreitung und Prä- sentation populärer Musik. Sein Sieges- zug begann in den frühen 1950er Jahren und endete erst Mitte der 1980er Jahre, als die CD zum primären Trägermedium populärer Musik avancierte. Dieses wur- de in der Zwischenzeit von Download- und Streaming-Angeboten abgelöst. Die Plattenfirmen steuerten mit den handli- chen Pressungen im Kurzformat ihre Verkaufspolitik. Mithilfe der Singles konn- ten sie in relativ kurzen Zeitabständen neue Kaufanreize schaffen ‒ Singles dienten gewissermaßen als der neueste Stoff der Künstlerinnen und Künstler. Da- bei suchte man stets die Kombination aus hitträchtiger A-Seite ‒ mit dieser wurde entsprechend geworben ‒ und vermeintlich schwächerer B-Seite. Ein zentrales Element der Vinyl- Single und ihrer Promotion war das Cover-Design. Damit konnten ästhe- tische Botschaften jenseits von Musik und Songtext übermittelt werden, denn populäre Musik lebt von jeher auch von ihren optischen Reizen. Dass die visuelle Gestaltung durch- aus fehleranfällig war, belegt das vor- liegende Artefakt. Den aufmerksamen Betrachterinnen und Betrachtern mag der Fauxpas bereits aufgefallen sein: Die B-Seite wird fälschlicherweise mit „Sie liebt mich“ statt „Sie liebt dich“ übersetzt. Die Plattenfirma dürfte die Fehlleistung bald entdeckt und rasch die Korrektur veranlasst haben, mit der Folge, dass die Fehldrucke heut- zutage als Raritäten einzustufen sind. Entsprechend hoch ist ihr Sammlerwert. Hier zeigt sich: Kulturelles Kapital ent- steht mitunter durch eine Störung der industriellen Produktion. Das Mängel- produkt rückt in die Nähe eines Originals. von Katrin Albaum Eine typische Vorlesung an der Universität Freiburg: Die Dozentin oder der Dozent steht vorne im Hörsaal und vermittelt den Zuhörerinnen und Zuhörern Wissen über ein bestimmtes Fachgebiet. Die Studierenden sitzen auf ihren Plätzen und hören zu, zwi- schendurch stellen sie Fragen. Die Rol- len sind für gewöhnlich klar verteilt. An der indigenen, das heißt indianischen Universität Amawtay Wasi in Ecuador sehen Lehrveranstaltungen anders aus: Statt eines Dozenten gibt es den „facilitador“, was sich mit „Ermöglicher“ übersetzen lässt. Die Rollen von Leh- renden und Lernenden sind nicht klar abgegrenzt, stattdessen bringen alle ihr Wissen ein und lernen voneinan- der. Der „Ermöglicher“ leitet an, hilft und animiert zum Wissensaustauch. Verschiedene Auffassungen von Wissen Freiburger Bachelor- und Master- studierende des Fachs Ethnologie ha- ben diesen und andere Unterschiede zwischen den beiden akademischen Kulturen in Freiburg und der ecuadori- anischen Hauptstadt Quito analysiert. Sie lernten dabei nicht nur viel über das Modell der indigenen Universität, sondern auch die eigene Alma Mater neu kennen. Juniorprofessorin Dr. Anna Meiser leitete das Seminar und wurde dabei von Prof. Dr. Luis Fernando Sa- rango Macas, dem Rektor der Amawtay Wasi, unterstützt. Er forschte im Som- mersemester 2014 als Senior Fellow am Freiburg Institute for Advanced Stu- dies (FRIAS) im Rahmen eines gemein- samen Projekts zu Wissenskulturen. Sarango Macas machte die Seminar- teilnehmerinnen und -teilnehmer auf viele Unterschiede aufmerksam. „Die Studierenden entwickelten dadurch ei- nen verfremdenden Blick auf die eigene Universität und ihre Strukturen“, so Meiser. „Sie haben sich damit auseinanderge- setzt, dass Wissenschaft und Wissen nicht universal sind. Diese Begriffe und die dahinterstehenden Konzepte sind vielmehr abhängig von kulturellen, po- litischen und gesellschaftlichen Bedin- gungen.“ Sarango Macas ist aufgefallen, dass erworbenes Wissen in Deutsch- land als etwas Persönliches angesehen wird. Wissen gelte als geistiges Eigen- tum, man könne es sogar durch Patente schützen lassen. „Bei uns ist Wissen dazu da, in der Gemeinschaft geteilt zu werden. Außerdem soll es einen prak- tischen Nutzen für das Leben haben, zum Beispiel für die Landwirtschaft“, er- klärt der Rektor aus Ecuador. Organisation und Struktur der Amaw- tay Wasi orientieren sich an der so ge- nannten „chakana“, dem Andenkreuz – ein Ordnungsprinzip, das auf die In- kakultur zurückgeht. Die vier Ausläufer des Kreuzes stehen für die Fachgebiete der indigenen Universität: Interkultura- lität, Lebenswissenschaften, Technik und Philosophie. Bislang gibt es drei Studiengänge: Traditionelle Architektur, Agroökologie – eine Ökologie der Land- wirtschaft – und Interkulturelle Pädago- gik, ein Studiengang, in dem zukünftige Lehrerinnen und Lehrer erfahren, wie sie indigene Wissenstraditionen in den Schulunterricht einbeziehen können. Ein vierter Studiengang soll Sarango Ma- cas zufolge bald eingerichtet werden. Studierende besuchen neben den Lehr- veranstaltungen ihrer Disziplin auch Ver- anstaltungen der anderen Studiengänge. „Uns ist ein ganzheitlicher Blick wichtig, während es in Freiburg viele verschie- dene Fächer und Spezialisierungen gibt.“ Erntefest zum Abschluss Für den indigenen Rektor war es inte- ressant zu sehen, dass die Rollen von Lehrenden und Lernenden in manchen Freiburger Veranstaltungen nicht so strikt getrennt sind, wie er angenommen hatte – zum Beispiel in Tutorien oder bei Exkursionen. Eine Gruppe von Studie- renden aus Meisers Hauptseminar hat diese und andere Unterrichtsformen für eine Feldforschungsübung besucht und analysiert. Weitere Gruppen beschäftig- ten sich mit der Rolle von Dozierenden und mit Bewertungssystemen. Ihre Er- gebnisse präsentierten die Studierenden bei einem „Erntefest“ zum Abschluss des Seminars. Für die Angehörigen der Amawtay Wasi ist ein solches Fest ein fester Bestandteil jedes Semesters: Sie feiern sozusagen die Ernte des im Se- mester gesäten Wissens und essen ge- meinsam. „Lernen ist eingebettet in das Leben – das ist das Konzept der Amaw- tay Wasi“, sagt Sarango Macas. „Und Essen gehört schließlich zum Leben dazu.“ Das Beispiel zeige das Potenzial einer interkulturellen Wissenschaft, sagt Meiser und fügt hinzu: „Die Studieren- den und ich haben gelernt, dass Wis- senschaft und Wissen sowie Lehren und Lernen auf verschiedene Weisen funkti- onieren können.“ campus www.zpkm.uni-freiburg.de „Lernen ist eingebettet in das Leben“ Studierende der Ethnologie haben untersucht, wie sich Wissenschaft und Universität in den Städten Freiburg und Quito unterscheiden Luis Fernando Sarango Macas (rechts) beim Erntefest auf einem Campus der Universität Amawtay Wasi in Ecuador. FOTO: UNIVERSITÄT AMAWTAY WASI Der Hausverein der Katholischen Studentenverbindung (KStV) Bavaria hat sein Verbindungshaus an der Tivo- listraße verkauft und den Erlös in die neu gegründete „Stiftung KStV Bava- ria“ eingebracht. Das Stiftungskapi- tal in Höhe von einer Million Euro soll Wissenschaft und Forschung sowie Bildung und Erziehung an der Univer- sität Freiburg fördern. Rechtsträger und Treuhänder ist der Verband der Freunde der Universität Freiburg. Der Satzung zufolge soll die Stiftung ihren Zweck vor allem durch die Vergabe von Stipendien an Studierende, die Ver- gabe von Preisen für herausragende Studienabschlussarbeiten und wissen- schaftliche Arbeiten sowie die finanziel- le Unterstützung von Exkursionen und Projekten Studierender verwirklichen. Ein Kuratorium mit sechs Mitgliedern wird jährlich darüber entscheiden, wie die Stiftung die Erträge aus ihrem Ver- mögen im Einzelnen verwendet. Eine Million Euro für Studierende der Universität Freiburg www.freunde.uni-freiburg.de Karl V. Ullrich, Vorsitzender des Ver- bands der Freunde, Hans-Joseph Scholten, Vorsitzender des Altherren- vereins der KStV Bavaria, und Rektor Hans-Jochen Schiewer (von links) haben die Stiftungsurkunde unter- schrieben. FOTO: THOMAS KUNZ Wir freuen uns über Ihre Meinung, Kritik und Ideen. Die Redaktion behält sich vor, Ihre Zuschrift gegebenen- falls in gekürzter Form als Leserbrief zu veröffentlichen. Schreiben Sie s uns. Ihre Meinung ist gefragt! unileben@pr.uni-freiburg.de

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