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uni'leben 01-2014

01 2014 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 3 Als Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden im März 2009 hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst alle Hoch- schulen in Baden-Württemberg auf- gefordert, Notfallpläne für Krisen sowie vorbeugende Maßnahmen ge- gen Gewalt zu entwickeln. Prof. Dr. Dr. Jürgen Bengel und Dr. Michael Scheuermann vom Institut für Psy- chologie haben dafür ein Konzept erarbeitet, das der „Arbeitsgemein- schaft Bedrohungsmanagement“ der Universität Freiburg als Grund- lage dient. Nicolas Scherger hat die beiden Wissenschaftler nach den Inhalten gefragt. uni’leben: Herr Bengel, Herr Scheuermann, wie gefährlich lebt es sich an der Universität Freiburg? Michael Scheuermann: Überhaupt nicht gefährlich und sicher nicht ge- fährlicher als an anderen organisa- tionen dieser Größe. Aber bei etwa 30.000 Menschen, verteilt auf viele Gebäude, sind Bedrohungen verschie- dener Art nicht auszuschließen – ob von Studierenden, Mitarbeitenden oder Personen außerhalb der Universität ausgelöst. Dabei geht es uns aber nicht in erster Linie um Amokläufe. Sie gehören zwar dazu, sind aber die mit Abstand seltensten Ereignisse, die wir betrachten. Jürgen Bengel: Kleinere Vorfälle sind viel relevanter. Beispielsweise erleben Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter der Universität Bedrohungen in Beratungssituationen – etwa wenn Studierende sich ungerecht behan- delt fühlen, weil sie eine Frist nicht verlängert bekommen. Um auf solche Szenarien reagieren zu können und die Sicherheit zu erhöhen, brauchen wir ein umfassendes Bedrohungsma- nagement. Ziel ist, Gefahren für Mit- glieder der Universität erst gar nicht aufkommen zu lassen. Dafür wollen wir alle Angehörigen der Universität sensibilisieren. Wo sehen Sie besonders großen Bedarf? Bengel: Wichtige Felder sind se- xuelle Belästigung und Stalking sowie Mobbing, sowohl unter Mitarbeitern als auch unter Studierenden. Zudem nehmen wir psychisch belastete Stu- dierende in den Blick. Nur ein ganz kleiner Teil von ihnen neigt zur Gewalt, aber wir wollen uns auch denjenigen widmen, die beispielsweise depressiv sind. Für sie hat die Universität ebenso eine Fürsorgepflicht wie für die Mitar- beiter, die mit diesen Studierenden zu tun haben. Scheuermann: Uns ist es wichtig, mit übergreifenden Prinzipien zu ar- beiten: Wir sagen Nein zu jeder Form von Gewalt. Es ist an dieser Universi- tät selbstverständlich, in einer Atmo- sphäre von Verantwortung und Sicher- heit zu arbeiten und zu studieren. Wir lassen Studierende und Mitarbeiter nicht alleine, sondern wollen Konflikte vermeiden oder – wenn es sie doch gibt – kommunikativ lösen. Dafür set- zen wir bei allen Gruppen der Universi- tät auf kollegiale Unterstützung. Womit beginnt die Umsetzung des Konzepts? Scheuermann: Wir haben beispiels- weise gemeinsam mit der Polizei den Hausdienst geschult, auf Gewalt und aggressives Verhalten zu reagieren. Das gleiche Angebot ist für Koordi- natorinnen und Koordinatoren von Studiengängen vorgesehen, die das erworbene Wissen dann in ihre Fa- kultäten weitertragen. Für Mitarbeiter im Service Center Studium, in den Prüfungsämtern oder in Sekretariaten wollen wir ein Schulungskonzept zum Umgang mit auffälligen und belasteten Studierenden umsetzen. Gegen sexu- elle Belästigung und Stalking sind wir mit dem schon vorhandenen Leitfaden der Universität gut aufgestellt. Einen ähnlichen Leitfaden zum Umgang mit Mobbing wollen wir nun erarbeiten. Ziel ist, bei den einzelnen Themen die Studierenden stärker einzubinden, etwa über die Fachschaften und die Verfasste Studierendenschaft. Bengel: Außerdem müssen wir Alar- mierungsketten etablieren. Wenn etwa ein Studierender im Service Center Studium einen aggressiven Ausbruch hat, müssen die Mitarbeiter geschützt werden – entweder gibt es eine uni- versitätsinterne Lösung, oder es muss die Polizei benachrichtigt werden, je nach Situation. Dafür ist es nötig, klare Abläufe zu definieren. Wie kann man sich auf Gefahren- situationen vorbereiten? Scheuermann: Wir versuchen, mög- lichst praxisnah vorzugehen und nur die nötigste Theorie zu vermitteln. Man muss zum Beispiel nicht genau wissen, was eine narzisstische Persönlich- keitsstörung ist, die beim Gegenüber zu aggressivem Verhalten führt, um eine entsprechende Situation zu trai- nieren. Polizei und Rettungsdienste arbeiten ebenfalls mit solchen Simu- lationen, die zwar den Ernstfall nicht bis ins Detail abbilden, aber trotzdem einen nachweisbaren Effekt haben. Welche Rolle übernehmen Sie als Psychologen? Bengel: Wir bringen unser Fachwis- sen in die Schulungen ein und tragen so zu mehr Sicherheit, zur Sensibili- sierung und zu einem achtsameren Umgang miteinander bei. Außerdem sind wir Ansprechpartner, um in kon- kreten Fällen Lösungen zu finden oder Kontakte zu vermitteln. Dafür haben wir ein Netzwerk von Beraterinnen und Beratern aufgebaut. Neben den dezentralen Ansätzen soll es ein zentrales Krisenteam ge- ben. Wann kommt es zum Einsatz? Scheuermann: Das ist nur für die ganz seltenen, extremen Katastrophen wie zum Beispiel Amokläufe vorge- sehen. Man muss aber auch sagen, dass der Universität dann das Heft des Handelns teilweise aus der Hand genommen wird. Dafür gibt es Polizei und Feuerwehr. aktuell Die Universität Freiburg will mit einem umfassenden Bedrohungsmanagement gegen jede Art von Gewalt vorgehen Jürgen Bengel (links) und Michael Scheuermann vom Institut für Psychologie wollen dazu beitragen, die Mitglieder der Universität für Gefahrensituationen zu sensibilisieren und Bedrohungen zu vermeiden. FoTo: PATRICK SEEGER ,,Wir lassen Studierende und Mitarbeiter nicht alleineʻʻ Wichtige Notrufnummern Polizeidirektion Freiburg: > 0761/882-0 Amt für Brand- und Katastrophen- schutz der Stadt Freiburg: > 0761/201-3315 Universitäts-Notfallzentrum: > 0761/270-33333 Krisenmanager: Dr. Matthias Schenek, Kanzler der Universität Freiburg > 0761/203-4320 Betriebsarzt der Universität Freiburg: Dr. Jürgen Pietsch > 0761/203-4368 Psychologen: Prof. Dr. Dr. Jürgen Bengel, Dr. Michael Scheuermann > 0761/203-2122/-2499 Der Forstwissenschaftler Prof. Dr. Heiner Schanz ist von seinem Amt als Vizerektor und Prorektor für Lehre der Universität Freiburg zurückge- treten: „Ich habe den Universitäts- rat mit Schreiben vom 29. Januar 2014 unmittelbar um Entlassung aus meinem Amt gebeten. Nach einem Gespräch mit dem Rektor wurde einvernehmlich die schnellstmög- liche Übergabe der Amtsgeschäfte vereinbart.“ Schanz hatte sich um die Wahl zum Rektor der Universität Freiburg beworben. „Ich bedauere es sehr, dass ich nicht die Möglichkeit bekommen habe, meine Vorstellun- gen dem Universitätsrat zur Wahl zu stellen. Selbstverständlich respektiere ich aber die Entscheidung der Gremi- en und gratuliere Herrn Schiewer zur Wiederwahl und wünsche ihm alles Gute für sein herausforderndes Amt in schwierigen Zeiten.“ In Schanz‘ Amts- zeit als Vizerektor und Prorektor für Lehre, die im Januar 2009 begann, fielen unter anderem die erfolgreichen Anträge in den Wettbewerben „Ex- zellente Lehre“, „Qualitätspakt Lehre“, „Offene Hochschule“ und „EXIST- Gründungskultur“, die Eröffnung des Service Center Studium sowie die Gründung des University College Freiburg. Vizerektor tritt zurück Die Albert-Ludwigs-Universität Frei- burg und die Hochschule Furtwangen erhalten von 2014 bis 2018 mehr als 800.000 Euro, um gemeinsam wissen- schaftliche Weiterbildungsangebote in der Gesundheitsförderung und der Medizin zu entwickeln. Die beiden Hochschulen hatten sich im Rahmen des Programms „Master 2016“ mit ih- rer Initiative „Denkanstoß – Weiterbil- dung modular“ beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg beworben – mit Erfolg. Ziel ist es, in den kommenden fünf Jahren ein Modulstudienangebot sowie einen Masterstudiengang für ein berufsbegleitendes Studium aufzubau- en. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können die Weiterbildungsabschlüsse Certificate of Advanced Studies, Diplo- ma of Advanced Studies und Master of Advanced Studies erreichen. Förderung für wissenschaftliche Weiterbildung

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