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uni'leben 02-2013

02 2013 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 12 menschen von Anna-Sophia Voulkidis Im Kindergarten kickte sie immer mit den Jungs. Ihr Vater stellte sie mit fünf Jahren zum ersten Mal auf den Ra- sen des SV Biengen. Dort war sie acht Jahre lang das einzige Mädchen in der Mannschaft. Als bei einem Hallenturnier der E-Jugend der Torwart erkrankte, schickte der Trainer Laura Benkarth kurzerhand zwischen die Pfosten. „Das hat mir auf Anhieb Spaß gemacht“, sagt die Fußballerin. Was folgte, liest sich wie ein glatter Durchmarsch: Bei einem Spiel wurde sie von Trainern des SC Freiburg ent- deckt – da war sie 17 Jahre alt. Sie zog in das Sportinternat Freiburg, lebte mit Ringern und Skispringern zusam- men, spielte in der Frauenmannschaft des Sportclubs und machte nebenbei ihr Abitur am Max-Weber-Gymnasium. 2009 wurde sie mit der U17-Natio- nalmannschaft Europameisterin, ein Jahr später holte sie mit der U20 den Weltmeistertitel. 2012 kam das Team bei der Weltmeisterschaft in Japan ins Finale. Dort spielte sie in Stadien, die 30.000 Menschen fassen. „Das war krass, es war so laut, dass wir uns un- tereinander nicht mehr hören konnten, selbst wenn wir nur drei Meter vonein- ander entfernt standen“, berichtet Ben- karth. „Es war extrem schwierig, da ich den Spielerinnen vom Tor aus nicht mehr helfen konnte. Du konntest nie- mandem mehr zuschreien: ‚Achtung, von hinten!‘ oder ‚Gib nach links ab!‘“ Sie habe trotzdem nicht aufgehört zu reden, allein schon, um im Spiel zu bleiben. Das Fatale am Torhüterda- sein sei, dass man teilweise eine halbe Stunde lang keinen Ballkontakt habe und dann von einem Moment zum nächsten mit voller Konzentration am Spiel teilnehmen müsse. Am Ende des Turniers wurde sie mit dem „Goldenen Handschuh“ für die beste Torhüterin ausgezeichnet. Bis zum Finale hatte sie jeden Ball gehal- ten. Dass die U20 am Ende der USA unterlag, zerrte an ihren Nerven: „Ich hasse es, zu verlieren. Wenn ich ein Spiel spiele, will ich es auch gewin- nen. Egal, ob es um Karten geht oder um Fußball.“ Nach der Landung in Deutschland hatte sie die Strapazen der Weltmeisterschaft und den Jetlag in den Knochen, aber nur zwei Tage Zeit, um sich zu erholen – dann be- gann das Training für die Bundesliga- saison. Vergangenen Herbst wurde Laura Benkarth zum ersten Mal für den Ka- der der A-Nationalmannschaft nomi- niert. Zusammen mit Bundestrainerin Silvia Neid reiste sie in die USA, trai- nierte mit den anderen Spielerinnen und stellte ihr Talent unter Beweis. „Ich bin froh über jede Nominierung und kann allein schon durch das Training immer sehr viel mitnehmen“, sagt die 20-Jährige. Alle vier bis sechs Wo- chen finden die Lehrgänge der Natio- nalmannschaft statt. 7.45 Uhr im Kraftraum Der Tagesablauf der Profisportle- rin ist strikt organisiert: Mehrmals die Woche trainiert Benkarth bereits um 7.45 Uhr im Kraftraum. Anschließend geht es in die Vorlesung. Die Fußbal- lerin studiert an der Albert-Ludwigs- Universität Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Bewegungsbezo- gene Gesundheitsförderung und im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre (BWL). „BWL hat mir schon auf dem Wirtschaftsgymnasium Spaß gemacht, und ich dachte, das kann ich immer gebrauchen“, sagt sie. Außerdem könne man damit später problem- los ins Sportmanagement wechseln. Jeden Abend um 18 Uhr treffen sich die SC-Frauen dann zum Fußballtrai- ning. Sechs Mal die Woche stehen sie auf dem Platz, Extraeinheiten für Ausdauer und Schnelligkeit kommen hinzu. Die Wochenenden verbringt Benkarth im Mannschaftsbus, der sie zu den jeweiligen Bundesligaspielen fährt. In einer Saison fallen 22 an, dazu Freundschaftsspiele und der DFB-Pokal. Fußball und Studium vereinbaren Christine Dörre, Mitarbeiterin am In- stitut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Freiburg, hilft der Stu- dentin dabei, Fußball und Studium zu vereinbaren: „Sie berät mich bei mei- nem Stundenplan, sorgt dafür, dass ich in wichtige Seminare reinkomme und andere auf später verschieben darf“, erklärt Benkarth. „Im Winter- semester 2012/13 war ich wegen des Fußballs die Hälfte der Zeit nicht an- wesend. Ohne Unterstützung der Uni- versität wäre es gar nicht möglich, das Studium zu bewältigen.“ Auf die Frage, ob sich bei einer rei- nen Frauengruppe auf Dauer nicht Spannungen ergäben, erwidert sie: „Wenn Jungs sich streiten, dann strei- ten sie halt, und wenn Mädels streiten, dann sind es gleich Zicken.“ Die Stim- mung unter den SC-Frauen sei ausge- glichen, und für Zänkereien hätten die Spielerinnen schlicht keine Zeit. Ihre knapp bemessene Freizeit verbringt Benkarth mit ihrem Freund und ihrer Familie. Außerdem fährt sie Ski und spielt gerne Tischtennis – vorausge- setzt, sie gewinnt. In der Bundesliga spielt Laura Benkarth für den SC Freiburg. Im Nationalteam erhielt sie bei der U20-Weltmeisterschaft 2012 den „Goldenen Handschuh“ für die beste Torhüterin des Turniers. Foto: Patrick Seeger Kick it like Benkarth Laura Benkarth studiert Sportwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität und hütet das Tor des SC Freiburg von Anita Rüffer Im Büro hängen Fotos von der Fa- milie: Walter Willaredt ist keiner, der trennt zwischen den Welten, in denen er lebt. Und das sind ziemlich viele. Das Leben in Kenzingen, wo er vor 54 Jahren geboren wurde und heute noch zu Hause ist, wo er in der Stadtkapelle Tuba spielt und an Fasnacht gerne Büt- tenreden hält, bringt er mühelos zusam- men mit einem Leben in Südfrankreich. Die Provence werde ihm zunehmend zu einer zweiten Heimat. Seine Frau stammt aus Marseille, die beiden Kin- der wachsen zweisprachig auf. Soll man sich so einen vorstellen als typischen Verwaltungsbeamten, der jahrzehntelang an ein und dem- selben Schreibtisch klebt? Das passt umso weniger, als der dunkelhaarige, schlanke Mann mit 40 Jahren noch an- gefangen hat, Marathon zu laufen, im Schwarzwald und in Berlin. Und dabei auf Bestzeiten von dreieinhalb Stun- den kam, wie der „Spätstarter“ nicht ohne Stolz einfließen lässt. Organisieren, beeinflussen, mitgestalten Durchgestartet ist er auch an der Universität: Als Sachbearbeiter im Haushaltsdezernat fing der Diplom- Verwaltungswirt 1982 nach seinem Abschluss an der Verwaltungsfach- hochschule Kehl an. Im vergangenen Jahr feierte der heutige Regierungs- direktor und Leiter des Dezernats „Fa- cility Management und Wirtschafts- angelegenheiten“ sein 30-jähriges Dienstjubiläum – gemeinsam mit 30 Weggefährtinnen und Weggefährten. „Machen Sie nur das, was man Ihnen sagt“, habe ihm ein älterer Kollege geraten, als er 1998 zum Geschäfts- leitenden Beamten des Rektorats berufen wurde. Für diesen Tipp war Willaredt die falsche Adresse. „Or- ganisieren, Entscheidungen beein- flussen und mitgestalten gefällt mir“, sagt er und strahlt. Entsprechend viel blieb an ihm hängen. Er wurde unter Rektor Prof. Dr. Wolfgang Jäger zum „Mädchen für alles“, betreute Gremien und organisierte Verwaltungsabläu- fe. Den Universitätsrat, der 2002 als eine Art Aufsichtsrat etabliert wurde, hat er zehn Jahre lang als Geschäfts- führer begleitet und ist dabei „vielen interessanten Menschen begegnet“. Bis er wegen Burn-out ein halbes Jahr ausfiel. Aber: „Ausbrennen kann nur, wer gebrannt hat.“ Inzwischen ist die Verwaltung in neuen Strukturen mit fünf Dezernaten und 16 Stabsstellen auf viele Schultern verteilt. Walter Wil- laredt leitet eines der Dezernate und ist zuständig für etwa 170 Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter – Hausmeister, Reinigungskräfte, die Mitarbeiter des Telefondienstes und der Poststelle – sowie für die Vergabe der Hörsäle. Neue Welten eröffneten sich ihm, als er von 1992 bis 1997 in der Leitung der – heute nicht mehr existierenden – universitätseigenen Betriebskran- kenkasse tätig war. Von Sozialversi- cherungsrecht hatte er nur insofern eine Ahnung, als eines seiner heute erwachsenen Kinder aus erster Ehe stark körperbehindert ist. Nicht nur in Sachen Sozialversicherungsrecht hat er dort seinen Horizont erweitert: Seine Tätigkeit hat ihm auch eventu- ell vorhandene Reste einer Beamten- mentalität gründlich ausgetrieben und ihn stattdessen mit dem Gedanken vertraut gemacht, Dienstleister zu sein. Der ist ihm nicht mehr verloren gegangen: „Wir müssen uns als Er- möglichungs-, nicht als Verhinderungs- verwaltung verstehen.“ Dolmetscher zwischen den Welten Damit war er wie geschaffen für die Aufgabe des Ombudsmanns, als es in den Fakultäten zu grummeln begann: Telefone würden nicht abgenommen, Reisekostenanträge blieben zu lange liegen. Es waren manchmal Kleinig- keiten, die es im Getriebe knirschen ließen. Willaredt wurde zum Vermitt- ler zwischen Rektorat und Fakultäten berufen. Seitdem ist er als Dolmet- scher zwischen den Welten unterwegs, spricht mit den Dekanen, glättet Wo- gen. „So viel Verwaltung wie nötig, so viel wissenschaftliche Freiheit wie mög- lich“, verspricht er. Aber an Landes- vorschriften und dem Gebot der Wirt- schaftlichkeit komme niemand vorbei – „auch potenzielle Nobelpreisträger nicht“. Verwaltungsintern arbeitet der „Paradiesvogel“ daran, unterschiedli- che Kulturen und Mentalitäten zu einer „corporate identity“ zusammenwachsen zu lassen. Mehr als alle Workshops und Seminare dürfte dazu sein Talent zur Geselligkeit beitragen: Seit Jah- ren verbreitet die von ihm mitinitiierte „Rektoratscombo“ am letzten Tag vor der Weihnachtspause im Treppenhaus am Fahnenbergplatz Weihnachtsstim- mung. Auch viele Stammgäste aus den Fakultäten finden sich ein. Und Walter Willaredt lässt es sich nicht nehmen, eigenhändig den von ihm spendierten Glühwein auszuschenken. Natürlich aus Kenzinger Weinen selbst gemacht. Regierungsdirektor, Marathonläufer, Musiker, Büttenredner: Walter Willaredt fühlt sich in vielen Rollen wohl. Foto: Thomas Kunz Beamter mit Talent zur Geselligkeit Walter Willaredt leitet das Dezernat „Facility Management und Wirtschaftsangelegenheiten“ und ist Ombudsmann für die Fakultäten

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