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uni'leben 02-2016

02 2016 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 5 von Yvonne Troll Meterhoch ragt die Decke der ehe- maligen Helikopterhalle des Frei- burger Flugplatzes über den Köpfen der Versammelten. Kahl und kalt ist es hier. Aber die Stimmung ist gut, denn die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler der Professur für Ökosystem- physiologie der Universität Freiburg ha- ben Grund zum Feiern. In einer Ecke der riesigen Halle stehen unschein- bar zwei neugebaute technologische Prachtstücke: Klimakammern. Mit ih- nen will das Team unter der Leitung von Prof. Dr. Christiane Werner unter- suchen, wie Pflanzen auf veränderte Umweltbedingungen reagieren. Hintergrund ihrer Forschung, erklärt Werner etwas später in ihrem Büro bei einer Tasse Tee, sei der Klimawandel. Dieser bringe zunehmend extreme Wetterverhältnisse hervor, die Pflanzen unter Stress setzten. „Es kann Gegen- den geben, in denen Trockenheit ein Problem ist, weniger aber die Tempe- ratur. In anderen kann es dagegen zu häufigen Überflutungen kommen.“ Die Faktoren Temperatur, Licht und Feuch- tigkeit ändern sich also nicht gleich- mäßig. Hier kommen die Klimakammern zum Einsatz: Mit ihnen lassen sich die drei genannten Parameter unabhängig voneinander regulieren. So können die Forscherinnen und Forscher deren jeweilige Einflüsse untersuchen. Eine Besonderheit in Freiburg ist, dass sich die Wissenschaftler das Vor- kommen von Atomen mit unterschiedli- chen Kernmassen in der Umwelt zunut- ze machen: den stabilen Isotopen. Diese sind – anders als instabile Iso- tope – nicht radioaktiv und bilden Ele- mente wie Wasser-, Kohlen- oder Sau- erstoff. Beispielsweise gelangen stabile Wasserisotope des Regens und Grund- wassers über den Boden in die Pflan- zen, die sie wieder an die Atmosphäre abgeben. Das Verhältnis von leichten und schweren Isotopen hinterlässt eine regionale Isotopensignatur, die auch im Menschen messbar ist. „Den Tee, den ich trinke, habe ich mit Schwarzwald- wasser gekocht“, sagt Werner. „Darin ist eine für diese Gegend typische Iso- topensignatur, die ich später in meinen Haaren nachweisen kann.“ Anhand dieser Spur kann die Biologin nachvollziehen, wo verschiedene Pflan- zen Wasser aufnehmen – aus dem tiefen Grund- oder aus dem Ober- flächenwasser – und ob sie um Wasser konkurrieren. Dafür gibt sie den Pflan- zen in den Klimakammern von unten Wasser mit einer anderen Isotopen- signatur als von oben. Durch die Mes- sung der leichten und schweren Isotope kann Werner außerdem Rückschlüsse auf Prozesse in der Umwelt ziehen. Denn wenn diese sich verändert, ändert sich auch die Isotopenzusammenset- zung. „Im Augenblick nimmt der Kohlen- stoffdioxidgehalt in der Luft zu, weil wir Menschen sehr viel davon produzieren. Das vom Menschen Erzeugte hat eine andere Isotopensignatur als das, was von Natur aus in der Atmosphäre ist.“ Die Ergebnisse aus den Klimakam- mern vergleicht das Team mit Messun- gen in Freilandexperimenten. Denn auch in der Region Freiburg erwarten Klimaforscher häufigere Hitze- und Dürreperioden. Aktuell plant das Team zum Beispiel ein Projekt, in dem es die Widerstandsfähigkeit von Buchen erfor- schen will – eine Baumart, die rund um Freiburg oft vorkommt. Doch werden Buchen mit veränderten Klimabedin- gungen zurechtkommen? „Wir sehen im Augenblick weltweit eine Zunahme des Baumsterbens“, sagt Werner. Wenn Bäume durch Klimastress geschwächt werden, sind sie anfällig für Schädlings- befall, oder der Wassertransport im Stamm wird beeinträchtigt. Wird er un- terbrochen, kann dies das Todesurteil für einen Baum bedeuten. Deshalb wer- de in der Region diskutiert, ob Baumar- ten wie die Buche, die sehr empfindlich auf Trockenheit reagiert, langfristig die richtigen seien. „Und da sind die Prog- nosen eindeutig: Wir müssen mit grö- ßeren Klimaextremen rechnen, und sie werden gehäufter auftreten. Auch hier in der Region.“ forschen Musizieren kann sich positiv auf Körper und Psyche auswirken von Verena Adt Dass Musik ein Lebenselixier ist, das Leib und Seele zusammen- hält, können Prof. Dr. Claudia Spahn und Prof. Dr. Bernhard Richter aus eigener Erfahrung bezeugen – und wissenschaftlich begründen: Spahn ist Fachärztin für psychosomatische Me- dizin sowie ausgebildete Pianistin und Blockflötistin, Richter ist Facharzt für HNO-Heilkunde und Phoniatrie sowie ausgebildeter Sänger. Mit ihrem neuen Buch „Musik mit Leib und Seele“ wol- len sie ihre Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich machen. Beide beschäftigen sich mit der Frage, wie gesundes Musizieren funktioniert. Die engen Wechselwirkungen zwischen Leib und Seele spielen dabei eine wich- tige Rolle. Am Freiburger Institut für Musikermedizin (FIM), das Spahn und Richter seit dessen Gründung 2006 leiten, erforschen sie gemeinsam mit ihrem Team zum Beispiel, wie beim Spielen eines Blasinstruments und beim Singen die Atmung, Artikulation und Klangbildung harmonisch zusammen- wirken. „Uns interessieren vor allem die Bewegungen der Stimmlippen im Kehlkopf und der Zunge im Vokaltrakt“, sagt Richter. „Wir wollen verstehen, wie unsere Stimme im Körper funktioniert.“ Weil die Stimmlippen sich mehrere hun- dert Mal in der Sekunde bewegen und weil die physiologischen Vorgänge im Vokaltrakt innerhalb des Körpers ablau- fen, sind für ihre wissenschaftliche Untersuchung Geräte wie Hochge- schwindigkeitskameras und dynamische Kernspintomografen erforderlich. Das FIM sei bei dieser Forschung internatio- nal vorne dabei – „sonst bekämen wir keine Fördergelder der Deutschen Forschungsgemeinschaft“, so Richter. Projekte der Freiburger Musikermedizin werden zudem von Bundes- und Landes- ministerien gefördert. In einem Bewegungslabor beobach- ten die Forscherinnen und Forscher die Bewegungen von Klarinettisten und Geigern: Die Spielenden werden ge- filmt, eine Computersoftware wertet ihre Bewegungen aus. „Unsere Unter- suchungen zeigen, dass das Singen und Musizieren eine enorm hohe Fein- koordination von Bewegungsabläufen erfordert“, berichtet Spahn. Und in einer gemeinsamen Studie mit der Hoch- schule für Musik Freiburg setzten die Forscher einen mit Digitaltechnik aus- gestatteten Flügel ein, um das Lernver- halten von Pianistinnen und Pianisten zu analysieren. Diese mussten ein ih- nen unbekanntes Stück spielen und es nach einer kurzen Übungsphase wie- derholen. Die Auswertung ergab klare Unterschiede, die einen Lernprozess widerspiegelten. „Das Musizieren ist für das Lernen und die Organisation von Bewegungen ein lebenslanges, einma- liges Lernfeld.“ Die Forscher wollen außerdem ver- stehen, wie es sich auf die Psyche ei- nes Menschen auswirkt, wenn er zum Beispiel regelmäßig im Chor singt oder Klavier spielt. „Ein Schwerpunkt unse- rer Arbeit ist die Erforschung von Lam- penfieber und des Umgangs damit bei Auftritten“, berichtet Spahn, die darü- ber ein Buch geschrieben hat. Die Ar- beitsgruppe am FIM maß bei Sänge- rinnen und Sängern während Auftritten am Theater Freiburg Blutdruck und Puls. „Als wichtige Erkenntnis ergab sich aus der Studie, dass sich die kör- perliche Aufregung legt, wenn man der Angst nicht nachgibt.“ 2015 publizierte das Team eine Stu- die, für die ein Probespiel simuliert wur- de, das viele Musikerinnen und Musiker als belastend empfinden. „Musikstudie- rende, die mit Entspannungsverfahren und mentalen Techniken in einem Semi- nar auf den Umgang mit ihrem Lampen- fieber vorbereitet worden waren, konnten ihre Leistung subjektiv besser abrufen als Musikstudierende ohne Seminar und wurden von externen Expertinnen und Experten als musikalisch besser bewer- tet“, sagt Spahn. Dass Musizieren auch einfach glücklich machen kann, zeigen die neuesten Ergebnisse des FIM: Or- chestermusiker geraten beim Musizie- ren häufiger als bei anderen Tätigkeiten in einen „Flow“ – einen psychischen Zustand, in dem sie mit Leib und Seele in ihrer Tätigkeit aufgehen. Lebenselixier für Leib und Seele Jubiläum Das Freiburger Institut für Musikermedizin wurde 2006 als erste gemeinsame Ein- richtung der Hochschule für Musik Frei- burg und der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität gegründet. Es beschäftigt sich mit den Grundlagen gesunden Musizierens und mit deren Vermittlung an professionelle Musiker sowie an Laien. An beiden Hochschulen ist das Fach Bestandteil der Lehre. In der Ambulanz des Universitätsklinikums behandelt das Team außerdem Patien- tinnen und Patienten mit musikerspezi- fischen körperlichen und psychischen Problemen wie etwa Auftrittsangst. Zeitalter der Extreme In neuen Klimakammern lässt sich die Reaktion von Pflanzen auf veränderte Umweltbedingungen erforschen Christiane Werner (rechts) und Maren Dubbert untersuchen Pflanzen in den Klimakammern. Diese sind mit energie- sparenden LED-Lampen ausgestattet, die ein Licht erzeugen, das dem der Sonne stark ähnelt. FOTO: KLAUS POLKOWSKI Claudia Spahn und Bernhard Richter (Mitte) im Bewegungs- labor: Die professionelle Klarinettistin Hannah Seebauer wird beim Spielen gefilmt, eine Computersoftware wertet ihre Bewegungen aus. FOTO: KLAUS POLKOWSKI Claudia Spahn, Bernhard Richter: Musik mit Leib und Seele. Was wir mit Musik machen und sie mit uns. Schattauer Verlag, Stuttgart 2016. 248 Seiten, 19,99 Euro. Bernhard Richter: Schattauer Verlag, Stuttgart 2016. http://fim.mh-freiburg.de 022016

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