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uni'leben 01-2015

01 201501 2015 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 4 aktuell Auf die islamistischen Terroran- schläge in Paris/Frankreich im Ja- nuar 2015 folgten weltweit Proteste gegen die gewaltsame Unterdrü- ckung der freien Meinung. Die Stim- men, die den Islam einer kritischen Analyse unterziehen, mehren sich. Eva Opitz hat den Freiburger Funda- mentaltheologen Prof. Dr. Magnus Striet nach seiner Einschätzung zu religiösem Fanatismus und der Zi- vilisierung von Religionen befragt. uni’leben: Herr Striet, wie wird eine Religion zivilisiert? Magnus Striet: Die Geschichte zeigt, dass es in nahezu allen Religionen zu Gewaltexzessen gekommen ist. In den Griff zu bekommen war und ist diese Gefahr nur, wenn sich Religionen über sich selbst aufklären. So hat das Chris- tentum in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen in Europa eine lange Lerngeschichte durchmachen müs- sen, bevor es sich auf säkulare Gesell- schafts- und Staatssysteme einlassen konnte. Dies verlangte Korrekturen am Selbstverständnis. Die Akteurinnen und Akteure der Religion sind immer die Menschen – über den möglichen Gott gibt es nur Mutmaßungen. Gehören die Theologinnen und Theologen einer Universität zu die- sen Akteuren? Ja, ganz sicher. Hierzulande hat es dem Christentum gutgetan, sich im staatlichen Universitätssystem zu akademisieren. Auch religiöse Über- zeugungen sind gewachsen, und des- wegen müssen wir sie im Dialog mit anderen Fachdisziplinen betrachten. Wissenschaftlich betriebene Theologie nimmt so Einfluss auf die Entwicklung religiöser Vorstellungen und Praxen – nicht zuletzt durch die Ausbildung des künftigen Personals. Und wie in der Wissenschaft braucht es auch in Glau- bensangelegenheiten den Mut zur Frei- heit. Das Recht auf Freiheit im Glauben ist Zeichen einer zivilisierten Religion. Ein Glaubenssystem, das diese Frei- heit nicht zulässt, verstößt gegen das Grundrecht des Menschen und damit gegen die Errungenschaft der Neuzeit schlechthin. Haben die Morde in Paris gezeigt, dass der Islam das Recht auf Frei- heit nicht zulässt? Das würde ich so nicht sagen. Ra- dikalisierungsprozesse müssen grund- sätzlich komplexer betrachtet werden. Es sind hierzulande nur einige weni- ge, die zu solchen Attentaten bereit sind. Die überwiegende Mehrheit der Muslime lebt friedlich in diesem Gesell- schaftssystem und versteht sich als des- sen Teil. Der Islam hat bedeutende Wis- senskulturen hervorgebracht. Und wer wissen will, bedenkt auch die Grenzen der Vernunft. Was wir brauchen, ist eine historisch-kritische Lesart des Korans. Wie kann eine Religion wie der Is- lam, dem eine zentrale Lehrautorität fehlt, demokratisiert werden? Richtig ist, dass es im Islam kein einheitliches Lehramt gibt. Es sind die Gelehrten, die im Konfliktfall entschei- den. Man darf auch nicht übersehen, dass der Islam sehr plural ist. Seit wenigen Jahren werden islamische Theologien an den Universitäten in Deutschland und in anderen europäi- schen Ländern aufgebaut. Es könnte gut sein, dass der Islam Organisations- strukturen ausbildet, die denen der christlichen Kirchen ähneln. Einen kon- struktiven Beitrag zu einem auf Demo- kratie und Beteiligung setzenden Ge- sellschaftssystem leistet eine Religion dann, wenn sie auf Freiheit setzt. Dann gilt es aber auch, weltweit Men- schenrechtsverletzungen anzupran- gern. Wir müssen sie als universal gültig einklagen, sonst wird deren Be- hauptung zynisch. Wir haben mit dem Judentum eine weitere monotheistische Religion. Wie zivilisiert ist das Judentum? Auch hier muss man stark unter- scheiden. Es gibt heute Strömungen eines streng orthodoxen und eines li- beralen Judentums. Der Unterschied zum Islam und zum Christentum liegt darin, dass das Judentum größten- teils keine missionarischen Ansprüche entwickelt hat. Nach biblischem Ver- ständnis glauben Juden, sie seien das auserwählte Volk. Aber daraus leitet sich nicht ab, Andersgläubige bekeh- ren zu müssen. In einem Vortrag haben Sie ein- mal die Angst der Kirche vor Ver- änderungen als „Sünde“ bezeich- net. Wie zivilisiert klingt dann das Christentum? Ich stehe zu dem Wort. Der christli- che Glaube hat gelernt, Gott als einen zu begreifen, der zur Freiheit ermutigt – jedenfalls in Teilen. Ob die Einzelnen es wahrhaben wollen oder nicht: Am Ende entscheiden alle selbst, was sie für richtig halten, und dies hoffentlich mit abgewogenen Gründen. Auch das gegenwärtige Christentum fußt auf ei- ner historischen Entwicklung; neue Fragen und neues Wissen fordern neue Antworten. Es ist doch wunder- bar, wenn Gott selbst zur Freiheit er- mutigt. Wer da in Angst verfällt, der sündigt. Denn zu glauben heißt, angst- frei in die Zukunft zu blicken. Podcast „Freiburger Religionsgespräche“: Anfang 2015 hat die baden-württem- bergische Landesregierung die „Per- spektive 2020“ verabschiedet: Mit einer Erhöhung der Grundfinanzierung um drei Prozent sichert das Abkommen den Universitäten und Hochschulen des Landes mehr als drei Milliarden Euro jährlich zu. Insgesamt sollen in den nächsten sechs Jahren 2,2 Mil- liarden Euro zusätzlich in die Hoch- schulfinanzierung fließen. Die Univer- sität Freiburg will diese Gelder für die Schaffung neuer Planstellen nutzen. „Das wird der Qualität von Studium und Lehre zugutekommen und die Attrak- tivität der Universität als Arbeitgeber deutlich steigern“, sagt Rektor Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer, der als Sprecher der Landesrektorenkonfe- renz den Vertrag für die Universitä- ten ausgehandelt hat. Zudem wird die Universität dank zusätzlicher Mittel im Bauhaushalt dringende Sanierungen vorziehen können. Gute Aussichten mit „Perspektive 2020“ Einblicke in die Universitätsgeschichte Expertendatenbank mit mehr Service Die neue „Kurt H. Bauer Pharma- Technologie-Stiftung“ möchte künftig die Pharmazie der Universität Freiburg in Forschung, Bildung und Lehre för- dern. Der Initiator und Namensgeber Prof. Dr. Kurt H. Bauer, von 1977 bis 1998 Ordinarius für Pharmazeutische Technologie an der Albert-Ludwigs- Universität, hat die Stiftung zunächst mit einem Grundstockvermögen von 200.000 Euro ausgestattet und möch- te ihr fortan alle Erträge aus einem Europäischen Patent zufließen lassen. Sie will unter anderem Stipendien für Studierende und Promovierende der Pharmazie sowie Preise für herausra- gende Studienabschlussarbeiten und wissenschaftliche Arbeiten vergeben. Rechtsträger und Treuhänder der Stif- tung ist der Verband der Freunde der Universität Freiburg. Stiftung für die Pharmazie „Korrekturen am Selbstverständnis“ Magnus Striet analysiert, was eine Religion leisten muss, um eine freiheitliche Gesellschaft nicht zu gefährden www.pr.uni-freiburg.de/go/ podcast-religionsgespraeche  http://www.pr.uni-freiburg.de/service/ expertdb  Muße-Magazin ist online Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler der Universität Freiburg können sich ab sofort online in die überarbeite- te Expertendatenbank der Universität eintragen. Mit einem neuen Layout und vielen Erweiterungen ist die bestehende Datenbank deutlich verbessert worden: So können Expertinnen und Experten ihren Eintrag künftig um ein Portraitfoto ergänzen. Journalistinnen und Journalis- ten können diese Fotos zugleich für ihre Publikationen nutzen. Experten haben außerdem die Möglichkeit, ihre Daten nicht mehr nur selbst aktuell zu halten, sondern von einer von ihnen benannten Person pflegen zu lassen. Neu ist auch die zusätzliche Suchoption über Kate- gorien wie etwa Anthropologie, Chemie oder Sprachen und Literatur. Diese er- weiterte Einteilung vereinfacht die Suche nach Experten für bestimmte Themen. Über chronische psychische Erkran- kungen berichten Das Service Center Studium (SCS) und die Stabsstelle Gender and Diver- sity suchen Studierende sowie Alumnae und Alumni der Universität Freiburg, die ihr Studium mit einer chronischen psy- chischen Erkrankung absolvieren oder bereits abgeschlossen haben und bereit sind, über ihre Erfahrungen im Alltag zu berichten. Ziel ist es, eine Veranstal- tung für Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter der Universität anzubieten, um sie für die Belange von Studierenden mit psychischen Erkrankungen zu sensibi- lisieren. Interessierte wenden sich bitte an Claudia Hewel, Beraterin am SCS für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung. Promovierende und Postdocs im Sonderforschungsbereich (SFB) 1015 „Muße. Konzepte, Räume, Figuren“ der Universität Freiburg haben das Online- Journal „Muße. Ein Magazin“ gegründet. Es soll ein- bis zweimal im Jahr erschei- nen und will Debatten über Freiräume in Wissenschaft und Gesellschaft an- stoßen und vertiefen. Publiziert werden vor allem Interviews, Berichte, Essays und Rezensionen zu Filmen, Büchern und Musik. Ein Glossar erklärt zentra- le Begriffe der Muße-Forschung, eine weitere Rubrik stellt „Muße-Orte“ vor. Darüber hinaus wird jede Ausgabe ein bis zwei wissenschaftliche Fachartikel beinhalten. Die meisten Autorinnen und Autoren sind Mitglieder des SFB, Gast- beiträge von weiteren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Gesell- schaft kommen hinzu. http://mussemagazin.de Das Recht auf Freiheit im Glauben sei Zeichen einer zivilisierten Religion, sagt Magnus Striet. FOTO: SANDRA MEYNDT Die Freiburg-Wiener Statuten sind eine bedeutende Quelle aus der Gründungs- zeit der Albert-Ludwigs-Universität. FOTO: SANDRA MEYNDT Hanns-Georg Schell, Schatzmeister des Verbands der Freunde, Rektor Hans-Jochen Schiewer, Stifter Kurt W. Bauer und Karl V. Ullrich, Vorsit- zender des Verbands der Freunde (von links), haben die Stiftungsurkunde unterzeichnet. FOTO: THOMAS KUNZ Einmaliges Kulturgut mit herausragen- dem Wert: Die Universität Freiburg hat dank der finanziellen Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, For- schung und Kunst Baden-Württemberg für 50.000 Euro die so genannten Frei- burg-Wiener Statuten aus ihrer Grün- dungszeit erworben. Der Handschriften- band entstand in den 1460er Jahren in einer Wiener Werkstatt, kam möglicher- weise mit den Gründungsprofessoren nach Freiburg und enthält die Statuten der Universität Wien, die der 1457 ge- gründeten Universität Freiburg als Vorbild dienten. Detaillierte Erkenntnisse liegen derzeit noch nicht vor: Der Handschrif- tenband ist zwar gut erhalten, bislang aber wissenschaftlich noch nicht näher untersucht worden. Das Universitätsar- chiv wird sich dieser Aufgabe annehmen. Telefon: 0761/203-67380 studium-mit-handicap@service. uni-freiburg.de 012015012015

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