Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

uni'leben 02-2016

02 2016 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 3aktuell wissenschaftlichen Fächern. „Wir hatten viele Bewerberinnen und Bewerber für die insgesamt 40 Plätze“, sagt Hardt, „und haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem zweistufigen Ver- fahren ausgewählt.“ Nach einem Sprach- test für alle hat sich eine Auswahlkom- mission mit dem Bildungshintergrund und den Motivationsschreiben der Be- werber beschäftigt. Wichtige Vorausset- zung: Die Bewerber brauchen eine Hochschulzugangsberechtigung. Die mussten die Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter der Universität mitunter einzeln anfragen und begutachten. Manches musste, so gut es ging, aus dem Hei- matland angefordert werden. „Viele haben bereits in ihrer Heimat ein Studium abgeschlossen und als Arzt oder Ingenieur gearbeitet“, sagt Hardt. Andere waren mitten im Studi- um, als ein Krieg sie aus ihrer Heimat vertrieb. So wie Danha, der in Deutsch- land gerne wieder Medizin studieren möchte. Der 20-Jährige hatte im Irak gerade damit angefangen. Oder Alhusein, der sein in Syrien angefangenes Studi- um wieder aufnehmen und Bauingenieur werden will. Jailan Shekho möchte die Chance auf einen Neuanfang nutzen: Die 23-jährige Syrerin hat daheim Ag- rarwissenschaft studiert und schwenkt jetzt auf Pharmazie um. Die deutsche Sprache, hat sie beschlossen, soll kein Hindernis sein. „Vor allem bei der Aus- sprache habe ich meine Schwierigkei- ten, aber insgesamt ist Deutsch nicht so schwer zu erlernen wie zum Beispiel Arabisch“, sagt Shekho. Am Konzept feilen Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler pflichten ihr bei. Deutsch, sagt Danha, sei eine sehr genaue Sprache, für jedes Gefühl, jeden Gegenstand, jedes Detail gebe es ein eigenes Wort. Das erleich- tere das Lernen. Damit beschäftigen sich die Schüler übrigens nicht nur im Vorkurs: Im Gespräch mit ihren neuen deutschen Freundinnen und Freunden, im Radio, im Fernsehen – überall versu- chen sie, das Deutsche aufzunehmen. „Alle paar Tage lese ich auch die Zei- tung, das finde ich allerdings ziemlich anstrengend“, sagt Alhusein und lacht, als die anderen bestätigend nicken. Dass sie mit dem Intensivkurs schnell fit fürs Studium in Deutschland gemacht werden sollen, gefällt den Geflüchteten. Mehr noch: Sie fühlen sich an der Uni- versität Freiburg akzeptiert. Sie bekom- men eine MensaCard, einen Ausweis für die Universitätsbibliothek und den Gast- hörerstatus, der es ihnen erlaubt, sich bereits jetzt in Vorlesungen zu setzen und sich ein Bild von einem Studiengang zu machen. „Für uns sind die Geflüchte- ten normale internationale Studien- interessierte, die unter erschwerten Be- dingungen zu uns gekommen sind und denen wir jetzt ein Stück weit den Weg zum Studium ebnen“, sagt Schoch. Die Vorkurse sind entsprechend keinem hek- tischen Aktionismus geschuldet, sondern der Überlegung, wie man dauerhaft eine Gibt es da so viel zu beachten? Auf jeden Fall. Es ist ja ein völlig neues Feld, das sich da für viele auf- tut, da tauchen gerade jetzt zu Beginn viele Fragen und Hindernisse auf. Rechtlich und politisch sind etliche Aspekte noch nicht geklärt. Das führt automatisch zu vielen Nachfragen, und die versuche ich zu klären. Das sind oft ganz alltägliche Dinge. Zum Bei- spiel müssen ja viele Geflüchtete ihre Zeugnisse übersetzen lassen. Das kostet Geld. Wer bezahlt das? Oder die Frage, wer die Kosten für eine Regiokarte übernimmt, wenn eine Studentin oder ein Student für den Weg zur Universität öffentliche Ver- kehrsmittel nutzen möchte. Das Studium als komplexes Thema? Unbedingt. Es ist ja schon für Deut- sche oft schwierig, alle Infos zu einem Studium zusammenzubekommen. Für Geflüchtete ist das noch mal deutlich herausfordernder. Deshalb gibt es ja so viele Vereine, Institutionen, Beratungs- stellen und Helferinnen und Helfer, die Studieninteressierte unterstützen. Die Studieninteressierten müssen zum Bei- spiel ihre Deutschkenntnisse nachwei- sen, die sind elementar und eine forma- le Voraussetzung für den Zugang zum Studium. Eine weitere wichtige Frage ist die der Finanzierung. Diese ist jeweils abhängig vom Aufenthaltsstatus des oder der Geflüchteten, da kann man keine pauschalen Informationen geben. Wer darf sich mit Fragen an Sie wenden? Im Prinzip alle, die mit geflüchteten Menschen zu tun haben, die sich für ein Studium im Regierungsbezirk Freiburg interessieren. Das kann ein ehrenamtlicher Helfer sein oder ein Mitarbeiter einer betreuenden Organi- sation. Ich versuche, allen weiterzuhel- fen. Nur eine Einzelfallberatung kann ich leider nicht übernehmen. Wenn es sich um Fragen handelt, auf die wir bisher noch keine Antwort haben, re- cherchiere ich dazu und teile das, was ich herausfinde, dann nicht nur dem Fragestellenden, sondern auch allen anderen mit, die mit studieninteressier- ten Geflüchteten zu tun haben. So wol- len wir mittelfristig erreichen, dass der Informationsstand überall annähernd gleich hoch ist. Deutschunterricht für Geflüchtete: Silke Pfaff (Mitte) leitet die Kursteilnehmer bei der Arbeit im Zweierteam an. Foto: Thomas Kunz Lisa Langisch arbeitet eng mit den drei anderen Koordinatorenstellen in Baden- Württemberg zusammen. Foto: Patrick Seeger Lisa Langisch vernetzt und informiert Akteure, die mit studieninteressierten Geflüchteten in Kontakt stehen „Ich versuche, allen weiterzuhelfen“ Den Weg zum Studium ebnen An der Universität Freiburg haben die ersten beiden Vorkurse für Geflüchtete begonnen von Claudia Füßler Er trifft die Freunde am meisten“, sagt Danial Danha und schaut gespannt zu Lehrerin Silke Pfaff, die vorne an der Tafel steht. Die schüt- telt den Kopf. „Denk noch mal an die Spaghetti“, sagt sie, „da stellen wir die Frage: Wie viel isst er? Und wir antworten: Er isst am meisten. Aber welche Frage stellen wir, wenn er seine Freunde trifft?“ Danha überlegt, der Rest der Klasse hilft und denkt laut nach. „Wie oft?“, fragt schließlich Husein Alhusein. „Genau“, sagt Silke Pfaff, und über Danhas Gesicht geht ein Strahlen. „Ich weiß es“, sagt er, „er trifft die Freunde am häufigsten.“ Alhusein und Danha sitzen an die- sem Mittwochvormittag in einem Se- minarraum der Universität Freiburg. Gemeinsam mit ihnen schreiben acht andere Lernende den Unterschied zwischen „am häufigsten“ und „am meisten“ in ihre Hefte. Dann wird im Zweierteam der Stoff der ersten Stun- den wiederholt, Pfaff geht herum, korrigiert, beantwortet Fragen. Der Kurs soll die jungen Menschen, die aus Syrien, Afghanistan, Tunesien und dem Irak geflohen sind, auf ein Studium in Deutschland vorbereiten. Die Idee dazu hatte das Rektorat. „Wir wollen motivierten und qualifi- zierten Geflüchteten die Möglichkeit geben, schnell auf das Sprachniveau zu kommen, das sie für die Universi- tät brauchen“, sagt Dr. Christina Schoch, Leiterin des Service Center Studium, die gemeinsam mit Corinna Hardt vom Sprachlehrinstitut das Pro- jekt Vorkurse betreut. Begehrte Plätze Zwei so genannte Vorkurse sind Anfang April 2016 gestartet. Bis Ende September lernen hier Flüchtlinge in- tensiv Deutsch – jeden Vormittag drei Stunden. Zusätzlich bekommen sie zweimal in der Woche nachmittags deutschsprachigen Unterricht in natur- Seit Januar 2016 ist Lisa Langisch beim Studierendenwerk Freiburg- Schwarzwald Koordinatorin für studierwillige Geflüchtete im Regierungsbezirk Freiburg. Sie hat Fremdsprache Deutsch/ Interkulturelle Germanistik an der Universität Freiburg studiert und ist seit 2010 ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv. Claudia Füßler hat mit der 29-Jährigen gesprochen. uni’leben: Frau Langisch, was genau ist Ihre Aufgabe? Lisa Langisch: Ich bin im Regie- rungsbezirk Freiburg die Ansprech- partnerin für alle Akteurinnen und Akteure, die mit studieninteressier- ten Geflüchteten in Kontakt stehen. Meine Aufgabe ist es, sie miteinan- der zu vernetzen, wenn das noch nicht geschehen ist, und mit aktuel- len Informationen zum Studium für Geflüchtete zu versorgen. Methode etablieren kann, die Geflüch- teten bessere Chancen auf ein Studium bietet. Ob diese Variante funktioniert, werden die Pilotprojekte zeigen. In den ersten Wochen wurde bereits ein wenig am Konzept gefeilt. „Die Pausen zwi- schen dem Vormittags- und dem Nach- mittagsunterricht waren zu lang“, sagt Hardt, „für Schüler, die zum Beispiel aus Lörrach kommen, war das unprak- tisch. Also haben wir das geändert.“ Alhusein, Shekho, Danha und ihre Mitschüler sind begeistert von diesem Angebot. „Wenn man eine Frage hat, wird einem sofort geholfen, egal ob von den Lehrern oder von den Organi- satoren des Kurses“, sagt Danha. Die Stimmung im Kurs sei super, der Um- gang freundlich und die Atmosphäre bei aller Entspanntheit sehr konzen- triert. Kein Wunder, schließlich haben alle das gleiche Ziel: im September den Deutschtest erfolgreich abzuschließen und endlich mit dem heiß ersehnten Studium beginnen zu können. Wer ist „wir“? In Baden-Württemberg gibt es mit mir insgesamt vier Koordinatorinnen und Koordinatoren. Meine Kollegin- nen und Kollegen sitzen in Ulm, Stuttgart und Mannheim. Wir arbei- ten eng zusammen, damit möglichst wenig Arbeit doppelt gemacht wird. Hat jemand eine wichtige Information bekommen, teilt sie oder er diese mit den anderen. So profitieren alle da- von, vor allem die Geflüchteten, die schnell Bescheid wissen, ob und wie sie ein Studium bei uns aufnehmen können. Kontakt Lisa Langisch Telefon: 0761/2101-234 E-Mail: langisch@swfr.de www.uni-freiburg.de/universitaet/ refugees-welcome  022016

Seitenübersicht