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uni'wissen 01-2012

Biologische Netzwerke von Nervenzellen (links) und ihre Entsprechung als Netzwerkschema (rechts), das als Basis für Computersimulationen dienen kann: Mit Gleichungen und Modellen versucht die Compu­tational Neuroscience herauszufinden, wie das menschliche Gehirn funktioniert. Eine Tasse zum Mund zu führen ist ein einfa- cher Vorgang. Und doch erfordert er das ­Zusammenspiel mehrerer Millionen Nerven­zellen. Für 300.000 Menschen in Deutschland, die mit der Diagnose Morbus Parkinson leben, wird er deshalb zum Problem. Insbesondere in späteren Stadien können Patientinnen und Patienten ­willentliche Bewegungen nur mit großer Anstren- gung oder gar nicht ausführen. Die Krankheit hat ihren Ausgangspunkt in den Basalganglien, einer Struktur im Gehirn, die ­unter anderem für die Auswahl und Kontrolle von Bewegungen zuständig ist. Dort sterben Nerven- zellen ab, die den Botenstoff Dopamin produ­ zieren und speichern. Die Gründe dafür sind ­unklar. Durch den Dopaminmangel gerät das Gleich­gewicht zwischen hemmenden und erregen- den Substanzen bei der Verarbeitung und Weiter- gabe von Impulsen durcheinander. Wenn als Folge davon erste Störungen in Bewegungsabläufen auftreten, sind schon mehr als die Hälfte der Dopa- min produzierenden Zellen abgestorben. „Weil die äußeren Folgen erst so spät sichtbar sind, wissen wir nicht genau, wo die Krankheit ihren Anfang hat“, sagt Dr. Arvind Kumar vom Bernstein Center Freiburg und der Fakultät für Biologie der Albert- Ludwigs-Universität. Daher arbeitet der Ingenieur und theoretische Neurowissenschaftler mit Hypo­ thesen: Am Computer hat er ein Modell entwickelt, das eine Erklärung dafür anbietet, wie Parkinson entsteht – und wie die tiefe Hirnstimulation (THS) den Symptomen entgegenwirkt. ‚‚Wenn etwas so mikroskopisch klein ist, dass ich es nicht sehe, und gleichzeitig so komplex, dass ich es nicht verstehe, muss ich es vereinfachen“ Eine Parkinsontherapie beginnt mit Medika- menten, die den Mangel an Dopamin ausgleichen. Doch mit der Zeit nimmt die Wirkungsdauer ab, und Phasen guter Beweglichkeit können ­abrupt enden – das so genannte On-off-Phänomen. Seit 1998 ist die THS zugelassen, ein neuro­ chirurgisches Verfahren, das die Symptome ­lindern kann. Dem Patienten wird ein so genannter Neurostimulator eingesetzt: Durch ein winziges Loch in der Schädeldecke werden Elektroden an ­bestimmten Stellen im Gehirn platziert, die mit einem Impulsgenerator verbunden sind. Dieser verursacht mit schwachen Stromstößen eine permanente elektrische Reizung, die auf krank- haft überaktive Nervenzellen einwirkt. Das ­Verfahren zerstört kein Gehirngewebe, Strom- stärke und Stromspannung können mit einem Programmiergerät jederzeit angepasst wer­- den. Die THS verhindert zwar nicht, dass die Krankheit fortschreitet, aber viele Patienten ­können dank der Behandlungsmethode die ­Medikamentendosis reduzieren. Ihre Lebens- qualität erhöht sich. Netzwerke von Nervenzellen am Computer modellieren Was genau bei alledem in den Netzwerken der etwa hundert Milliarden Nervenzellen im menschlichen Gehirn passiert, ergründet Kumar mit Computersimulationen. „Wenn etwas so ­mikroskopisch klein ist, dass ich es nicht sehe, und gleichzeitig so komplex, dass ich es nicht 17

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