Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

uni'alumni 2014

Roggen. Ungeschrotet. Schwer zu­ gänglich, im Kern aber nahrhaft“: So beschreibt Prof. Dr. Götz Rehn die Universität Freiburg. Als er dort Anfang der 1970er Jahre mit dem Studium der Volkswirtschaftslehre begann, erlebte er an der Fakultät oft „die alte Welt: Die Professoren kritzelten Modelle an die Tafel, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun hatten.“ Das Biohandelsunternehmen Alnatura, das Rehn vor 20 Jahren grün­ dete, sollte der Gegenentwurf sein: „Wirtschaft hängt von der Frage ab, wel­ ches Menschenbild wir haben“, sagt der 63­Jährige. Und bei ihm sollte der Mensch frei handeln können, sinnvolle Arbeit leisten, die Erde unterstützen. Der Grundstein für diese Einsicht wurde früh gelegt. 1963 zog die Familie von Freiburg nach Bochum, „aus dem Sonnenparadies, dem abgekoppelten Idyll der Glückseligkeit“ ins raue Ruhr­ gebiet. In der Stadt wurde eine Zeche nach der anderen geschlossen, die Straßen waren dreckig, die Menschen beschwerten sich über die Arbeitslosig­ keit. „Es machte einen starken Eindruck auf mich, wie die Wirtschaft unsere Lebensverhältnisse beeinflussen kann.“ Eigentlich hatte Rehn nach dem Abitur an der Waldorfschule schon einen Platz für ein Medizinstudium sicher. Er wollte Arzt werden, wie sein Vater, der in Bochum die Ruhr­Universität mit auf­ gebaut hatte, wie sein Großvater und viele seiner Onkel. Mit 20 Jahren, als Praktikant bei einem Würzburger Metallunternehmen, hatte er einen Sinneswandel. Er begleitete einen Mann, der kleine Firmen besuchte. Und dieser fragte nicht nur nach den Zahlen, sondern auch nach den Menschen: Machte ihnen die Arbeit Spaß? Welche Ideen hatten sie, welche Chancen sahen sie, sich und das Unternehmen weiterzuentwickeln? „Da war mir klar: Ich will Arzt für die Wirtschaft werden. Ich will Verhältnisse aufbauen, die den Menschen dienen.“ Erst das Modell, dann das Produkt Mit dieser Aufgabe hat sich der Unternehmer sein Leben lang beschäf­ tigt. In seiner Dissertation in Betriebs­ wirtschaftslehre (BWL), die er an der Universität Freiburg vorlegte, präsentierte er „Modelle der Organisationsent­ wicklung“, die auf den anthroposo­ phischen Lehren Rudolf Steiners, des Begründers der Waldorfschule, beruh­ ten. Eine Art Gegenmodell zu dieser Vision lernte Rehn nach der Promotion bei Nestlé kennen. Sieben Jahre lang arbeitete er für den Megakonzern, entwickelte Produkte, unter anderem das Yes­Törtchen. Zweimal war er kurz davor, sich gemeinsam mit damaligen Kollegen selbstständig zu machen – zweimal machten diese einen Rück­ zieher. „Ich wollte mich auf das besinnen, was ich gelernt hatte“, sagt er. „Ich wollte Produkte entwickeln, und sie sollten sinnvoll sein.“ Das neue Unternehmensmodell stand fest, lange bevor Rehn sich auf einen Inhalt festlegen konnte. Er spielte zunächst mit dem Gedanken, Kinder­ kleidung zu produzieren; dann plante er ein vegetarisches Restaurant mit Buffet­ prinzip: „Damit wäre ich in der heutigen Zeit genau richtig gewesen.“ Anfang der 1980er Jahre entschied er sich für Bio­ lebensmittel. Was als kleines Sortiment in den Regalen der Drogeriemarktkette dm begann, ist heute ein Unternehmen mit mehr als 1.000 Produkten und 83 Super Natur Märkten deutschlandweit, seit Kurzem mit ersten Filialen in der Schweiz – Tendenz steigend. Voller Terminkalender, kein Stress Wie Menschen die Wirtschaft neu denken können, bringt der Unternehmer den Studierenden von heute bei: Er hat das Institut für Sozialorganik an der priva­ ten Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft mitbegründet, ebenso den dortigen BWL­Studiengang. Und Rehn zeigt seinen Studentinnen und Studen­ ten, dass Beruf und Privatleben nicht auseinanderklaffen müssen: „Für mich ist Beruf und Berufung das Gleiche. So gibt es auch keine Probleme mit der Work­Life­Balance.“ Sein Terminkalen­ der ist voll. Trotzdem geht er spazieren, fährt Fahrrad, segelt, liest gerne Schiller, Goethe, Novalis und studiert Texte von Rudolf Steiner – „alles ohne Stress“. Rimma Gerenstein Für Götz Rehn ist Beruf und Berufung das Gleiche: „So gibt es auch keine Probleme mit der Work-Life- Balance.“ Foto: Alexander Heimann/Alnatura Der Wirtschaftsdoktor Götz Rehn hat das Biohandelsunternehmen Alnatura gegründet – und seinen Traum von einem sinnvollen Geschäftsmodell verwirklicht PORTRäT 11uni'alumni 2014 Alumni-Netzwerk

Seitenübersicht