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uni'wissen 01-2013

São Tomé und Príncipe ist ein Inselstaat vor der Küste Afrikas. Gerade mal 167.000 Men­ schen leben dort auf einer Fläche zusammen, die kaum größer ist als die Ostseeinsel Rügen. Im Vergleich mit dem viel weiter östlich gelegenen China ist die afrikanische Insel ein Zwerg – die Volksrepublik kommt mit 1,34 Milliarden Men­ schen auf mehr Einwohnerinnen und Einwohner als Europa, Nordamerika und Russland zusammen. Und trotzdem zählt die Stimme von São Tomé und Príncipe in der Generalversammlung der Vereinten Nationen genauso viel wie die des chine­ sischen Riesen. „In keiner anderen internationalen Organisation hat sich das Gleichheitsprinzip so stark durchgesetzt wie in der Generalversamm­ lung“, sagt Diana Panke, die an der Universität Freiburg die Professur für Governance in Mehr­ ebenensystemen innehat. Seit gut drei Jahren analysiert sie im Detail, wie in dem in New York/ USA ansässigen Gremium verhandelt und abge­ stimmt wird. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sind dort zwar formal gleichgestellt, aber ihre administrative, finanzielle und personelle Ausstattung variiert stark. Und damit unterscheiden sich auch die realpolitischen Kräfteverhältnisse. Pankes Arbeit ist vor allem eine quantitative Analyse. Um beurteilen zu können, wie die Ge­ neralversammlung ihre politischen Inhalte entwi­ ckelt, verhandelt und darüber entscheidet, durchstöberte die Politikwissenschaftlerin jede Menge Datenbanken zu den Resolutionen, die das Gremium in der Zeit zwischen 1999/2000 und 2009/2010 bearbeitet hat. Dort ist gespei­ chert, wann welche Resolution eingereicht und verabschiedet wurde und wie sich jeder einzelne Mitgliedstaat in den politischen Entscheidungs­ prozess eingebracht hat: Hat er am Resolutions­ entwurf mitgearbeitet, ihn verhandelt oder aber von Anfang an ignoriert? Zwei Fragen trieben Panke beim Sichten des Datenmaterials vor allem um: Wie stark bedingt die Ausstattung eines Mitgliedstaates seine Teilnahme an den Statio­ nen des politischen Entscheidungszyklus? Und wie setzt sich Aktivität in Einfluss um? Um sich bei ihrer Analyse nicht nur auf Zahlenkolonnen verlassen zu müssen, führte Panke mehr als 160 Interviews mit Diplomatinnen und Diplomaten in New York. Zu ihrem Forschungsdesign gehören außerdem sechs Fallstudien, anhand deren sie exemplarisch aufzeigt, wie kleine, mittlere und große Länder im multilateralen Zusammenspiel aktiv werden. Oder auch nicht. Auf die Ausstattung kommt es an Das wichtigste Ergebnis zuerst: Große Staaten partizipieren grundsätzlich stärker als kleine, denn sie verfügen über deutlich mehr Ressour­ cen. Die Unterschiede sind enorm. Es gibt Staaten, die so klein sind, dass sie nicht einmal eine eigene diplomatische Vertretung in New York haben, wie die im zentralen Pazifik gelegene Republik Kiribati, oder nur einen einzigen Diplomaten ent­ senden, wie Somalia, Guinea­Bissau oder Nauru. Diese Staaten treffen in den Verhandlungen auf Staaten wie die USA, deren Delegation mehr als 100 Diplomaten umfasst. Die Vertreterinnen und Vertreter einer gut ausgestatteten Botschaft kön­ nen Arbeit und Ressorts untereinander aufteilen, ‚‚Länder wie Großbritannien oder Frankreich verfügen über Budgets, die das des Mikrostaates Kiribati um das Tausendfache übersteigen“ 25

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