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uni'leben 04-2013

04 2013 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 6 von Claudia Füßler Ob Regen oder Sonne, der Kapp- ler geht in seinen Wald. Und zwar nicht nur ein Kappler oder eine Kapp- lerin, sondern ziemlich viele: Durch- schnittlich 158 Menschen besuchen jeden Tag den Privatwald der Freiherr- von-Gayling’schen Verwaltung, der an Freiburg-Kappel grenzt. Das ist das Ergebnis einer Projektstudie, die Stu- dierende der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg unter Anleitung von Dr. Andy Selter und Prof. Dr. Ulrich Schraml von der Professur für Forst- und Umweltpo- litik angefertigt haben. „Überrascht hat uns, wie regelmäßig der Wald besucht wird. Es gibt keine auffälligen Spitzen- zeiten am Wochenende“, sagt Lucas Landenberger, der Waldwirtschaft und Umwelt studiert. Gemeinsam mit elf Kommilitoninnen und Kommilitonen ermittelte er mit Zählgeräten an den Waldeingängen die Zahl der Besu- cherinnen und Besucher: An 37 Tagen kamen 5.839 Menschen in den Wald. Besonders viele suchten morgens zwischen 9 und 11 Uhr und nachmit- tags gegen 17 Uhr die Ruhe unterm Blätterdach. Aus Sicht der Gruppe legten diese Ergebnisse den Schluss nahe, dass vor allem in der Nachbarschaft leben- de Menschen den Privatwald nutzen, die auch bei Starkregen mit dem Hund rausmüssen. „Wir sprechen in solchen Fällen von einem so genannten Pan- toffelwald“, erklärt Projektleiter Andy Selter, „also von dem Grün direkt vor der Haustür.“ Joggen, mountainbiken, spazieren gehen Die Nachwuchsforscherinnen und -forscher beschränkten sich aber nicht nur auf die statistische Erhebung. Sie fragten 103 Waldbesucher nach den Gründen für die Erholungssuche und nach ihrer Wahrnehmung des Wal- des. Die Vermutung, dass vor allem Ortsansässige und Hundebesitzer das Gebiet nutzen, hat sich bestä- tigt. Auch Jogger, Mountainbiker und Spaziergänger genießen den Wald als Sport- und Erholungsort. „Interessant waren aber noch andere Resultate“, sagt Mukunda Hubmann, Student der Waldwirtschaft und Umwelt. Zum Bei- spiel hatten die Studierenden damit gerechnet, dass die vier Windräder auf dem Rosskopf, die deutlich zu sehen, aber nicht zu hören sind, als weitaus störender empfunden würden. „Die Besucher betrachten sie aber eher als Zeichen für eine umweltbewusste Re- gion statt als landschaftliche Beein- trächtigung“, erklärt Hubmann. Und obwohl die meisten Befragten wüss- ten, dass der Wald bewirtschaftet wird, wären sie nicht bereit, für anfallende Kosten aufzukommen. Schließlich, so die häufigste Begründung, zahle man ja schon Steuern. Außerdem fiel den Studierenden auf, dass Wanderer und Spaziergänger vor allem Radfahrer für entstehende Kosten verantwortlich machen, etwa mit dem Argument, dass diese unbefestigte Waldwege für ihren Sport nutzten. Der Privatwald in Freiburg-Kappel ist bisher als so genannter Erholungs- wald der Stufe zwei klassifiziert. Das bedeutet, dass an einem Spitzentag je Hektar bis zu zehn Besucher den Wald aufsuchen. Die Ergebnisse der Studierenden bestätigen die bisherige Einstufung: Maximal sieben Menschen je Tag und Hektar haben sie gezählt. Die Kartierung, die heute noch be- nutzt wird, ist in den 1980er Jahren entstanden. Gemeinsam mit Kolle- ginnen und Kollegen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Ba- den-Württemberg aktualisiert Selter die Daten und passt sie an. „Natür- lich hätten wir gern neue Erkenntnis- se gehabt, die vielleicht dazu geführt hätten, dass man die Stufe ändert“, sagt Landenberger, „aber es ist nun mal so, wie es ist.“ Zudem sind die Er- gebnisse der Studie aus universitärer Sicht eher zweitrangig. Weitaus wich- tiger sei, betont der Projektleiter, dass die Studierenden ein wissenschaft- liches Projekt von Anfang bis Ende eigenständig betreut hätten – von der Konzeption und der Entwicklung des Fragebogens über die empirische Er- fassung der Daten bis zur Auswertung und öffentlichen Präsentation der Er- gebnisse. „Nicht zu vergessen“, sagt Hubmann und grinst, „dass wir auch mal aus den öden Seminarräumen rausgekommen sind.“ Wenn die Labradordame muss, kommt das Frauchen mit: Hundebesitzer gehören zu den häufigsten Besuchern des Walds bei Freiburg-Kappel. FOTO: THOMAS KUNZ Pause im Pantoffelwald Studierende haben in einer Projektstudie ermittelt, wie Besucher einen Freiburger Privatwald als Erholungsort nutzen forschen von Martin Jost Ab und zu landet eine Maschine, viel mehr bewegt sich nicht vor den Fenstern. Fabian Kuhns Büro ist zum Denken gemacht, mit Blick ins Grüne, in Richtung Flugplatz. Hinter dem Schreib- tisch und an der Wand gegenüber hän- gen Whiteboards, die mit Formeln über- sät sind. In der Mitte des Raumes steht ein Sofa, über dessen Lehne zwei LAN- Kabel hängen. Sie dienen der Anbin- dung an das größte Computernetzwerk der Welt, das Internet. Der Informatik- professor erforscht jedoch Netzwerke, die über das Internet hinausgehen. Sei- ne Grundlagenforschung beschäftigt sich mit Netzwerken der Zukunft. „Klassische Netzwerke wie das In- ternet sind relativ statisch und hierar- chisch. Wir bekommen es aber mehr und mehr mit dynamischen Netzwer- ken zu tun“, sagt der Wissenschaftler. Deren Knotenpunkte bewegen sich im Raum oder verlassen das Netzwerk und tauchen an einer anderen Stelle wieder auf. Das ist zum Beispiel bei drahtlosen Computer-zu-Computer- Netzwerken der Fall. Die Computer verbinden sich selbstständig und wer- den nicht über eine zentrale Einheit koordiniert. Wie solche dynamischen Netzwerke im großen Stil funktionie- ren, ist aber noch nicht gänzlich geklärt. Kuhns Forschung soll nun mathemati- sche Grundlagen für die Beantwortung offener Fragen liefern. Die Frage „Wie viele Teile hat ein Netzwerk?“ klingt zunächst banal, ist aber für dynamische Netzwerke wich- tig und überdies knifflig. Eine andere Frage hängt damit zusammen: Wie gelangt eine Nachricht über mehrere Knotenpunkte am effizientesten vom Absender zum Empfänger, wenn jeder Knotenpunkt nur seine unmittelbare Nachbarschaft überblickt? Probleme dieser Art will Kuhn in seinem Projekt „Algorithms and Complexity of Highly Decentralized Computations“ angehen. Der Europäische Forschungsrat för- dert das Vorhaben mit einem Starting Grant in Höhe von gut 1,1 Millionen Euro. Kuhn und sein Team suchen nach Algorithmen, also allgemeingültigen Abläufen, die eine Aufgabe möglichst effizient lösen. Die theoretische Infor- matik arbeitet mit abstrakten Modellen. Sie kann auf der Basis von mathema- tischen Beweisen entscheiden, ob ein Algorithmus ein Problem löst. Mitun- ter ergibt sich auch, dass ein Problem sicher nicht lösbar ist und Program- miererinnen und Programmierer auf die Suche nach einem Algorithmus verzichten können. Allerdings müssen solche Beweise erst einmal gefunden werden. Seit April 2012 ist Kuhn Inhaber des Lehrstuhls für Algorithmen und Kom- plexität an der Universität Freiburg. Komplexität steht in der theoretischen Informatik für den Aufwand, den die Lösung eines Problems erfordert. Die Frage kann zum Beispiel lauten: Wenn sich die Menge der Daten erhöht, die der Algorithmus verarbeiten soll, er- höht sich dann der Aufwand linear zur Menge dieser Daten, oder erhöht er sich exponentiell? Die Antwort ist mit entscheidend dafür, ob sich ein Algo- rithmus in die Praxis umsetzen lässt oder für reale Computer zu schwierig wird – zu komplex eben. Kuhn betont, dass die Informatik ganz allgemein als Theorie vom Rechnen mit Maschinen zu definieren sei. Das spiegele die englische Bezeichnung für das Fach, „Computer science“, besser wider. „Menschen haben Maschinen gebaut, und nun versuchen wir, die Maschinen zu verstehen.“ Gleichzei- tig sei die Computerwissenschaft ein kreatives Fach insofern, als sie noch leistungsfähigere Systeme kreiere. „Sie ist eine Mischung aus Ingenieurwissen- schaften und klassischer Mathematik.“ Trotz aller futuristischer Visionen – Kuhns Handwerkszeug sind nicht etwa Kabel und Flachbildschirme, sondern Stift, Papier und Tafel. „Wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen zusammen- arbeite, entwickeln wir unsere Ideen am Whiteboard.“ Der Computer kommt nur dann zum Einsatz, wenn ein Algo- rithmus beispielhaft durchgerechnet werden soll. „Computer können nützlich sein, um zu zeigen, wann etwas nicht funktioniert. Computeralgebra-Tools haben mir schon geholfen, die richtige Intuition für eine Lösung zu bekommen. Aber am Schluss wollen wir Dinge be- weisen – und den Beweis macht man von Hand.“ Computerwissenschaft mit Stift und Papier Fabian Kuhn will Grundlagenforschung zu Netzwerken der Zukunft leisten SELBSTÄNDIG, TEILSELBSTÄNDIG als FREIBERUFLER? Überlebenswichtig ist mitreden können: bei Steuern, Buchführung, Kredit, Finan­ zierung, Immobilie, Recht, Praxis­Kauf, Praxis­Bewertung, Praxis­Gründung, Versicherungen für Alter, Krankheit etc. Intensiv­Kurse von langjährigem Praktiker und Steuerberater, Hochschul­Professor, mit Beratung , Tipps, Zertifikat und jähr­ lichen Treffs. Nur € 490 bzw. ggf. € 390 für 5 Tage (2 x2,5 Tage am Wochenende oder 5 Tage Vollzeitkurs) Bald anmelden – Teilnehmerzahl begrenzt: www.freiberufler­kurse.de Tel. 07803­9267445 oder 01702331409 E­Mail: info@freiberufler­kurse.de „Menschen haben Maschinen gebaut, und nun versuchen wir, die Maschinen zu verstehen“: Dieses Vorhaben setzt Fabian Kuhn mithilfe eines ERC Starting Grants um. FOTO: MARTIN JOST

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