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uni'wissen 01-2012

Vor diesem Hintergrund hat Schneider 2009 gemeinsam mit seinem luxemburgischen Kolle- gen Prof. Dr. Herwig Hofmann das Forschungs- netzwerk ReNEUAL (Research Network on EU Administrative Law) gegründet, in dem sich eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftlern herausragender Universitäten aus 15 europäischen Staaten und den USA diesen Problemen widmet. Er knüpft damit an die Grund­lagenarbeit seines Kollegen Jürgen Schwarze, Professor für deutsches und auslän- disches Öffentliches Recht, Europa- und Völker- recht an der Universität Freiburg, an. Neue ­Akzente setzt Schneider zum Beispiel, indem er den Fokus auf die neuen informationstech­ nischen Infrastrukturen des europäischen Verwal- tungsverbunds legt. Gleiche Regeln für gleiche Verfahrensweisen Ziel des Projekts ist es, die heutigen sektorspe- zifischen Regelungen anzugleichen und ­damit die Zusammenarbeit im europäischen Verwaltungs- verbund zu verbessern. Entlastet werden soll vor allem der europäische Gesetzgeber. Ihm sollen für Querschnittsfragen – etwa das Anhörungsrecht für Betroffene oder den Informationsaustausch zwischen Behörden betreffend – einheitliche Musterregeln präsentiert werden, die er in verbind- liche Rechtstexte übernehmen kann. ReNEUAL setzt sich deshalb aus Expertinnen und Experten für verschiedene Rechtsgebiete zusammen, um Probleme aus mehreren Perspek­tiven zu behan- deln. Damit sollen Regelungen so formuliert ­werden, dass sie auf möglichst viele Rechts­ gebiete anwendbar sind und im Zusammenspiel mit den wichtigsten nationalen Rechtsordnungen funktionieren. Schneider leitet innerhalb des Netzwerks beispielsweise eine Arbeitsgruppe, die sich vor allem mit der Informationsverwaltung beschäftigt. Auf diesem Gebiet sei eine funktio- nierende europäische Verwaltung besonders wichtig, sagt der Rechtswissenschaftler: „Wenn in einem Land ein Problem auftritt, sei es mit ­einem Medikament oder einem Nahrungsmittel, ist es wichtig, dass qualitativ verlässliche Infor- mationen so schnell wie möglich über die Grenzen kommen, damit die anderen Staaten zeitnah und auf einer soliden Basis reagieren können.“ Verwaltungs- und Informationsrechtler Prof. Dr. Jens-Peter Schneider von der Universität Frei- burg. Bezogen auf die Europäische Union (EU) bedeutet das: Damit die Vorteile der Integration überwiegen, muss das Europäische Wirtschafts- verwaltungsrecht ihre problematischen Folgen bewältigen. Das EU-Recht enthält zwar viele Verfahren zur Gefahrenabwehr oder zum Risiko- management, doch diese entstehen im politi- schen System der EU sektorspezifisch, also je nach Lebens- und Regelungsbereich. Zum Bei- spiel gibt es neben einer allgemeinen Richtlinie für die Produktsicherheit, die unter anderem für Spielzeug gilt, Sonderrichtlinien für die Sicher- heit von Nahrungsmitteln oder Medikamenten. Je nach Sektor sind unterschiedliche General­ direktionen der Europäischen Kommission, ­verschiedene Ausschüsse des Europäischen Parlaments oder wechselnde Zusammensetzungen des Ministerrats als Vertretung der Mitgliedstaaten zuständig. Der Verwaltungsaufwand wächst Im Ergebnis finden sich für identische oder zumindest ähnliche Rechtsprobleme – etwa die Frage, wie die Anhörung von Betroffenen vor ­einer Verwaltungsentscheidung oder der Infor- mationsaustausch zwischen nationalen Behörden und europäischen Verwaltungsstellen zu erfol- gen hat – oft sehr unterschiedliche Regelungen, aber auch Regelungslücken. Zudem ist das ­administrative Management des Binnenmarkts auf das Zusammenspiel europäischer und natio- naler Rechtsnormen von inzwischen 27 Staaten angewiesen, deren nationale Gepflogenheiten zuweilen deutlich voneinander abweichen. Das heißt: Der Verwaltungsaufwand wächst, das Rechtssystem wird komplizierter und für Gesetz- geber, Behörden und Unternehmen ebenso wie für Bürgerinnen und Bürger undurchschaubarer. Die Situation ähnelt der in vielen Staaten mit ­ihren nationalen Rechtsordnungen, bevor sie all- gemeine Regeln des Verwaltungsverfahrens festgeschrieben hatten. Wie der Rechtsaus- schuss des Europäischen Parlaments vor Kurzem festgehalten hat, ist dieser Zustand für eine rechtsstaatliche und demokratische Verwaltung der EU nicht mehr länger hinnehmbar. ‚‚Wir wollen das Verwaltungsrecht auf europäischer ­ Ebene vereinfachen, nicht in nationales Recht eingreifen oder den Einfluss der Staaten mindern“ 37

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