Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

uni'leben 01-2014

01 20142 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Mehr als 800 Rektorwahlen hat es in der Geschichte der Albert- Ludwigs-Universität bereits gegeben. Der Rektor erhält mit dem Amt den Titel „Magnifizenz“. Mit welcher Bewerberin oder welchem Bewerber das Amt be- setzt wird, entscheiden Universitätsrat und Senat. Beide bilden zur Vorberei- tung der Wahl Ausschüsse. Diese tref- fen sich in gemeinsamen Sitzungen, sichten alle Bewerbungsunterlagen und empfehlen Kandidatinnen und Kandidaten. Der Universitätsrat ent- spricht einem Aufsichtsrat: Er besteht aus internen Mitgliedern der Universität sowie aus Externen. Der baden-würt- tembergische Ministerpräsident ernennt alle Universitätsrätinnen und -räte. Das Gremium beschließt, welche Kandida- ten für den Rektorposten zu Vorstellung und Befragung eingeladen werden. Da- nach erfolgt die Wahl – geheim und mit Stimmkarten. Der Senat muss die Wahl anschließend bestätigen. Im Laufe der Geschichte hat sich dieser Prozess stetig weiterentwi- ckelt. Die Wahl des ersten Rektors Matthäus Hummel am 26. April 1460 war eine Ausnahmesituation: Sie fand im Freiburger Münster „im Angesicht des Volkes“ statt, wie Prof. Dr. Dieter Mertens und Prof. Dr. Dieter Speck in ihrem Artikel „Das Rektorenamt in der Geschichte der Freiburger Universität“ in den „Freiburger Universitätsblättern“ 137 schreiben. Die Wählerschaft setzte sich aus nur sieben Personen zusam- men: drei Doktoren der Theologie und des Kirchenrechts sowie vier Magister der damaligen Artistenfakultät. Hum- mels Dienstzeit war mit einem Jahr un- gewöhnlich lang. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts betrug die Amtszeit des Rektors nur ein Semester. Im 20. Jahrhundert verlängerte sich die Amts- periode von einem Jahr zunächst auf vier, dann auf sechs bis acht Jahre. „Ohrenwahl“ unter französischer Belagerung Die Rektorwahl im April 1470 über- nahm bereits ein Ausschuss: Der Senat bestimmte vier so genannte Assesso- ren, die zusammen den neuen Rektor ernannten. Zur außergewöhnlichsten Wahl der Geschichte kam es 1744, als die Franzosen Freiburg belagerten. Trotz des Kanonendonners versammel- te sich der Senat in der Universitäts- pfarrkirche, um über den neuen Rektor abzustimmen. Die Senatoren mussten jedoch feststellen, dass ihnen unter der Belagerung das Papier ausgegan- gen war. Also flüsterte jeder von ihnen den Namen des Kandidaten seiner Wahl dem abtretenden Rektor Johann Jakob Vicari ins ohr. So kam Johannes Georg Sigismund Stapf zu seinem Amt. Beschrieben ist die Wahl in den Se- natsprotokollen von 1744 sowie in den Matrikeln der Universität von Friedrich Schaub. Jahrhundertelang kam es häufig vor, dass ein Adliger das Amt übernahm. „Der Adelsrektor hatte bloß den Na- men und die Würdezeichen des Rekto- ramtes zu tragen, die repräsentativen Pflichten zu erfüllen und würdig auf- zutreten und zu leben“, erläutern Mer- tens und Speck. Alle anderen Aufgaben nahm der Prorektor wahr und leitete somit faktisch die Universität. Später wurden Regierung und Rektorat mitein- ander verknüpft: Der badische Landes- fürst erhielt automatisch die Funktion des Rektors. Erst nach dem Ende des Kaiserreichs ging der Titel an die Uni- versität. Zuletzt kamen die Freiburger Rektoren immer aus der Wissenschaft. Der Rektor repräsentiert die Universi- tät nach außen, ist Vorsitzender des Rektorats sowie des Senats und seiner Ausschüsse. aktuell Noch heute trägt der Rek- tor bei offiziellen Anlässen wie der Eröffnung des Akademi- schen Jahres eine Amtskette. Jeder Amtsinhaber gibt sie bei der Rektoratsübergabe an die Nachfolgerin oder den Nachfol- ger weiter. Das Medaillon zeigt ein Bild von Maria Theresia, Erz- herzogin von Österreich, die im 18. Jahrhundert regierte. Auf der Rück- seite ist ein zweischwänziger Löwe mit der österreichischen Hauskrone dargestellt. Maria Theresia schenkte die Kette 1768 dem Freiburger Rek- tor Christoph Fröhlich und wertete ihn damit öffentlich auf, erläutern Prof. Dr. Dieter Mertens und Prof. Dr. Dieter Speck in dem Artikel „Das Rektorenamt in der Geschichte der Freiburger Universität“, „Freiburger Universitätsblätter“ 137. Gleichzeitig sei das Geschenk ein „Sinnbild für das An-die-Kette-Legen der Uni- versität durch ihre Umgestaltung in eine Staatsanstalt“ gewesen. Ursprünglich waren die Insignien des Freiburger Rektors zwei Zepter von 1466 und 1512. Beide be- stehen aus getriebenem Silber- blech auf einem Kern aus Holz und sind teilvergoldet. Die Zep- ter kommen bei aktuellen An- lässen nicht mehr zum Einsatz, da sie zu wertvoll sind. Derzeit können Besucherinnen und Be- sucher sie im Uniseum betrachten. Akademische Kleidung gehörte vor einigen Jahrhunderten auch zum Er- scheinungsbild des Rektors. Viele Rektoren besaßen eine oder mehre- re Kappen in verschiedenen Farben, die sie an den nächsten Amtsinhaber weitergaben. Bis ins 18. Jahrhundert erfüllte der Rektor die repräsenta- tiven Aufgaben in einem Gewand mit einer pelzgefütterten Kapuze. Spätestens seit 1784 gab es vorü- bergehend keine spezielle Kleidung mehr, da eine Anordnung der Wie- ner Regierung den Brauch wegen des Pomps abschaffte. Seit 1928 gibt es wieder einen Rektorenta- lar und ein Barett, die bis heute bei bestimmten Anlässen in Gebrauch sind. Mit Insigien an die Kette gelegt Der Freiburger Rektor Christoph Fröhlich erhielt die Amtskette 1768 von der Kaiserinwitwe und Erzher- zogin Maria Theresia von Österreich. FoTo: UNIVERSITÄTSARCHIV Rekorde, Preise und ein Mord Der erste Rektor: Matthäus Hum- mel war der erste Rektor nach Grün- dung der Universität Freiburg und wurde von Herzog Albrecht VI. – Na- mensgeber der Universität – ernannt. Er stammte aus Villingen, war Medizi- ner und bekleidete das Amt mehrmals. Der Ermordete: Georg Northofer gehörte zur Theologischen Fakultät und war ebenfalls mehrmals Rektor – 1491 zum ersten und 1508 zum letz- ten Mal. 1509 wurde er ermordet. Mut- maßlicher Täter war der Landadlige Gaudenz von Blumeneck, der jedoch floh und nie zur Rechenschaft gezo- gen wurde. Der Rekordrektor: Johannes Sigis- mund Stapf von der Juristischen Fa- kultät ist der Rektor mit den meisten Amtszeiten – zwischen 1701 und 1741 wurde er ganze 22-mal gewählt. Eine Amtsperiode erstreckte sich damals über ein Semester. Der erste Protestant: 1784 berief Kaiser Joseph II. den Dichter Johan- nes Georg Jacobi als Professor für Schöne Wissenschaften an die Uni- versität Freiburg. 1791 wurde Jacobi der erste protestantische Rektor. Von 1774 bis 1776 war er Herausgeber der „Iris“, einer der ersten deutschen Frauenzeitschriften. Der Nobelpreisträger: Hans Spe- mann hatte von 1919 bis 1937 den Lehrstuhl für Zoologie der Universität Freiburg inne, 1923 bis 1924 war er Rektor. Er entdeckte den so genann- ten „Organisatoreffekt“ und erhielt da- für 1935 den Nobelpreis für Physio- logie oder Medizin. Der Nationalsozialist: Martin Heidegger gilt als einer der größten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Heidegger war der Assistent Edmund Husserls und der Lehrer von Hannah Arendt. Von 1933 bis 1934 hatte er das Rektoramt der Universität Frei- burg inne. Seine Rede zur Rektorats- übergabe und seine zustimmende Haltung zur nationalsozialistischen Ideologie haben unrühmliche Ge- schichte gemacht. Der mit der kürzesten Amtszeit: Der Jurist Andreas Voßkuhle trat 2008 die Nachfolge von Wolfgang Jäger an – und bekleidete das Rektoramt gera- de mal einen Monat. Dann wechselte er an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Mittlerweile ist er dessen Präsident. Mit Johannes Georg Jacobi bekam die Universität 1791 ihren ersten protestantischen Rektor. FoToS: UNIVERSITÄTSARCHIV Mit rotem Talar und Barett repräsen- tiert der Rektor bei besonderen An- lässen die Universität. Der Rucksack bleibt aber im Büro. ILLUSTRATIoN: SVENJA KIRSCH Die Magnifizenz der Universität Was macht ein Rektor eigentlich? Katrin Albaum erklärt, wie sich Wahl und Aufgaben des Amtsinhabers verändert haben, und gibt Einblicke in die Universitätsgeschichte Hans Spemann wurde 1935 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medi- zin ausgezeichnet. Der Philosoph Martin Heidegger war von 1933 bis 1934 Rektor der Univer- sität Freiburg. Andreas Voßkuhle war nur einen Mo- nat lang im Amt und wechselte dann ans Bundesverfassungsgericht. FoTo: BRITT SCHILLING FoTo: PATRICK SEEGER unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de aktuell Rekorde, Preise und ein Mord Die Magnifizenz der Universität Was macht ein Rektor eigentlich? Katrin Albaum erklärt, wie sich Wahl und abzustimmen. Die Senatoren mussten jedoch feststellen, dass ihnen unter Rektorats sowie des Senats und seiner Noch heute trägt der Rek- tor bei offiziellen Anlässen wie der Eröffnung des Akademi- schen Jahres eine Amtskette. Jeder Amtsinhaber gibt sie bei der Rektoratsübergabe an die Nachfolgerin oder den Nachfol- ger weiter. Das Medaillon zeigt ein Bild von Maria Theresia, Erz- herzogin von Österreich, die im 18. Jahrhundert regierte. Auf der Rück- seite ist ein zweischwänziger Löwe mit der österreichischen Hauskrone dargestellt. Maria Theresia schenkte die Kette 1768 dem Freiburger Rek- tor Christoph Fröhlich und wertete ihn damit öffentlich auf, erläutern Prof. Dr. Dieter Mertens und Prof. Dr. Dieter Speck in dem Artikel „Das Rektorenamt in der Geschichte der Freiburger Universität“, „Freiburger Universitätsblätter“ 137. Gleichzeitig sei das Geschenk ein „Sinnbild für das An-die-Kette-Legen der Uni- versität durch ihre Umgestaltung in eine Staatsanstalt“ gewesen. Ursprünglich waren die Insignien des Freiburger Rektors zwei Zepter von 1466 und 1512. Beide be- stehen aus getriebenem Silber- blech auf einem Kern aus Holz und sind teilvergoldet. Die Zep- ter kommen bei aktuellen An- lässen nicht mehr zum Einsatz, da sie zu wertvoll sind. Derzeit können Besucherinnen und Be- sucher sie im Uniseum betrachten. Akademische Kleidung gehörte vor einigen Jahrhunderten auch zum Er- scheinungsbild des Rektors. Viele Rektoren besaßen eine oder mehre- re Kappen in verschiedenen Farben, die sie an den nächsten Amtsinhaber weitergaben. Bis ins 18. Jahrhundert erfüllte der Rektor die repräsenta- tiven Aufgaben in einem Gewand mit einer pelzgefütterten Kapuze. Spätestens seit 1784 gab es vorü- bergehend keine spezielle Kleidung mehr, da eine Anordnung der Wie- ner Regierung den Brauch wegen des Pomps abschaffte. Seit 1928 gibt es wieder einen Rektorenta- lar und ein Barett, die bis heute bei bestimmten Anlässen in Gebrauch FoTo: PATRICK SEEGER abzustimmen. Die Senatoren mussten jedoch feststellen, dass ihnen unter Rektorats sowie des Senats und seiner Ausschüsse. Noch heute trägt der Rek- tor bei offiziellen Anlässen wie der Eröffnung des Akademi- schen Jahres eine Amtskette. Jeder Amtsinhaber gibt sie bei der Rektoratsübergabe an die Nachfolgerin oder den Nachfol- ger weiter. Das Medaillon zeigt ein Bild von Maria Theresia, Erz- herzogin von Österreich, die im 18. Jahrhundert regierte. Auf der Rück- seite ist ein zweischwänziger Löwe mit der österreichischen Hauskrone dargestellt. Maria Theresia schenkte die Kette 1768 dem Freiburger Rek- tor Christoph Fröhlich und wertete ihn damit öffentlich auf, erläutern Prof. Dr. Dieter Mertens und Prof. Dr. Dieter Speck in dem Artikel „Das Rektorenamt in der Geschichte der Freiburger Universität“, „Freiburger Universitätsblätter“ 137. Gleichzeitig sei das Geschenk ein „Sinnbild für das An-die-Kette-Legen der Uni- versität durch ihre Umgestaltung in Ursprünglich waren die Insignien des Freiburger Rektors zwei Zepter von 1466 und 1512. Beide be- stehen aus getriebenem Silber- blech auf einem Kern aus Holz und sind teilvergoldet. Die Zep- ter kommen bei aktuellen An- lässen nicht mehr zum Einsatz, da sie zu wertvoll sind. Derzeit können Besucherinnen und Be- sucher sie im Uniseum betrachten. Akademische Kleidung gehörte vor einigen Jahrhunderten auch zum Er- scheinungsbild des Rektors. Viele Rektoren besaßen eine oder mehre- re Kappen in verschiedenen Farben, die sie an den nächsten Amtsinhaber weitergaben. Bis ins 18. Jahrhundert erfüllte der Rektor die repräsenta- tiven Aufgaben in einem Gewand mit einer pelzgefütterten Kapuze. Spätestens seit 1784 gab es vorü- bergehend keine spezielle Kleidung mehr, da eine Anordnung der Wie- ner Regierung den Brauch wegen des Pomps abschaffte. Seit 1928 gibt es wieder einen Rektorenta- lar und ein Barett, die bis heute bei bestimmten Anlässen in Gebrauch sind. FoTo: PATRICK SEEGER

Seitenübersicht