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uni'wissen 02-2013

Kathrin Sharaf hat Ethnologie, Psychologie und Biologische Anthropolo- gie an der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg studiert. 2010 legte sie ihr Magister- examen ab – mit einer Arbeit über die Internet- nutzung junger Erwachse- ner in Kairo/Ägypten. Seitdem forscht sie für ihre Dissertation mit dem Arbeitstitel „Mediated Friendship: Social Relations and the Internet in Cairo“. Betreuerin ist die Freiburger Ethnologin Prof. Dr. Judith Schlehe. Sharaf wurde vom Graduiertenkolleg „Freunde, Gönner, Getreue: Praxis und Semantik von Freund- schaft und Patronage in historischer, anthropologi- scher und kulturverglei- chender Perspektive“ der Deutschen Forschungsge- meinschaft (DFG) gefördert. Zurzeit arbeitet sie auch für die DFG-Forschergruppe „Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart“. Foto: Thomas Goebel Zum Weiterlesen Desai,­A./Killick,­E.­(Hrsg.)­(2010):­The­ways­ of friendship. Anthropological perspectives. New­York. Miller,­D.­(2012):­Das­wilde­Netzwerk.­ Ein ethnologischer Blick auf Facebook. Berlin. Peterson,­M.­A.­(2011):­Connected­in­Cairo.­ Growing up cosmopolitan in the modern Middle East. Bloomington. book hat sich von einer Freundschaftserhal- tungsplattform zu einem Informationsmedium gewandelt, wie eine interaktive Zeitung.“ Aber der Freundschaftsbezug sei immer präsent ge- blieben: „Es waren ja Kreise von Freunden, die sich austauschten.“ Gerade der private Charakter der Facebook- Nutzung habe nun zu sehr persönlichen Ausei- nandersetzungen geführt. Oft sei es dabei gar nicht um ausgearbeitete politische Positionen gegangen. So prallte vielleicht der Wunsch nach einem schnellen Ende der Unruhen auf ein Plä- doyer­für­weitere­politische­Veränderungen.­Ob- wohl sie selbst sich bemüht habe, als Beobachterin in ihren Facebook-Gruppen keine politische Position einzunehmen, sei sie von manchen­ „entfreundet“­ worden,­ sagt­ Sharaf­ –­ weil sie bestimmte Artikel und Comics, die sie auf Profilen befreundeter Personen oder in On- line-Ausgaben von Zeitungen gesehen hatte, auf ihrem eigenen Profil veröffentlichte. Sich selbst an Kairoer Freundesnetzwerken im Internet zu beteiligen gehört zu Sharafs For- schungskonzept: „Ich war immer online, Face- book ist mein Forschungsgegenstand und Teil meiner Methode.“ Voraussetzung dafür sei der Aufbau­einer­Vertrauensbasis­gewesen­–­außer- halb des Internets. Kairo war der Ethnologin durch­viele­Besuche­vertraut,­ihr­Vater­ist­Ägyp- ter. 2011 lebte sie dort aber zu ersten Mal sieben Monate am Stück. Ihre Kontakte baute sie nach und­nach­vor­Ort­auf,­„nach­dem­Schneeballsys- tem“, sagt sie. Die Suche nach Netznutzerinnen und -nutzern höheren Alters zum Beispiel sei zunächst nicht einfach gewesen, dann aber ins Rollen gekommen: „Die älteren Damen sind sehr gut vernetzt.“ Neben der teilnehmenden Beob- achtung on- und offline, die sie in einem Forschungstagebuch dokumentierte, führte Sharaf Einzel- und Gruppeninterviews mit insge- samt 115 Personen. „Viele haben von sich aus angefangen, über die Bedeutung des Internets und Facebooks zu sprechen, wenn ich sie nach Freundschaften gefragt habe.“ Mischung aus Englisch und Arabisch Neben Geschlechter- und Familiennormen prägt auch die Schichtzugehörigkeit die Freund- schaften außerhalb und innerhalb des Internets: „Es gibt kaum eine Basis für enge Freundschaf- ten­über­Schichten­hinweg­–­auch­nicht­im­Inter- net.“­Typisch­für­die­Mittelschicht­sei,­dass­sie­ für die Kommunikation im Internet eine Mischung aus Englisch und Arabisch verwende. Die Texte würden häufig auf einer englischen Tastatur mit Ziffern als Hilfsbuchstaben geschrieben. „Damit zeigt man, dass man über eine gute Bildung ver- fügt­ und­ zugleich­ in­ der­ ägyptischen­ Identität­ verwurzelt ist.“ Heute werde in den sozialen Netzwerken mehr über Politik gesprochen, so Sharaf, die freundschaftsbezogene Nutzung samt ihrer Nor- men stehe aber weiter im Vordergrund. Daneben hat Sharaf ein starkes Interesse am Kontakt mit Ausländerinnen und Ausländern beobachtet: „Das ist aktiver Wissenserwerb“, sagt sie, „und der­ läuft­ bei­ vielen­ jungen­ Ägypterinnen­ und­ Ägyptern­ eher­ über­ Gespräche­ und­ den­ Aus- tausch im Netz als über das Lesen langer Texte.“ Gut vernetzt: In Kairo erforschte Kathrin Sharaf, wer mit wem per Laptop oder Smartphone in Kontakt steht – indem sie sich selbst an Freundesnetzwerken im Internet beteiligte. Fotos: Maria Vazquez/Jürgen Piewe (beide Fotolia) book hat sich von einer Freundschaftserhal- 11

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