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uni'wissen 01-2012

haben, oft nicht einhalten – und dennoch nicht mit Sanktionen rechnen müssen. „Das richtige Maß zu finden ist für Ökonomen wie für Politiker schwierig“, sagt Eggert. Einerseits müssten Dro- hungen glaubwürdig sein, ansonsten wirkten sie lächerlich unbeholfen. Andererseits dürften sie auch nicht zu stark sein, um niemanden zu ­verprellen. Denn ein System souveräner Staaten funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ­ziehen. Der EU jedenfalls ist ein wirksamer Sanktions- mechanismus noch nicht gelungen. Sünder sind meist in bester Gesellschaft. Beispielsweise hat neben Spanien und Griechenland auch Deutsch- land in den vergangenen Jahren mehrfach gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen und die ­Finanzmärkte dereguliert. Das macht es schwierig, Sanktionen durchzusetzen. Denn wer würde sich schon selbst bestrafen wollen? Ökonomen kön- nen aber bei solchen Dilemmata als Ideengeber zur Seite stehen, indem sie beleuchten, aus ­welchen Gründen sich Staaten an Absprachen halten oder dagegen verstoßen. Steuerwettbewerb in einen ruinösen Wettlauf um die Anleger münden, sagt Eggert: „Das ist eine ­Dilemmasituation, in der keiner gewinnen kann.“ Wenn die Länder sich nämlich darin überbieten, die Steuern zu senken, können sie am Ende kaum mehr öffentliche Güter bereitstellen. Der Steuerwettbewerb sollte das optimale Ergebnis herbeiführen, bewirkt aber das Gegenteil. Nun könnten die Länder zwar kooperieren, ­indem sie sich auf einen gemeinsamen Steuer- satz einigen und so verhindern, dass Anleger abwandern. „Abweichen lohnt sich aber immer“, sagt Eggert. Denn ein Land, das den Steuersatz weiter senkt als vereinbart, stellt sich besser – zumindest, wenn das andere Land sich an die Abmachung hält. Das Tragische daran: Beide Staaten haben damit einen Anreiz, von koopera- tivem Verhalten abzuweichen. „Die Politikerinnen und Politiker beider Länder wollen jeweils das Beste für ihr Land und ihre Bevölkerung errei- chen und befinden sich hinterher in der für alle schlechtesten Situation“, erklärt Eggert. Was kann man, bezogen auf die EU, daraus lernen? „Aus wissenschaftlicher Sicht ist es eine große Leistung, dass es die EU als teilweise überstaat- lichen Zusammenschluss gibt“, sagt Eggert. „Es ist jedenfalls kein schlechtes Zeichen, dass Insti- tutionen wie das Europäische Parlament existieren und dafür kritisiert werden, dass sie nicht allein im nationalen Interesse der Wählerinnen und Wähler einzelner Mitgliedsländer agieren.“ Staaten sollen auf Steuerwettbewerb verzichten Der Finanzwissenschaftler sucht nach Mecha- nismen, die bewirken, dass Länder freiwillig auf Steuerreduzierung und einen zermürbenden Wettbewerb verzichten. Einer davon könnte zum Beispiel lauten: „Abweichen wird bestraft.“ Muss ein Land, das sich nicht an Abmachungen hält, Sanktionen fürchten, ist es meist rentabler, sich an die Absprachen zu halten. Doch ein Blick auf die Schuldenländer der Eurozone zeigt, dass Staaten die Regeln, die sie sich selbst gegeben Prof. Dr. Wolfgang Eggert hat sein Studium der Volks- wirtschaftslehre in Konstanz abgeschlossen, wo er 1999 am Lehrstuhl von Prof. Dr. Bernd Genser promoviert wurde. Stationen in Japan, Norwegen und Dänemark folgten, bevor er 2003 in Konstanz habilitiert wurde. Anschließend wechselte er an das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München, wo er bis heute Forschungsprofessor ist. Von 2005 bis 2010 lebte und arbeitete der Finanz- wissenschaftler in Pader- born. Seit 2010 lehrt und forscht Eggert am Institut für Finanzwissenschaft der Albert-Ludwigs-Universität in seiner Wahlheimat Frei- burg. Im Zentrum seiner ­Forschungsarbeit stehen öffentliche Finanzen. Zum Weiterlesen Eggert, W./Itaya, J.-I./Mino, K. (2011): A dy­ namic model of conflict and appropriation. In: Journal of Economic Behavior & Organization 78, S. 167–182. Eggert, W./Itaya, J.-I. (2011): Tax rate harmoni- zation, renegotiation and asymmetric tax com- petition for profits with repeated interaction. (= CESifo Working Paper 3437). Eggert, W. (2010): Frameworks for negotiating tax reforms: What can we learn from the ­economic literature. Brussels Tax Forum 2010. „Aus wissenschaftlicher Sicht ist es eine große Leistung, dass es die Europäische Union als teilweise überstaatlichen Zusammenschluss gibt“ 15

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