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uni'leben 03-2012

03 2012 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 6 campus von Rimma Gerenstein Vor ein paar Jahren haben sie sich bei einem Kongress in Freiburg kennengelernt. 20 Minuten haben sie zusammen Kaffee getrunken – und da- bei festgestellt, dass sie die gleichen Interessen haben: Gegenwartsliteratur und Didaktik. „Beides kommt an Uni- versitäten oft zu kurz“, sagt Dr. Juliana Kaminskaja. „Und beides ist für uns eine Herzensangelegenheit“, ergänzt Dr. Weertje Willms. Im Sommersemes- ter 2012 unterrichten die beiden Ger- manistinnen gemeinsam in Freiburg. Eine unwahrscheinliche Konstellation, denn Willms ist Dozentin an der Albert- Ludwigs-Universität, Kaminskaja lehrt an der Staatlichen Universität St. Pe- tersburg in Russland. Dass sie nun zusammen ein Se- minar halten und mit ihren Studie- renden im Juni 2012 ein Festival für experimentelle Poesie veranstal- ten, wurde durch ein Programm der Alfred-Toepfer-Stiftung möglich. Die Eurolecture-Gastdozentur bietet eu- ropäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Disziplinen die Gelegenheit, in einem internationalen Tandem didaktische Konzepte zu erar- beiten und der Lehre neue Impulse zu geben, „mit einem Anspruch auf nach- haltige Wirkung“, betonen die beiden Forscherinnen. Zum ersten Mal ist die Gastdozentur 2012 an das Fach Ger- manistik gegangen – und auch zum ersten Mal an die Universität Freiburg. Familiengeschichten und Spuren der Gewalt In ihrem Seminar erkunden die Do- zentinnen mit ihren Studierenden Ten- denzen in der deutschen und russi- schen Gegenwartsliteratur: Wie gehen Autorinnen und Autoren in ihren Texten mit der jeweiligen Geschichte ihres Landes um? Welche Bilder benutzen sie, um ihre Identität als Deutsche oder Russen auszudrücken? „Wir leben in einer globalisierten Welt, es gibt so viele Überschneidungen zwischen den Kulturen“, sagt Willms. Doch be- schäftige man sich mit den Welten, die die Autoren in der Literatur abbildeten, würden die vielen nationalen Diffe- renzen und unterschiedlichen literari- schen Traditionen deutlich. Während zum Beispiel in der deutschen Literatur die Auseinandersetzung mit der natio- nalsozialistischen Vergangenheit in großen Familiengeschichten erzählt wird, verarbeiten russische Autoren das totalitäre Erbe ihrer Geschichte, indem sie die Spuren der Gewalt in der Sprache deutlich machen. „Russisch wurde jahrzehntelang für verlogene Propaganda benutzt“, erklärt Kamins- kaja. „Mit diesen Spuren der Gewalt müssen alle zurechtkommen, die die Sprache gebrauchen. Die Autoren fra- gen sich: Was hat von der Sprache überlebt? Welches Komma ist eigent- lich noch unbelastet?“ Der russische Blick auf die deutsche Gegenwartsliteratur und der deutsche Blick auf russische Romane, Gedichte und Dramen: Das ist das Besondere für die Germanistinnen – die Chance, mit jemandem eine Materie zu bear- beiten, der einem anderen Wissen- schaftsdiskurs entstammt. Davon pro- fitieren auch die Studierenden. Etwa im Hinblick auf die Literaturauswahl, denn was auf den Regalen deutscher Buchhandlungen stehe, entspreche oft nicht der russischen Realität: „Wir ken- nen hier vor allem Romane, die viele Klischees bestätigen, etwa die Russen als Wahnsinnige“, sagt Weertje Willms. Im Seminar lesen die Studierenden dagegen in Deutschland weniger be- kannte Texte, die ihnen authentischere Einblicke in die russische Kultur geben – „und künstlerisch anspruchsvoller sind“, betont Juliana Kaminskaja. Von Freiburg nach St. Petersburg Auch was die Lehrmethoden an- geht, machen die Studentinnen und Studenten neue Erfahrungen. Für ihr Hauptseminar über die Avantgarde hat Kaminskaja sie zum Beispiel auf- gefordert, Gegenstände mitzubringen, an denen sie die Programmatik die- ser Kunst verdeutlichen. „Von einer Performance mit Kerzenlicht bis zu einem Papierfächer, der eigentlich kein Fächer ist: Sie haben ihren Ideenreich- tum unter Beweis gestellt und nicht nur ihre Referate heruntergespult, sondern etwas Originelles geleistet“, erzählt die Wissenschaftlerin. Noch mehr Kreativität beweisen die Studierenden beim Festival zum Thema experimentelle Poesie. Sie übersetzen Gedichte aus dem Russi- schen ins Deutsche, engagieren sich als Schauspieler, Bühnentechniker, Maskenbildner und Veranstaltungs- assistenten. Gemeinsam mit den Dozentinnen konzipieren sie eine Ausstellung über zeitgenössische russische Kunst und interviewen die Dichter, Maler und Regisseure, die aus Russland zum Festival anreisen. Auch das sei ein Teil des Eurolec- ture-Programms, sagt Willms: „Es soll etwas Neues entstehen, und die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit sollen in die Öffentlichkeit getragen werden.“ In diesem Fall werden sie sogar verschickt, denn die Freiburger Studierenden senden ein gemeinsam angefertigtes Kunstwerk per Post an ihre Kommilitoninnen und Kommilito- nen in St. Petersburg, die daran wei- terwerkeln werden. Nur ein Beispiel dafür, was aus einer 20-minütigen Kaffeepause entstehen kann. Vom Hörsaal auf die Bühne In einem deutsch-russischen Tandem erarbeiten zwei Germanistinnen neue Impulse für die Lehre Weertje Willms (links) und Juliana Kaminskaja halten gemeinsam ein Seminar über Tendenzen in der deutschen und russi- schen Gegenwartsliteratur. Fotos: Seeger Bunte Tupfen, rote Nase: Der russische Künstler Boris Konstriktor hat den Stu- dierenden seine Bilder für das Festival zur Verfügung gestellt. PublicViewing,W Die Fußballeuropameisterschaft ist ein Massen Umfrage und Fotos von Lars Schönewerk Miriam Harter, Psychologie, 12. Semester Mich interessiert die EM überhaupt nicht. Der Trubel um die Meisterschaft stört mich zwar nicht, ich werde mich aber auch nicht groß damit beschäfti- gen. Generell treibe ich lieber selbst Sport, als ihn mir im Fernsehen an- zusehen. Und auch dann ist Fußball nicht meine erste Wahl. Ich gehe lieber klettern, wandern oder spiele Frisbee. Daniel Emmelius, Geschichte und Latein, 12. Semester Ich freue mich sehr auf die EM und hoffe natürlich auf einen Sieg der deut- schen Mannschaft. Ich tippe aber da- rauf, dass sich Spanien den Pokal ho- len wird. Ich werde mir so viele Spiele wie möglich ansehen. Was den Ort angeht, bin ich flexibel. Geguckt wird, wo es gerade passt: Ob in irgendeiner Kneipe, im Mensagarten oder ganz gemütlich zuhause – Hauptsache, die Spiele sind spannend. Die Bauzeit erstreckte sich von Ok- tober 2009 bis April 2012, die Kos- ten betrugen 14,25 Millionen Euro, am 11. Juni 2012 wurde es eröffnet: Mit dem Signalhaus Freiburg hat der Forschungscluster Zentrum für Bio- logische Signalstudien (BIOSS) ein eigenes Gebäude bekommen. BIOSS verbindet die biologische Signalfor- schung und die Synthetische Biologie mit dem Ziel, Signalwege innerhalb von Zellen sowie zwischen ihnen bes- ser zu verstehen und Signale zu steu- ern. Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftler, die Verwaltung und die so genannte Toolbox, die biologische Materialien und Methodenkompetenz für die Forschung bereitstellt, sind im Signalhaus Freiburg erstmals unter einem Dach vereint. Der dreigeschossige Neubau befin- det sich an der Schänzlestraße gegen- über dem Botanischen Garten und den Gebäuden der Biologie. Architektur und technische Ausstattung sind auf die Bedürfnisse der Forschungsgrup- pen zugeschnitten. Labors, Büros und Seminarräume gruppieren sich um einen Innenhof, in dem gemeinsame Veranstaltungen stattfinden. Ein um- laufender Flur zwischen den Räumen und dem Innenhof, ausgestattet mit Sitzecken und Flachbildschirmen, för- dert ebenfalls den Austausch, sodass sich die BIOSS-Wissenschaftler noch enger vernetzen können. Damit ist das Signalhaus Freiburg ein wichtiger Baustein, um die biologische Grundla- genforschung an der Albert-Ludwigs- Universität weiter voranzubringen. UniAkzente Ob formschön, funktional oder futuristisch: Die Gebäude der Albert- Ludwigs-Universität setzen Akzente im Freiburger Stadtbild. In einer Serie stellt uni’leben einige der interessantesten Bauten vor. Ein Signalhaus für Freiburg von Nicolas Scherger Das Signalhaus Freiburg bietet Wissenschaftlern des Exzellenzclusters BIOSS eine optimale infrastrukturelle Ausstattung. Foto: Herzog

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