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uni'wissen 02-2012

wie LTi-Zellen, die zum angeborenen Immunsys- tem gehören, „Feinde“ erkennen. Das bekanntere adaptive Immunsystem lernt erst nach der Geburt, körpereigen und körperfremd zu unterscheiden. Bei Kontakten zur Außenwelt entstehen im Laufe der Zeit unzählige spezifische Antigen-Rezep­ toren, mit denen T-Zellen des adaptiven Immun- systems mögliche Angreifer identifizieren. Solche Erkennungsrezeptoren fehlen den LTi-Zellen. „Darüber, wie sie Erreger abwehren, wissen wir aber mehr“, sagt Diefenbach. LTi-Zellen stellen lösliche Faktoren her, darunter Interleukin-22 ­(IL-22). Es veranlasst die Zellen des Darmepithels dazu, Proteine zu bilden, mit denen sie Keime ­bekämpfen. T-Zellen setzen ebenfalls IL-22 frei. Bei ihnen kurbelt der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AHR) die Produktion des Faktors an. Säuglinge erhalten Senfölglykoside über die Muttermilch. Die Freiburger Forscher vermuten, dass diese Pflanzenchemikalien nicht nur bei Mäusen, sondern auch bei Menschen die Entwicklung des angeborenen Immunsystems im Darm beeinflussen. Foto: Molin/Fotolia Auch LTi-Zellen besitzen den AHR. Was für eine Rolle spielt er bei ihnen? Um das zu erkun- den, schaltete Diefenbachs Doktorandin Elina Kiss von der Spemann Graduiertenschule für Biologie und Medizin (SGBM) der Universität Freiburg den Rezeptor bei ihren Mäusen aus: ­IL-22 nahm ab. Die Zahl der LTi-Zellen sank um das Hundertfache. „Wir sahen keine Patches und Follikel mehr unter dem Mikroskop“, sagt Kiss. Der AHR ist also ausschlaggebend. Doch welche Substanzen stimulieren den Rezeptor bei LTi-­ Zellen? Dioxin, der bekannteste AHR-Bindepartner, ist ein Gift und kommt deshalb nicht infrage. „Weil wir am Verdauungstrakt arbeiten, erschienen uns Nahrungsbestandteile am interessantesten“, erklärt Kiss. Aus der Literatur erfuhr sie, dass der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor eine Bindestelle für Pflanzenstoffe hat. An ihn können auch Senföl- glykoside andocken. Diese Substanzen allein konnte Kiss ihren Tieren nicht anbieten. Das hätten sie auf Dauer kaum überstanden. Die Lösung war eine Mäusediät: Kiss fütterte die Hälfte ihrer Tiere mit Nahrung, aus der die Senfölglykoside indus­ triell entfernt worden waren, die aber sonst alles Lebenswichtige enthielt. Diese Mäuse sahen aus wie jene ohne AHR – sie hatten sehr wenige LTi- Zellen, kaum IL-22, keine Follikel. Dagegen ent- wickelten sich die Mäuse, die Senfölglykoside bekamen, völlig normal. „Dass das ganze System so stark von AHR und Glukosinolaten abhängig ist, hat uns überrascht“, sagt die Finnin. Als sie 2008 nach Freiburg kam, kannte sie sich mit ­molekularbiologischen Techniken aus, doch ­immunologische Forschung war neu für sie. Auf ihre Arbeit kann sie mit Stolz blicken: Das renom- An den Krypten, den ­Einbuchtungen zwi- schen zwei Darmzotten, sammeln sich verschie- dene Typen von Immun- zellen (rot: LTi-Zellen, blau: ­B-Zellen) und ­bilden Follikel. Diese schützen Mäuse vor manchen ­Infektionen und chronisch-entzünd- lichen ­Erkrankungen. 26

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